Bundestagswahl: Welche Erwartungen hat die EU an Merz?
24. Februar 2025Die ersten Glückwünsche aus Europa trudeln für die christdemokratischen Wahlsieger aus den eigenen politischen Reihen ein. Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis nennt das Wahlergebnis einen "entscheidenden Sieg für unsere politische Familie, für Deutschland und Europa".
Die konservative Europäische Volkspartei (EVP), die europäische Dachpartei der beiden Politiker, gratuliert Friedrich Merz auf ihrem offiziellen X-Account (vormals Twitter). Sie äußert sich zuversichtlich, dass Friedrich Merz "die notwendige Führung für ein starkes Deutschland in einem starken Europa" liefern werde.
"Deutschland wichtig für starkes Europa"
Auch weitere Parteikollegen gratulieren dem konservativen Kanzlerkandidaten. Während der kroatische Premierminister Andrej Plenkovic auf eine "baldige Bildung der neuen Bundesregierung" hofft, gratuliert der finnische Regierungschef Petteri Orpo "seinem Freund Friedrich Merz". Ein starkes Deutschland sei wichtig für ein starkes Europa, betont Orpo auf X.
Die lettische Ministerpräsidentin Evika Silina freut sich darauf, gemeinsam mit Merz ein "stärkeres, sichereres and wettbewerbsfähiges Europa" aufzubauen. Ihr portugiesischer Amtskollege Luis Montenegro freut sich darauf, die "gemeinsamen Herausforderungen bei der EU, NATO und den Vereinten Nationen" anzugehen.
Der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala, dessen Partei Teil der rechtskonservativen Europäischen Konservativen und Reformer ist, wünscht viel "Kraft und Erfolg bei der Bildung der Bundesregierung". Auch freue er sich, "gemeinsam an einem starken Europa zu arbeiten".
Aus Dänemark gratuliert die sozialdemokratische Premierministerin Mette Frederiksen und betont, in unsicheren Zeiten brauche man ein "starkes Europa und ein starkes Deutschland". Auch die deutschen Sozialdemokraten im EU-Parlament gratulieren. Ihr Vorsitzender René Repasi ruft dazu auf, Verhandlungen mit "europapolitisch verlässlichen" Partnern aufzunehmen.
Sollte es Friedrich Merz gelingen, eine Regierungsmehrheit zu finden und nächster Kanzler der Bundesrepublik zu werden, wird er gemeinsam mit den Staats- und Regierungschefs der anderen 26 EU-Staaten im Europäischen Rat sitzen. Bei ihren regelmäßigen Gipfeltreffen setzen sie die Weichen für die Politik Europäischen Union.
Unter einem Bundeskanzler Merz wird erwartet, dass Deutschland den Kurs in einigen Bereichen, wie etwa bei der Migrationspolitik, ändern wird. Außerdem hofft man in Brüssel darauf, dass mit einer neuen Regierung wieder mehr Deutlichkeit einkehrt, was die deutsche Position zu Gesetzesvorhaben angeht.
Rutte: "Europa muss mehr für Verteidigung ausgeben"
NATO-Generalsekretär Mark Rutte reiht sich in die Reihe der Gratulanten ein. Er freue sich auf die Zusammenarbeit in diesem "kritischen Moment für unsere gemeinsame Sicherheit". Europa müsse mehr für seine Verteidigung ausgeben und dafür sei Merz‘ Führung zentral.
Derzeit liegt die Marke für die Höhe der Verteidigungsausgaben der NATO bei zwei Prozent. Seit der amerikanische Präsident Donald Trump gefordert hatte, diese auf fünf Prozent anzuheben, wird in der NATO eine neue Zielvorgabe diskutiert. Mark Rutte hatte bereits gesagt, das Ziel solle in Zukunft "nördlich der drei Prozent" liegen. Es wird erwartet, dass bei einem NATO-Gipfel im Juni die Entscheidung fällt.
Auch in der EU stehen höhere Verteidigungsausgaben im Raum. Aus der EU-Kommission wird der Bedarf für die nächsten zehn Jahre mit 500 Milliarden Euro angegeben. Die Debatte, woher das Geld kommen könnte, reicht von gemeinsamen Schulden, die der noch amtierende Kanzler Olaf Scholz vehement ablehnt, bis zu einer Lockerung des Stabilitätspaktes. Der neuen Bundesregierung wird dabei eine wichtige Rolle zukommen, weil Deutschland die größte Volkswirtschaft in der EU ist.
Bevor sich die EU-Institutionen offiziell zum Wahlausgang in ihrem größten Mitgliedstaat geäußert haben, hat Friedrich Merz seine ersten Signale schon nach Brüssel geschickt. In der Fernsehrunde der Parteivorsitzenden erklärte er, für ihn werde es "absolute Priorität" haben, "Europa so zu stärken, dass wir Schritt für Schritt auch wirklich Unabhängigkeit erreichen von den USA".
Dies dürfte vor allem beim französischen Präsidenten Emmanuel Macron gut ankommen, der sich seit längeren für sein Konzept der "strategischen Autonomie" einsetzt. Noch am Wahlabend habe er mit Friedrich Merz telefoniert, teilte Macron auf X mit. Gemeinsam sei man mehr denn je entschlossen, sich für ein starkes und souveränes Europa einzusetzen.