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Ostkongo: Tote nach Bombenexplosion in Bukavu

Martina Schwikowski
28. Februar 2025

In Bukavu sind Granaten explodiert, nachdem M23-Rebellen für mehr Sicherheit warben. In Goma hat sich dagegen bereits eine neue Normalität entwickelt, sagen Bewohner zur DW.

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DR Kongo Bukavu 2025 | Uniformierte mit Maschinengewehren und Funkgerät laufen auf einer Straße, Passanten am Straßenrand vor einem geschlossenen Laden mit Aufschrift "TECNO Infinix"
Neue Normalität? M23-Rebellen patrouillieren am Tag der Granatenexplosionen in den Straßen Bukavus.Bild: AFP

Es sollte ein Schritt zur Normalisierung sein. Doch die Kundgebung eines Rebellenbündnisses in Bukavu, im Osten der Demokratischen Republik Kongo, nahm eine dramatische Wende: Unmittelbar nach der Veranstaltung auf dem Unabhängigkeitsplatz explodierten am Donnerstag mehrere Granaten. Mindestens elf Menschen seien gestorben und mehr als 65 verletzt worden, sagte der Rebellenführer Corneille Nangaa. Inzwischen gibt es Meldungen über weitere Tote.

Keine zwei Wochen ist es her, dass die M23-Miliz auf ihrem Vormarsch im Ostkongo die wichtige Stadt Bukavu eroberte. Nangaa ist Vorsitzender der Allianz des Flusses Kongo (AFC), der die M23 als bewaffneter Arm angehört.

Ein junger Mann, der bei der Kundgebung anwesend war, zeigte sich schockiert: "Ich musste Leichen tragen, mindestens sechs oder sieben", sagte er direkt nach der Detonation zur DW. 

Corneille Nangaa hatte vor Tausenden Menschen für mehr Sicherheit in Bukavu geworben. Dann kam es zur Explosion. "Wir hörten einen Knall", sagte der Augenzeuge im DW-Interview - er möchte anonym bleiben. Nach der Warnung der neuen Machthaber, nicht in Panik zu geraten, hörte er einen weiteren Knall. 

Kampf ums Überleben und Schuldzuweisungen

"Ich sah Leichen, die vor der Tribüne auf dem Boden lagen. Es gab mehrere Tote und die Verletzten wurden auf Motorrädern, in privaten Autos und in Fahrzeugen der Immigrations- und Einbürgerungsbehörde ins Krankenhaus gebracht."

Adolphe Nyakasane ist Kinderarzt und Leiter der Nichtregierungsorganisation Kesho Congo. "Die medizinischen Teams arbeiten mit Hochdruck daran, die Verletzten zu versorgen", berichtet Nyakasane der DW. Es sei zu Blutspenden aufgerufen worden, da einige der Verletzten eine Bluttransfusion benötigten.

Nach dem Anschlag machte Rebellenführer Corneille Nangaa  den kongolesischen Präsidenten Felix Tshisekedi für das Geschehen verantwortlich. Dieser wiederum verwies auf eine "ausländische Armee", die sich illegal auf kongolesischem Boden befinde. Der Kongo beschuldigt das benachbarte Ruanda, die M23 zur Plünderung wertvoller Rohstoffvorkommen einzusetzen - Ruanda hingegen gibt vor, nur sein eigenes Staatsgebiet schützen zu wollen. 

Neue Verwaltung in Goma

Bereits Ende Januar hatten die Rebellen Goma eingenommen. Dort haben sie inzwischen eine eigene Verwaltung eingerichtet - sie soll die öffentlichen Angelegenheiten unabhängig von den Behörden in der Hauptstadt Kinshasa regeln.

Für einige Einwohner hat das Leben dort eine neue Normalität angenommen. So zeigt sich Motorradfahrer Fidèle Nkulu überzeugt, die Sicherheitslage habe sich seit Arbeitsbeginn der neuen Stadtverwaltung verbessert.

"Was uns in letzter Zeit aufgefallen ist, unterscheidet sich von dem, was früher passierte", sagt er zur DW. Auf den Straßen sei es ruhiger. "Aber abends gibt es immer noch Vorfälle in unseren Stadtvierteln".

