"Ohrid-Abkommen nicht auf das Kosovo anwendbar"
25. Mai 2004Bonn, 25.5.2004, KOSOVA LIVE, UTRINSKI VESNIK
KOSOVA LIVE, engl., 24.5.2004
Die Demokratische Liga Kosovas (LDK) und die Allianz für die Zukunft Kosovas (AAK) haben die Idee des PDK (Demokratische Partei Kosovas – MD)-Vorsitzenden Hashim Thaçi, das Ohrid-Modell für die Regelung der interethnischen Beziehungen zu übernehmen, abgelehnt. Die UNMIK hat ihre Haltung zu dem Vorschlag, der während der vom Projekt für Ethnische Beziehungen (PER) im schweizerischen Luzern organisierten Konferenz "Albanien und seine Nachbarn" gemacht wurden, noch nicht bekannt gegeben.
Thaçi schlug eine interne Vereinbarung mazedonischen Typs zwischen der albanischen Mehrheit und den Minderheiten in Kosova vor. "Das Modell sollte das mazedonische Ohrid-Abkommen sein. Ein solches Abkommen in Kosova sollte mit Unterstützung der Vereinigten Staaten, der NATO und der EU angestrebt werden, so Thaçi. Ihm zufolge sollten die Serben an der Entwicklung der Identität der Staatlichkeit Kosovas teilnehmen. Er hob hervor: "Ihre Hauptstadt ist Prishtina, nicht Belgrad".
Der LDK-Abgeordnete Kolë Berisha erklärte gegenüber KosovaLive, der Vorschlag könne nicht auf Kosova angewandt werden. "Jeder Vorschlag kann diskutiert werden. Natürlich hatte Thaçi gute Absichten, als er den Vorschlag machte, aber nicht jeder Vorschlag kann akzeptiert werden. Er argumentierte, die Umstände in Kosova seien andere als in Mazedonien. (...)
Der AAK-Abgeordnete Bujar Dugolli ist der Auffassung, selbst Thaçis eigene PDK unterstütze seinen Vorschlag nicht. "Ich denke, das ist Thaçis persönlicher Vorschlag. Ich glaube nicht, er genießt auch nur die Unterstützung seiner Partei und nicht die des politischen Spektrums in Kosova!", so Dugolli gegenüber KosovaLive.
Das Modell Ohrid könne nicht auf die Kosova-Serben angewandt werden, da sie einen sehr niedrigen Anteil der Bevölkerung ausmachten. Das lässt sich also nicht mit den ethnischen Albanern vergleichen, die 25 Prozent der Einwohner Mazedoniens ausmachen", so Dugolli.
Die AAK sei gegen ein solches Experiment in Kosova wie das Ohrid-Abkommen. "Wir haben den Forderungen der internationalen Gemeinschaft nach höheren Standards für Minderheiten zugestimmt, aber es kann keine Abkommen mit einer ethnischen Minderheit geben, wobei die anderen Minderheiten ignoriert werden", so Dugolli, der den Vorschlag Thaçis als unnötig bezeichnete. (...) (MK)
UTRINSKI VESNIK, mazed., 25.5.2004, Boris Georgievski
Die Idee des Vorsitzenden der Demokratischen Partei Kosovos, Hashim Thaci, das Rahmenabkommen von Ohrid als Beispiel für die Lösung der ethnischen Probleme auf Kosovo zu übertragen, wurde von den albanischen Parteien in Mazedonien und Kosovo wie auch von einem Teil der internationalen Gemeinschaft abgewiesen.
Die Demokratische Partei der Albaner (in Mazedonien) DPA sagt, Thacis Erklärung sei zynisch, weil die Serben in Kosovo zur Zeit mehr Rechte als die Albaner in Mazedonien haben. Der DPA-Sprecher, Sulejman Rushiti, erklärte, die Serben in Kosovo genießen ohne irgendwelche Vereinbarungen viel mehr Rechte als die Albaner mit dem Ohrider Abkommen in Mazedonien. "Die Serben haben das Recht auf Hochschulausbildung, auf offizielle Verwendung der serbischen Sprache auf dem ganzen Territorium und viele andere Rechte", so Rushiti. Das Rahmenabkommen von Ohrid ist ihm zufolge in Kosovo auch deshalb nicht umsetzbar, weil es in Kosovo viel weniger Serben als Albaner in Mazedonien gibt und weil es die Serben ablehnen, sich mit der Position der Albaner in Mazedonien anzufreunden. Ähnlich äußerte sich auch der DPA-Vorsitzende Arben Xhaferi, der während der Präsidentschaftswahlen in Mazedonien gegenüber dem staatlichen Fernsehen in Serbien sagte, dass die Serben in Kosovo mehr Rechte genießen als die mazedonischen Albaner in ihrem Staat.
Die mitregierende (albanische) Partei Demokratische Union für Integration (DUI) ist der Meinung, dass man die Umstände in Mazedonien nicht mit denen in Kosovo vergleichen kann. Deshalb sei es schwer zu sagen, ob das mazedonische Modell des Rahmenabkommens auch für Kosovo gut wäre.
"Man sollte in Betracht ziehen, dass 25 Prozent der mazedonischen Bevölkerung Albaner sind und dass das Volk ein konstituierendes Element ist, während die Serben in Kosovo eine Minderheit von etwa fünf Prozent darstellen", sagt die DUI-Sprecherin Ermira Mehmeti.
Der Abgeordnete dieser Partei, Hisni Shakiri, sagte, dass Hashim Thacis Vorschlag logisch sei. "Ich meine, dass, was Hashim Thaci vorgeschlagen hat, ist etwas, was man ernsthaft in Betracht ziehen sollte, weil er ein ernster Mensch ist. Mit der Lösung der Statusfrage müsste man parallel auch die Frage der Serben in Kosovo lösen. Thacis Modell ist deshalb ganz logisch", so Shakiri.
Thacis Vorschlag lehnte auch der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Javier Solana, ab. "Es sollte nicht heißen, dass das Abkommen, das für Mazedonien in einem Augenblick von äußerster Wichtigkeit war, übertragbar ist. Der Gedenke war, das Ohrider Rahmenabkommen solle zur Stabilität in der ganzen Region beitragen. Dieser Ablauf und die spezifischen Fragen in Kosovo können nicht gleich sein und sind es auch nicht", so Solana.
Der Vorsitzende der Demokratischen Partei Kosovos, Hashim Thaci, erklärte am Wochenende (22/23.5.) auf der Konferenz "Die Albaner und ihre Nachbar" in Luzern, dass das Abkommen von Ohrid auch für die Auflockerung des gemeinsamen Lebens in der serbischen südlichen Provinz anwendbar sei. (...) (fp)