Münchner Sicherheitskonferenz im Schatten von Donald Trump
13. Februar 2025Die traditionell engen Bande zwischen den USA und Europa haben die Münchner Sicherheitskonferenz jahrzehntelang geprägt. Trotz mancher Differenzen: Die Basis stimmte. Man arbeitete gut zusammen und schätzte einander. Doch seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump bröckelt diese Gewissheit. Die am Freitag (14.2.2025) in München beginnende Tagung, international bekannt als Munich Security Conference (MSC), ist deshalb auch ein Gradmesser für den Zustand der transatlantischen Beziehungen.
Neue Spannungen zwischen den USA und ihren Verbündeten?
Fest steht: Schon in den ersten Wochen von Trumps zweiter Amtszeit als US-Präsident weht aus Washington ein anderer Wind: "America first" heißt Trumps unbedingte Devise, auch wenn seine Politik zu Lasten der Verbündeten geht. Diese Spannungen dürften einige Debatten im traditionellen Münchner Tagungshotel "Bayerischer Hof" prägen, wo sich vom 14. bis 16. Februar Politiker, Militärs und Experten treffen.
Allein 60 Staats- und Regierungschefs werden bei der MSC erwartet, die als das weltweit wichtigste Forum für Sicherheitspolitik gilt. Aus der neuen US-Administration hat neben Vizepräsident J.D. Vance auch Außenminister Marco Rubio sein Kommen zugesagt, nicht aber der neue US-Verteidigungsminister Pete Hegseth. Darüber hinaus, kündigte Konferenzleiter Christoph Heusgen an, werde eine der größten Delegationen aus dem US-Kongress erwartet, die jemals zur MSC gekommen sei. Unter den Gästen ist auch der neue NATO-Generalsekretär Mark Rutte.
"Abgezockt" von Europa
Die Sicherheitskonferenz ist ein informelles Treffen, auf dem keine Beschlüsse gefasst werden. Gerade deshalb wird dort ein offener Austausch gepflegt, Konflikte nicht unter den Teppich gekehrt. Den neuen, schärferen Ton in den transatlantischen Beziehungen hat Trump bereits vorgegeben. "Wir wurden von den europäischen Nationen sowohl im Handel als auch in der NATO abgezockt", zitiert der anlässlich der Konferenz veröffentlichte "Munich Security Report" eine Äußerung von Trump im Wahlkampf. Und weiter an die Adresse der Europäer: "Wenn Sie nicht zahlen, werden wir Sie nicht schützen."
Die in seinen Augen zu geringen Investitionen einiger europäischer NATO-Partner in ihre Armeen sind Trump ein Dorn im Auge. Auch Deutschland hat er wiederholt dafür kritisiert. Washington zahlte bisher den Löwenanteil der Kosten in der NATO und bot Europa einen verlässlichen militärischen Schutz. Der ist nun an Bedingungen gebunden: Von den Verbündeten fordert Trump, fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. Deutschland schafft mit Mühe die zwei Prozent, die in der NATO inzwischen als Mindeststandard gelten.
Eine Weltmacht mit "knappen Ressourcen"
Dass der Republikaner Trump rigoros US-Gelder aus international tätigen Organisationen abziehen kann, hat er bereits bewiesen. Laut dem "Munich Security Report" begründet Trumps Lager das auch damit, dass selbst die Weltmacht USA nur begrenzte Ressourcen habe und diese zum Wohle des eigenen Landes einsetzen müsse. "Tatsächlich ist der Begriff der 'Ressourcenknappheit' zu einer zentralen Prämisse des außenpolitischen Denkens der Republikaner geworden", heißt es in dem Bericht.
Konturen eines Friedensplans für die Ukraine?
Das könnte sich auch negativ auf die Hilfe für die Ukraine auswirken, bei der die USA bisher führend waren. Gesprächsstoff gibt es in jedem Fall genug für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Trumps Ukraine-Beauftragten Keith Kellogg, die beide in München erwartet werden.
Im Vorfeld der Konferenz machten Gerüchte die Runde, wonach Kellogg bei der Sicherheitskonferenz einen Plan der Trump-Administration für ein Ende des Krieges in der Ukraine vorstellen könnte. Danach gefragt, blieb Konferenzleiter Heusgen zurückhaltend: "Wir hoffen, dass München genutzt wird, und wir haben auch die entsprechenden Anzeichen dafür, um im Hinblick auf einen Frieden in der Ukraine Fortschritte zu machen."
Heusgen äußerte die Hoffnung, dass ein Friedensplan in München Konturen annehmen könnte. Dabei müsse die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine gewahrt werden, betonte der Diplomat. Heusgen war früher außenpolitischer Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel und deutscher Botschafter bei den Vereinten Nationen in New York.
Allerdings sind Vertreter der russischen Regierung nicht zur MSC eingeladen. Grundlage für ein Einladung sei "die Bereitschaft zum Dialog", betonte Heusgen, "und solange Präsident Putin die Regierung in Kyjiw, Selenskyj nicht anerkennt, sehe ich nicht die Voraussetzung für einen solchen Dialog". In München willkommen sind Vertreter der russischen Opposition und von Nichtregierungsorganisationen.
Trumps Anspruch auf Grönland
Unruhe und Entsetzen lösten in Europa Trumps Drohungen aus, Gebiete notfalls auch mit Gewalt zu annektieren, darunter das zu Dänemark gehörende Grönland. US-Vizepräsident J.D. Vance steht hinter Trumps Expansionsplänen. Sollte er diese in München bekräftigen, dürfte er auf scharfen Widerspruch stoßen, vor allem von Vertretern der EU und europäischer Staaten.
Sie hatten auf Trumps Drohung mit der Mahnung reagiert, dass die USA sich an internationales Recht halten müssten. "Die Unverletzlichkeit von Grenzen ist ein Grundprinzip des Völkerrechts. Das Prinzip muss für alle gelten", kommentierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).
Nicht ohne Grund unterstrich auch Konferenzleiter Heusgen vor der Tagung mehrfach die Bedeutung des Völkerrechts. "Aus meiner Sicht gibt es keine bessere Alternative als die Ordnung, die sich in der Charta der Vereinten Nationen widerspiegelt."
Eine Woche vor der Bundestagswahl
Die deutsche Innenpolitik wird in diesem Jahr eine besondere Rolle bei der Konferenz spielen: Das Treffen findet nur eine Woche vor der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar statt - und damit mitten im Endspurt des Wahlkampfs. Gleich mehrere Kanzler- und Spitzenkandidaten habe ihre Teilnahme zugesagt, darunter CDU-Chef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz, dem Umfragen einen Wahlsieg prophezeien.
In ihren Auftritten dürfte es auch darum gehen, wieviel Geld Deutschland künftig in die Bundeswehr investiert und wo es angesichts knapper Kassen herkommen soll. Die Frage ist nicht, ob, sondern wie Deutschland und Europa mehr für die eigene Sicherheit tun können. Nachdem Trump ins Weiße Haus eingezogen ist, dürfte dieses Thema bei der Münchner Sicherheitskonferenz mit größerer Dringlichkeit diskutiert werden als je zuvor.