Kai am Hafen mit Haufen von Lumpen (links), im Vordergrund eine Pritsche mit Granaten und Munition, Männer untersuchen Herumliegendes unter Aufsicht eines Uniformierten
Die Kriminalität in der Region um Goma hat zugenommen, da Waffen nach dem Konflikt zurückgelassen worden sindBild: Jospin Mwisha/AFP

Nach Angaben des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) kehrte auch am Tag nach der Einnahme von Bukavu am 16. Februar zunächst das Leben in der Stadt zur Normalität zurück, doch gab es auch Berichte von einem Anstieg der Kriminalität, insbesondere von Einbrüchen durch bewaffnete Männer.

Der Anstieg der Kriminalität ist laut OCHA auf den Umlauf von Waffen zurückzuführen, die von den Soldaten der Armee zurückgelassen worden seien, was "das Risiko einer Zunahme der Unsicherheit in der Provinz erhöht".

Frieden wiederherstellen

In Goma ist Julien Katembo von der M23 zum Bürgermeister ernannt worden. Nun leitet er Initiativen, die darauf abzielen, in Goma den Alltag wiederherzustellen. Dazu gehören kommunale Aufräum- und Reinigungsarbeiten. Darüber hinaus stellt die Einwanderungsbehörde jetzt Reisedokumente aus. "Wir arbeiten schrittweise daran, den Frieden in Goma wiederherzustellen", so Katembo.


Dieses Ziel wird eine Herausforderung sein, da die Stadt nach den Kämpfen vom Januar und der überstürzten Flucht vieler kongolesischer Soldaten nach wie vor mit Waffen und militärischer Ausrüstung überschwemmt ist. Die Regierung in Kinshasa geht davon aus, dass seit Januar mehr als 7000 Menschen im Osten des Landes getötet wurden.

Die Rebellenregierung erleichtert auch die Beschaffung von Reisedokumenten. Samuel Nyiransabimana hat diese Erfahrung gemacht. Er überquert häufig die Grenze nach Ruanda. Zuvor sei es sowohl für die kongolesische als auch für die ruandische Bevölkerung schwierig gewesen, zu reisen. "Aber mit der neuen M23-Regierung wird das Dokument für nur zehn Dollar direkt an der Grenze ausgestellt, das ist eine Erleichterung" sagt er zur DW.

Ein Mann in Kampfuniform geht durch eine Öffnung in einem Sicherheitszaun
M23 Rebellen rekrutieren neue Mitglieder nach ihren Gebietseroberungen - hier in GomaBild: Michel Lunanga/AFP/Getty Images

Allerdings beschuldigen Menschenrechtsaktivisten die neue Rebellenverwaltung in Goma und anderen Regionen, Befehle durch Drohungen durchzusetzen. Berichten zufolge wurden einige Personen geschlagen, vorgeblich weil sie bei den Aufräumarbeiten ihre Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllten.

Städte brauchen humanitäre Hilfe

Josue Wallay ist Aktivist von Fight for Change, einer zivilgesellschaftlichen Bewegung, die sich für soziale Gerechtigkeit einsetzt. Goma und Bukavu seien geplündert worden und benötigten humanitäre Hilfe, sagt er.

"In der Stadt Goma gibt es derzeit keine Bank, und die Menschen können keine Lebensmittel kaufen, weil sie kein Bargeld haben", sagt Wallay und betont, andere Aktivisten seien auf Widerstand gestoßen. "Wir haben festgestellt, dass die Verteidigung der Interessen der Einwohner kompliziert zu sein scheint, insbesondere aus Sicherheitsgründen", sagte er der DW.

Nach Angaben der UN-Agentur für humanitäre Hilfe haben die Feindseligkeiten der bewaffneten Gruppen die Ernährungsunsicherheit in und um Goma verschärft. Mindestens 3000 Tonnen Lebensmittel wurden aus einem Lager des UN-Welternährungsprogramms in Goma geplündert.

DR Kongo: Gewalt und Plünderungen in Bukavu

"Laut OCHA wurde die Versorgungskette stark unterbrochen, und damit auch die Verbindungen zwischen Erzeugern, Märkten und Verbrauchern. Das hat zu steigenden Preisen und einer Verknappung der Produkte auf dem lokalen Markt geführt", sagt Wallay.

Mitarbeit: Zanem Nety Zaidi (Goma) und Wendy Bashi (Brüssel)