Nebel ernten: Wasser aus der Luft hilft gegen Trockenheit
14. März 2025Am Rand der marokkanischen Wüste, in Aït Baamrane regnet es extrem wenig — zu wenig für die Menschen, die dort leben. Aber sechs Monate lang hängt ein dichter Nebel vom nahen Atlantik über der bergigen Region. Dieser Nebel wird jetzt geerntet: Die winzigen Wassertröpfchen aus der Luft werden mithilfe von Netzen mit insgesamt 1700 Quadratmeter Fläche eingesammelt. Es ist die größte Nebelsammelanlage der Welt.
Das funktioniert so: Der Wind drückt den Wasserdampf in der Luft durch senkrecht stehende Netze, daran kondensiert der Dampf zu kleinen Wassertropfen. Die rinnen am Netz entlang nach unten, das Wasser wird in großen Behältern gesammelt. Täglich fangen die Netze so etwa 35.000 Liter Wasser auf. Das deckt den Bedarf von mehr als 1.000 Menschen, und wird auch Bewässerung von Pflanzen genutzt.
Nebel wird nicht nur in Marokkos Bergen gesammelt, sondern beispielsweise auch in Ghana, Eritrea, Äthiopien, Chile, Kalifornien und Südafrika. Das weltweite Potenzial ist riesig. Geeignete Standorte gibt es fast überall, vor allem entlang der Küstenlinien.
Je nach Standort liefert ein Nebelfang-Netz von 40 Quadratmetern etwa 200 Liter pro Tag und kostet rund 1500 Dollar.
Neue Studie sieht Potenzial auch in Städten
Bisher wurde Nebelsammeln vor allem als Lösung für abgelegene ländliche Gebiete gesehen, wo Menschen kaum an das öffentliche Netz oder an Infrastruktur angebunden sind.
Eine kürzlich im Wissenschaftsmagazin Frontiers in Environmental Science erschienen Studie zeigt jedoch, dass auch Städte die Technik einsetzen könnten.
Mit weniger als ein Millimeter Niederschlag pro Jahr ist die Atacamawüste im Norden von Chile eine der trockensten Regionen der Welt. Die wichtigste Wasserquell für Städte in der Region ist derzeit unterirdisches Tiefenwasser, dass sich zuletzt vor 17.000 bis 10.000 Jahren aufgefüllt hat. Diese alten Wasservorräte sind nicht unerschöpflich, und es dauert sehr lange, bis sie sich wieder auffüllen. Darum ist es wichtig, auch andere Wasserquellen zu nutzen. Wasser aus der Luft zu gewinnen könnte dabei helfen.
Der Ort Alto Hospicio liegt am Rande der Wüste. Viele der rund 10.000 Einwohnern leben in Armut und sind nicht an das öffentliche Wassernetz angeschlossen . LKWs mit Wasserladungen versorgen die Slums. Die Forscher wollten sehen, ob das Nebelsammeln helfen kann, die die Wasserknappheit der Stadt zu bekämpfen. Dafür spannten sie Netze zum Sammeln von Luftfeuchtigkeit im Stadtgebiet und auf umliegenden Hügeln auf.
Sie fanden heraus, dass mit Hilfe von Nebelsammlern an manchen Tagen bis 10 Liter pro Quadratmeter gesammelt werden können - das wäre genug, um den Wasserbedarf für Trinkwasser, Bewässerung und Landwirtschaft zu decken.
Mit Nebel den Wasserbedarf von Slums decken
Pro Tag und Quadratmeter könnten durchschnittlich 2,5 Liter Wasser geerntet werden, so die Forscher. Mit 17.000 Quadratmeter Netz, so groß wie rund zweieinhalb Fußballfelder, ließe sich somit den gesamten Wasserbedarf der Slums von Alto Hospicio zu decken.
110 Quadratmeter Netz würden bereits ausreichen, um die gesamten Grünflächen der Stadt das ganze Jahr über zu bewässern.
Das so gewonnene Wasser könnte über Rohre oder mit Lkw weiter transportiert werden. Da der Nebel aber nur einige Monate im Jahr Wasser liefert, müssen imSommer zusätzlich anderen Quellen genutzt werden.
Redaktion: Anke Rasper