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MeinungsfreiheitNepal

Nepal: Bedroht ein Social-Media-Gesetz die Redefreiheit?

15. Februar 2025

Nepal gilt als eines der Länder Asiens mit der größten Pressefreiheit. Experten sind nun besorgt, dass ein neu geplantes Social-Media-Gesetz der Regierung weitreichende Kontrolle über Online-Inhalte geben könnte.

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Nepal | Protest gegen Soziale Medien Gesetz
Gegen das Soziale-Medien-Gesetz regt sich Protest in NepalBild: Subaas Shrestha/NurPhoto/picture alliance

Nepals Verfassung garantiert die Pressefreiheit. Der Himalaya-Staat belegte im Jahr 2024 im Weltpressefreiheitsindex von Reporter ohne Grenzen (RSF) den 74. Platz von 180. Im Vergleich zu anderen asiatischen Ländern wie China (Platz 172) und Indien (Platz 159) gilt Nepal als eines der freiesten Länder des Kontinents.

Ein neuer Gesetzentwurf zur Regulierung sozialer Medien hat jedoch Bedenken hinsichtlich seiner möglichen Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit geweckt. Kritiker argumentieren, dass die vagen Bestimmungen politische Meinungsverschiedenheiten unterdrücken und verfassungsrechtlich geschützte Rechte verletzen könnten.

Die Regierung behauptet, dass der Gesetzentwurf "Anstand und Transparenz im Internet" fördern soll. Der Entwurf schreibt die Registrierung von Social-Media-Konten für Unternehmen vor und erteilt den Behörden die Befugnis, "anstößige" oder "irreführende" Inhalte zu entfernen.

Der Gesetzentwurf, der "den Betrieb, die Nutzung und die Regulierung sozialer Medien überwachen" soll, schlägt vor, Social-Media-Plattformen zu verbieten, die sich nicht in Nepal registrieren.

Er sieht hohe Geldstrafen und bis zu fünf Jahre Haft für die Verbreitung falscher Informationen vor und kriminalisiert sogar das Posten in sozialen Medien anonym oder unter falscher Identität.

Was schlägt der Gesetzentwurf vor?

Der Gesetzesentwurf verlangt von allen in Nepal aktiven Social-Media-Plattformen wie Facebook und X, eine Betriebsgenehmigung einzuholen, um im Land tätig sein zu können.

Ebenso werden Beschränkungen für die Nutzung sozialer Medien festgelegt, die Aktivitäten verbieten, die den nationalen Interessen schaden, darunter Cybermobbing, Erpressung, Hacking und Datenschutzverletzungen.

Außerdem wird das Posten grafischer Inhalte, diffamierender Bemerkungen, Trollen mit beleidigenden Wörtern, Bildern oder audiovisuellen Inhalten, die den Ruf einer Person schädigen sollen, sowie Hassreden untersagt.

Menschenrechtsaktivisten erkennen zwar die Notwendigkeit einer gewissen Regulierung an, argumentieren jedoch, dass solche Maßnahmen besser durch Selbstregulierung und Sensibilisierung der Öffentlichkeit statt durch staatliche Kontrolle umgesetzt werden sollten.

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"Der Gesetzentwurf sollte sich darauf konzentrieren, ein unterstützendes Umfeld für Selbstregulierung und die Förderung digitaler Kompetenz zu schaffen, anstatt strenge staatliche Kontrollen aufzuerlegen", sagte Rukamanee Maharjan, Assistenzprofessorin am Nepal Law Campus, gegenüber der DW.

"Leider ist der Gesetzentwurf aus einer Verbrechens- und Strafperspektive verfasst und kriminalisiert Handlungen wie das Verbreiten von Gerüchten, die Verwendung von Pseudonymen oder das Erstellen von Social-Media-Konten ohne vorherige Genehmigung der Regierung", fügte sie hinzu.

