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PolitikAsien

Myanmar: Wem dient die Katastrophenhilfe nach dem Erdbeben?

2. April 2025

Die Junta in Myanmar lässt kontrolliert internationale Hilfe ins Land. Aber kommen Hilfsgüter und Gelder tatsächlich bei den Opfern an? Aktivisten kritisieren das katastrophale Krisenmanagement.

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Militärführer Min Aung Hlaing inspiziert Erdbebenfolgen, auf dem Bild steht er auf einer rissigen Autobahn
Machthaber General Min Aung (m.) nach dem Beben in der Hauptstadt NaypyidawBild: The Myanmar Military True News Information Team/AP Photo/picture alliance

Nach dem verheerenden Erdbeben ist die erste internationale Hilfe in Myanmar eingetroffen. Das Beben der Stärke 7,7 vom vergangenen Freitag hat Zentralmyanmar mit den Städten Sagaing und Mandalay erschüttert. Im ganzen Land wurden schwere Schäden gemeldet. Millionen Menschen sind obdachlos. Mindestens 3.000 Menschen kamen nach offiziellen Angaben ums Leben.

Im international isolierten Myanmar regiert eine Militärdiktatur. Nach der Naturkatastrophe bat die Junta um internationale Hilfe. Das kam bisher eher selten vor. Viele Rettungsteams sind bereits im Land unterwegs. Zuerst traf eines aus China ein, einer der wenigen Verbündeten der Junta. Peking stellte umgerechnet 14 Millionen Euro Soforthilfe zur Verfügung. Chinesische Rettungsmannschaften suchen jetzt in Mandalay, der zweitgrößten Metropole im Land, nach Überlebenden. Rettungsteams aus Taiwan durften trotz 50.000 US-Dollar an Spenden nicht ins Land kommen. China betrachtet Taiwan als eine abtrünnige Provinz. Das Hilfsangebot aus Taipeh wurde deswegen von Myanmar abgelehnt.

Myanmar Sagaing 2025 | Menschen baden im Fluss vor eingestürzter Ava-Brücke nach Erdbeben
Zerstörte Brücke in Sagaing: Kommt die Hilfe wirklich an? Bild: Sai Aung Main/AFP

Ein Bündnis deutscher Hilfsorganisationen stellte eine Million Euro Soforthilfegelder bereit, um den betroffenen Menschen schnell zu helfen. Die Einsatzkräfte des Hilfsdiensts Malteser International sind nach eigenen Angaben bereits im Katastrophengebiet in Myanmar vor Ort. Andere Spenden kamen aus England, den USA, Malaysia und Südkorea. Thailand, Indonesien, die Philippinen, Vietnam, Neuseeland, Indien, Japan, Singapur und Russland haben Rettungsteams nach Myanmar entsandt.

Gelder und Güter zuerst an die Junta

Unabhängige Aktivistenorganisationen im Exil machen sich allerdings Sorgen, dass die Hilfsgelder gar nicht bei den Opfern ankommen könnten. "Die internationale Hilfe kommt entweder in bar oder in Form von Sachleistungen an. Sie gelangen zuerst in die Hände des myanmarischen Militärs", sagt Aktivistin Khin Ohmar im DW-Interview. "Das Rote Kreuz von Myanmar und der Katastrophenschutz werden von der Junta kontrolliert. Ich bin der Meinung, dass letztendlich die Generäle alle Hilfsgüter verwalten. Es ist deswegen zu befürchten, dass die internationale Hilfe die Menschen in Not gar nicht erreicht."

Die Hoffnung auf Erdbeben-Überlebende schwindet

Die Stadt Sagaing wurde durch das Erdbeben stark verwüstet. Obwohl Berichten zufolge internationalen Organisationen der Zutritt gestattet sei, käme dort bisher wenig an, sagt Khin Ohmar weiter. "Die Menschen in Sagaing haben bisher keinen Zugang zu Hilfsgütern. Es gibt Orte, zu denen die Medien oder freiwillige Rettungsteams noch immer keinen Zutritt haben."

In der Hauptstadt Naypyidaw zerstörte der starke Erdstoß den Flughafen. Der dortige Tower, von dem aus der Flugverkehr kontrolliert wird, ist eingestürzt. "Es herrscht Chaos", sagt Aung Thu Nyein, ein politischer Analyst aus der Stadt. "Offiziell gibt es - auf dem Papier - einen nationalen Notfallplan. Aber ich sehe keinen Hilfseinsatz. Viele Bürogebäude wurden beschädigt wie die Kommandozentrale des Militärs und Wohnkomplexe für deren Mitarbeiter. Ich denke, dass das Management sehr schlecht ist; wenn ein solches überhaupt existiert."

Katastrophales Krisenmanagement

Zachary Abuza, Professor am National War College in Washington, ist davon überzeugt, dass die Junta Nutzen aus dieser schrecklichen humanitären Katastrophe ziehen wolle. "Die diplomatisch isolierte Junta ist jetzt in der Lage, sich internationale Unterstützung zu sichern. Sie setzt die Katastrophenhilfe als Waffe ein und tut alles, um zu verhindern, dass humanitäre Hilfe in Regionen gelangt, die nicht unter ihrer Kontrolle stehen", so Abuza im DW-Interview.

Ein Teil von Myanmar wird von bewaffneten Widerstandsmilizen verschiedener ethnischer Gruppen kontrolliert. Gegen sie setzt die Junta - trotz Erdbeben - die Militäroperationen weiter fort. In den vergangenen Tagen wurden viele Raketen abgefeuert und Luftangriffe auf Stützpunkte der Rebellen durchgeführt. Selbst auf einen Konvoi des chinesischen Roten Kreuzes in Mandalay hätten nach einem Medienbericht die myanmarischen Streitkräfte geschossen. Allerdings sei kein Schaden entstanden.

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Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International fordert deswegen, dass das Militär die unmenschlichen Angriffe unterlassen müsse. Auch Chinas Außenamtssprecher Guo Jiakun rief am Mittwoch (2.4.) alle Gruppen in Myanmar auf, "mit Blick auf die Katastrophe Hilfeleistungen zur Hauptaufgabe zu machen. Alle müssen für die Sicherheit des Hilfspersonals und Hilfsgüter aller Länder inklusive Chinas sorgen. Die Verkehrswege für Rettungsdienste müssen frei bleiben."

"Es gibt Kontrollpunkte für Waren, die in umkämpfte Gebiete gelangen", berichtet Richard Horsey, ein unabhängiger politischer Analyst. "Ich glaube nicht, dass sie gezielt Hilfsgüter blockieren, aber sie sind immer noch da." Dass die Angriffe auf die Milizen fortgesetzt werden, habe zwar keinen direkten Einfluss auf die Hilfsmaßnahmen. "Aber die Botschaft des Militärs ist klar. Die Machthaber sind nicht bereit, die Angriffe einzustellen, was in den Köpfen der Menschen Sorgen hervorruft." Am Mittwoch kündigte die Junta nun eine Feuerpause bis zum 22. April an. Ob sie eingehalten wird, ist fraglich.

Aus dem Englischen adaptiert von Dang Yuan