Mögliche Waffenruhe in der Ukraine: Wer will was?
13. März 2025Seit dem Treffen zwischen Vertretern der USA und der Ukraine im saudi-arabischen Dschidda gibt es Hoffnungen auf eine vorübergehende Feuerpause in der Ukraine. Ein Überblick über die Interessenlagen der wichtigsten Player.
Russland
Der russische Präsident Wladimir Putin knüpft die Zustimmung zu einer von den USA vorgeschlagenen Waffenruhe im Krieg gegen die Ukraine an Bedingungen. Bei einer mit Spannung erwarteten Pressekonferenz am Donnerstag forderte er eine dauerhafte Lösung des Konflikts - rückte aber nicht von bereits geäußerten Maximalforderungen ab.
"Wir sind einverstanden mit dem Vorschlag, die Kampfhandlungen einzustellen", sagte Putin und dankte US-Präsident Donald Trump für dessen Initiative zur Beendigung des Krieges. "Aber wir gehen davon aus, dass dieser Stopp so sein sollte, dass er zu einem langfristigen Frieden führt und die Ursachen für den Konflikt beseitigt."
Putins Berater Juri Uschakow hatte schon zuvor erklärt, der Waffenruhe-Vorschlag sei "übereilt". Jede Friedensregelung müsse die "legitimen Interessen Russlands" berücksichtigen und dürfe nicht als "Atempause für die Ukraine" fungieren.
Laut Experten will Moskau die NATO aus Osteuropa zurückdrängen und seinen Einfluss in der Ukraine erhöhen. "Ich glaube nicht, dass es realistisch ist, dass Russland irgendeinem Abkommen zustimmen wird, in dem die Ukraine souverän und unabhängig bleibt", sagte Russlandexperte Janis Kluge von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in der New York Times. Er verwies auf die wiederholten Forderungen Moskaus nach Neuwahlen in der Ukraine.
In diese Strategie fügen sich die Bedingungen ein, die Moskau an eventuelle Friedensverhandlungen stellt. Dazu gehört, dass Moskau bereits mehrfach betont hatte, keine ausländischen Truppen zur Absicherung eines Friedensabkommens in der Ukraine dulden zu wollen. Auch eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine ist für Moskau nicht hinnehmbar.
Die Rückgabe bereits annektierter ukrainischer Gebiete ist ebenfalls unwahrscheinlich. Im Gegenteil. Putin bot Trump Ende Februar ein eigenes Abkommen zur Erschließung von Rohstoffen in den besetzten Gebieten an. Russland sei bereit, "mit ausländischen Partnern, einschließlich der Amerikaner, in den neuen Regionen zusammenzuarbeiten", so Putin in einem Fernsehinterview.
Großes Interesse besteht in Moskau an einer Aufhebung der vom Westen seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine verhängten Sanktionen. Denn der durch die Kriegswirtschaft zunächst ausgelöste Wirtschaftsboom in Russland ist zum Erliegen gekommen. Es drohen Rezession und Inflation.
USA
US-Präsident Trump will sich politisch als Friedensvermittler profilieren. Zwar konnte er sein Wahlversprechen, den Krieg in der Ukraine innerhalb von 24 Stunden nach Amtsantritt zu beenden, nicht einhalten. Doch es ist ihm gelungen, den Druck auf Kyjiw und Moskau zu erhöhen.
US-Außenminister Marco Rubio erklärte auf dem G7-Außenminister-Treffen im kanadischen Charlevoix, es wäre "perfekt", wenn von dem Treffen die Botschaft ausginge, dass "die Vereinigten Staaten etwas Gutes für die Welt getan haben."
Ein Frieden würde es Trump zudem erleichtern, die Ausgaben für militärische und humanitäre Hilfe an die Ukraine zu verringern. Es passt zu seinen Plänen, das US-Engagement für die NATO zurückzufahren und europäische Länder zu zwingen, ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen.
Ein weiteres Interesse der USA ist der Zugang zu Rohstoffen. Die Ukraine besitzt sowohl fossile Rohstoffe wie Gas als auch wichtige Erze. Ein Abkommen zwischen der Ukraine und den USA war nach dem Eklat im Weißen Haus Ende Februar allerdings vorerst gescheitert. Mittlerweile hat sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj jedoch einverstanden erklärt, dieses doch zu unterzeichnen.
Experten fürchten, dass der Zugzwang, unter den sich Trump mit dem Versprechen, den Krieg schnell zu beenden, selbst gesetzt hat, dazu führen könnte, dass er gegenüber Putin weitreichende Zugeständnisse macht.
Europäische Union
Der Ukraine-Krieg und die Angst vor einer Ausweitung des Konfliktes haben in der EU zu einer drastischen Erhöhung der Verteidigungsausgaben geführt. Jahrzehntelang neutrale Länder wie Finnland und Schweden sind der NATO beigetreten.
Die meisten EU-Mitgliedsstaaten haben sich zudem den Wirtschaftssanktionen der EU gegen Russland angeschlossen. "Wir müssen die Ukraine in die stärkstmögliche Position bringen. Sanktionen sind ein Druckmittel", erklärte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas.
Brüssel will zudem den wachsenden Einfluss Russlands in Europa eindämmen und stellt der Ukraine deshalb einen EU-Beitritt in Aussicht. Das Land ist seit Juni 2022 EU-Beitrittskandidat.
Zu den Ländern, die mit Moskau sympathisieren oder kooperieren, gehören unter anderem EU-Beitrittskandidat Serbien sowie die EU-Mitgliedsstaaten Ungarn und die Slowakei. In Rumänien wurde der rechtsextreme Präsidentschaftskandidat Calin Georgescu von Moskau unterstützt - mittlerweile wurde er jedoch vom rumänischen Verfassungsgericht von den Wahlen ausgeschlossen.
Ukraine
Der ukrainische Präsident Selenskyj ist angesichts des massiven Drucks aus den USA zu Zugeständnissen bereit. Bis vor kurzem war die offizielle Position Kyjiws, "nicht mit Putin zu reden" und "alle von Russland besetzten Gebiete, inklusive Krim und Ostukraine, zurückzuerobern".
Mittlerweile wertet es Kyjiw als Erfolg, dass nach dem Eklat im Weißen Haus die US-Militärhilfe und der Austausch von Geheimdienstinformationen wieder aufgenommen wurden. Bei einem eventuellen Abkommen besteht außerdem auch wieder die Aussicht auf mögliche Sicherheitsgarantien.
Obwohl eine Waffenruhe sicherlich nicht die Rückgabe der besetzten Gebiete beinhalten würde, hofft die Ukraine langfristig auf eine Rückeroberung dieser Territorien. Gleichzeitig setzt Kyjiw auf internationale Unterstützung, um seine Position zu stärken und sicherzustellen, dass der Druck auf Russland aufrechterhalten wird.