Sie befürchtet, dass der Gesetzentwurf zu Selbstzensur unter Intellektuellen führen und diejenigen überproportional treffen könnte, die im digitalen Bereich unerfahren sind und versehentlich irreführende Inhalte teilen.

Sie betonte weiter: "Sexuelle und geschlechtliche Minderheiten wie die LGBTQ+-Community verlassen sich oft auf anonyme Namen, um ihre Sorgen und Erfahrungen zu teilen. Dieser Gesetzentwurf könnte ihre Stimme unterdrücken, indem er Anonymität mit vagen Definitionen und übermäßiger staatlicher Kontrolle kriminalisiert."

Kritik einschränken?

Viele Kritiker vermuten, dass der Gesetzentwurf darauf abzielt, abweichende Meinungen zum Schweigen zu bringen und die öffentliche Kritik einzudämmen, die aufgrund der schlechten Leistung der Regierung trotz ihrer starken Parlamentsmehrheit zunimmt.

Während Influencer in den sozialen Medien den Hashtag #BolnaDeSarkar (Lasst uns sprechen, Regierung) gestartet haben, schweigen die großen politische Parteien und Mainstream-Nachrichtenmedien weitgehend.

Taranath Dahal, Vorsitzender des Freedom Forum Nepal, sagte der DW, dass Oppositionsparteien keinen Grund hätten, sich gegen den Gesetzentwurf auszusprechen, da sie während ihrer Amtszeit ähnliche Maßnahmen durchgesetzt hätten.

Die Mainstream-Medien könnten laut Dahal auch das Gefühl haben, dass ihr Publikum und ihre Einnahmen aufgrund der weit verbreiteten Nutzung sozialer Medien zurückgegangen seien.

"Ich glaube, sie werden aber auch die größeren Auswirkungen verstehen, die dazu führen, dass jede internetbasierte Kommunikation - einschließlich des Journalismus -  mit Strafmaßnahmen reguliert werden", sagte Dahal, der auch ehemaliger Vorsitzender der Federation of Nepali Journalists ist.

"Wird der Gesetzentwurf angenommen, wird er abweichende Meinungen unterdrücken und politische Gegner ins Visier nehmen", befürchtet Dahal. Der Gesetzentwurf widerspreche damit zentralen Verfassungsgrundsätzen, darunter den der Presse- und Meinungsfreiheit.

"Von seiner vagen Definition sozialer Medien bis hin zu seinen weitreichenden Bestimmungen ist der Gesetzentwurf zutiefst fehlerhaft. Er geht die Regulierung aus einer strafrechtlichen Perspektive an, anstatt sie als zivilrechtliche Angelegenheit zu behandeln", kritisierte Dahal.

Was passiert als nächstes?

Die Regierung unter Premierminister KP Sharma Oli besteht weiterhin darauf, das Gesetz voranzutreiben. Nepals Informationsminister Prithvi Subba Gurung hat den Vorschlag verteidigt und die Notwendigkeit angeführt, Cybermobbing und andere Online-Vergehen einzudämmen.

"Es kann uns nicht gleichgültig sein, wenn jemand die nationale Einheit, Souveränität oder soziale Harmonie durch soziale Medien bedroht", sagte er. "Bei diesem Gesetz geht es nicht darum, die Meinungsfreiheit einzuschränken, sondern darum, Chaos, Anarchie und Unanständigkeit im Internet zu regulieren."

Sobald die Rastriya Sabha (Nationalversammlung, das Oberhaus) das Gesetz genehmigt, können die Gesetzgeber Änderungen vorschlagen. Anschließend wird das Gesetz zur weiteren Beratung an die Pratinidhi Sabha (Unterhaus oder Repräsentantenhaus) geschickt, bevor es zur Überprüfung an die Rastriya Sabha zurückgeschickt wird. Danach wird es an das Büro des Präsidenten weitergeleitet, wo es in Kraft gesetzt wird.

Aus dem Englischen adaptiert von Shabnam von Hein