Opfer und Versöhnung sind in Bosnien-Herzegowina Themen am Internationalen Tag der Menschenrechte
11. Dezember 2003Bonn, 10.12.2003, DW-radio/Bosnisch, Mladen Sipka
Die Rundtisch-Diskussion "Wege der Aussöhnung und die Entschuldigung von [dem Präsidenten von Serbien und Montenegro] Svetozar Marovic" ist zu einer Debatte über Menschenrechte und über Opfer bei Verstößen dagegen geworden. Aus Banja Luka berichtet Mladen Sipka:
Kada Hotic von der Bewegung der Mütter aus den Enklaven Srebrenica und Zepa resümiert in einigen Worten ihren Kummer, ihre Trauer, ihre Wünsche und Hoffnungen. (Einblendung Hotic) "Wir, als die größten Leidtragenden, die wir all unsere männlichen Angehörigen verloren haben – also tatsächlich Leidtragende sind – ich habe beispielsweise fünf von ihnen verloren – wir wünschen uns wieder ein normales Leben. Und wenn wir das können, dann können das auch die Anderen! Außerdem haben wir in dieser Region auch keine andere Wahl".
Das Schicksal dieser Frau, die beim Srebrenica-Massaker fünf ihrer Liebsten verloren hat, passt zum Thema des Runden Tisches in Banja Luka "Wege der Versöhnung und die Entschuldigung von Svetozar Marovic". Den Ermordeten und Vermissten kann niemand mehr das Recht auf Leben, Arbeit, Rede- und Meinungsfreiheit zurückgeben. Haben denn die übrigen Opfer des Krieges, darunter auch Kada Hotic und ihre Enkel, das Recht darauf zu hoffen, dass sich die Artikel der UN-Menschenrechtsdeklaration von vor 55 Jahren auch auf sie bezieht?
Kada Hotic ist nicht die einzige, die die Meinung vertritt, dass die Entschuldigung von irgendjemandem und an irgendwen, ohne eine Lösung anzubieten, dieses Recht garantiert. Die Dozentin an der Juristischen Fakultät in Banja Luka, Dr. Ljiljana Mijovic, bringt das Thema Entschuldigung und Versöhnung in direkten Zusammenhang mit dem Internationalen Tag der Menschenrechte: "Die Entschuldigung stelle ich in direkten Zusammenhang mit dem Versöhnungsprozess, wovon ich glaube, dass er in unserer Region sehr, sehr langwierig wird. Dieser Prozess könnte meines Erachtens in vielerlei Hinsicht durch eine Verbesserung der Wirtschaftslage erleichtert werden. Eine einfache politische Entschuldigung von einzelnen Vertretern staatlicher Organe reicht da nicht aus – unabhängig davon, um welchen neugegründeten Staat es sich handelt". Mijovic zählt zu den nicht angewandten Menschrechten der Opfer das Recht auf dauerhafte Rückkehr.
Der Direktor des Internationalen Pressezentrums in Banja Luka, Milos Solaja, lehnt Thesen, wonach Änderungen durch andere bewirkt werden sollen, kategorisch ab: "Es gibt so viele Veränderungen, wie wir bereit sind, zuzulassen und all unsere Fehler zu erkennen und der anderen Seite dabei zu helfen, sich damit auseinanderzusetzen, wie sie war. Dann erst können wir von Versöhnung sprechen". (...)
Den Runden Tisch in Banja Luka veranstaltete das Londoner Institute for War and Peace Reporting [IWPR] und das Helsinki-Komitee für Menschenrechte der Republika Srpska. (md)