Migranten-Razzia in den USA trifft Südkorea ins Mark
8. September 2025Südkoreanische Unternehmen haben derzeit in den USA wenig zu lachen. Die Autobauer Hyundai und Kia müssen seit Anfang April einen drastisch erhöhten Einfuhrzoll zahlen. Eine kürzlich verabredete Verringerung auf 15 Prozent ist noch nicht in Kraft getreten. Dann strich US-Präsident Donald Trump den Halbleiterriesen Samsung Electronics und SK Hynix die Genehmigungen seines Vorgängers Joe Biden für den unbeschränkten Export von Produktionsmaterialien nach China. Künftig müssen sich die zwei Hersteller die genauen Liefermengen voraussichtlich jährlich genehmigen lassen.
Nun brachte die Trump-Regierung den Bau einer Batteriefabrik des Autobauers Hyundai und des Akkuherstellers LG Energy Solution im US-Bundesstaat Georgia mit einer Großrazzia gegen illegale Arbeitskräfte zum Erliegen. Die südkoreanische Öffentlichkeit reagierte schockiert auf die Fotos und Videos von Südkoreanern, die wie Kriminelle an Handgelenken, Taille und Knöcheln gefesselt waren.
Auch die Unternehmen in Südkorea sehen den US-Markt zunehmend kritisch. Die harten Bandagen der US-Wirtschaftspolitik schüren Bedenken, ob sich Investitionen dort überhaupt noch lohnen. Nach einem Bericht der Zeitung Korea Economic Daily hat LG Energy vorläufig beschlossen, die Batterieproduktion in Georgia zu verschieben. Sprecher der beiden Unternehmen sagten, es sei noch zu früh, um die Konsequenzen abzusehen.
Irritierender Zeitpunkt für Razzia
Auch der Zeitpunkt der Razzia sorgte für Irritationen. Denn Südkorea hatte Präsident Trump im Juli Energiekäufe von 100 Milliarden Dollar und Investitionen von 350 Milliarden Dollar zusagt, um bessere Zollsätze für Importe zu bekommen. Beim Besuch von Präsident Lee Jae Myung vor zwei Wochen im Weißen Haus hatten die Großunternehmen Samsung Electronics, SK Group, Hyundai, LG und Korean Air Kaufverträge von US-Waren über insgesamt 150 Milliarden Dollar unterzeichnet.
Diese Investitionsoffensive hielt das US-Heimatschutzministerium nicht von seiner bisher größten Einzelaktion ab. Dabei ist das kombinierte Werk von Hyundai und Kia für Elektroautos und Batterien mit Investitionen von 7,6 Milliarden Dollar das größte Wirtschaftsprojekt in Georgia. "Wir sind uns der Bedenken bewusst, die nach der Razzia hinsichtlich unserer Investitionen in den USA geäußert wurden", sagte Südkoreas Handelsminister Yeo Han Koo am Montag (8.9.) bei einer Kabinettssitzung.
Von den 475 festgenommenen Ausländern auf der Baustelle "Metaplant America" stammten rund 300 aus Südkorea. Laut einem leitenden Agenten der Heimatschutzbehörde haben einige der festgenommenen Arbeiter illegal die US-Grenze überquert. Andere seien legal in die USA eingereist, aber ihre Visa seien abgelaufen oder sie hätten mit ihrem Touristenvisum nicht arbeiten dürfen. Viele Festgenommene arbeiteten für Subunternehmer. Hyundai und LG hatten wegen der Erhöhung der Einfuhrzölle den Bau des Werkes forciert. Vor Ort fehlten jedoch die Facharbeiter, so dass Südkoreaner eingeflogen wurden. Da die Erteilung von Arbeitsvisa dauert, griff man offenbar auf kurzfristige, unsichere Visa-Optionen zurück.
Achillesferse von Trumps Handelspolitik
Die Razzia förderte den Widerspruch in der Politik von Trump zutage, einerseits ausländische Unternehmen mit hohen Einfuhrzöllen zur Produktion in den USA zu zwingen, andererseits aber das Reservoir an Arbeitskräften durch die Deportation von illegalen Migranten zu verknappen. Analysten warnen schon länger davor, dass den USA die Arbeits- und Fachkräfte für die angestrebte Expansion des produzierenden Gewerbes fehlen. Der Stabschef vom südkoreanischen Präsident Lee, Kang Hoon Sik, erklärte, Südkorea werde sich dafür einsetzen, dass die USA ihr Visasystem für Geschäftsreisende von Investitionsprojekten in den USA überarbeiten.
Präsident Trump versuchte, diesen Widerspruch aufzulösen. Die USA könnten eine Vereinbarung mit südkoreanischen Arbeitnehmern treffen, dass sie US-Bürger in Bereichen wie der Batterie- und Computerherstellung ausbilden, sagte er am Sonntagabend. "Wenn es in diesem Land derzeit keine Menschen gibt, die sich mit Batterien auskennen, sollten wir ihnen vielleicht helfen und einige Leute einladen, unsere Leute auszubilden."
Zugleich mahnte der US-Präsident ausländische Unternehmen, die US-Einwanderungsgesetze einzuhalten. Zudem müssten sie amerikanische Arbeitskräfte einstellen und ausbilden, schrieb der Republikaner auf seiner Online-Plattform Truth Social. "Ihre Investitionen sind willkommen. Und wir ermutigen Sie, Ihre sehr klugen Leute mit großem technischem Talent legal mitzubringen, um Weltklasse-Produkte zu bauen", schrieb Trump.
Die meisten festgenommenen Südkoreaner kamen in ein Einwanderungsgefängnis in Georgia. Sie sollen jedoch von der südkoreanischen Regierung mit einer Chartermaschine in die Heimat zurückgebracht werden, erklärte Stabschef Kang. Außenminister Cho Hyun flog am Montag (8.9.) zu entsprechenden Verhandlungen in die USA. Präsident Lee sagte, die Rechte südkoreanischer Staatsangehöriger und die wirtschaftlichen Aktivitäten südkoreanischer Unternehmen dürften bei Strafverfolgungsmaßnahmen der USA nicht ungerechtfertigt verletzt werden.
Hyundai kündigte eine interne Untersuchung an, vor allem hinsichtlich der Visapraktiken von Subunternehmern. LG Energy Solution setzte die meisten US-Dienstreisen aus und forderte Angestellte auf, in Südkorea zu bleiben oder zurückzukehren.