Mexiko blickt gelassen auf Trumps Zölle
8. April 2025In der mexikanischen Autostadt Puebla herrschte eine Mischung aus Gelassenheit und Anspannung. Auf der Stange brutzelten ein paar Hähnchen, im Hintergrund versuchte ein Straßenmusikant die Passanten mit seiner Kunst zu einem kleinen Obolus zu bewegen. Kurz: In der Altstadt von Puebla herrschte das übliche Treiben.
Und doch schauten an diesem Tag der "Zollverkündigung" alle hektisch auf ihre Mobiltelefone: Gibt es schon Neuigkeiten aus den USA?
Als diese endlich auf den Displays aufpoppten, war die Erleichterung groß. Die Maßnahmen aus dem Weißen Haus scheinen für die Stadt und das Land, das sich seinen Stellenwert als zuverlässige Autoproduktionsstätte hart erkämpft und erarbeitet hat, besser zu sein als befürchtet.
Besorgnis und Selbstbewusstsein
Die Menschen auf der Straße waren aber durchaus geteilter Meinung: "Es gibt keinen Grund, Angst [vor Trumps Zöllen] zu haben", sagte Wirtschaftsstudent Fabricio Fernandez aus Puebla im Gespräch mit der DW: "Denn es ist ganz einfach, er zahlt die Zölle selbst."
Deutlich besorgter zeigte sich Rentnerin Julia, die um den Fortbestand des Autostandorts Puebla fürchtet: "Das ist alles sehr beunruhigend für die Menschen, für das Land, für alles. Wenn ich in den Supermarkt gehe, wird alles teurer und wenn es keine Arbeitsplätze mehr gibt, dann wird alles noch schlimmer."
Starkes Wachstum der Zuliefererbetriebe
"In der ersten Amtszeit Trumps hat es ja zum ersten Mal seit vielen Jahren eine Neuverhandlung des nordamerikanischen Freihandelsabkommens gegeben. Das Ergebnis war, dass davon vor allem die Automobilindustrie profitiert hat", sagt Thomas Karig (71), Unternehmensberater aus Puebla und vor einigen Jahren "Vice President Corporate Relations" von Volkswagen in Puebla. Hier steht eines der größten VW-Werke außerhalb Deutschlands und produziert für den nordamerikanischen Markt.
In Mexiko sei dadurch ein starkes Wachstum der Zulieferbetriebe zu verzeichnen gewesen. Die Herstellung von sogenanntem "regional Content", also Produkten aus der Region, sei um 20,5 auf 75 Prozent gestiegen, berichtet Karig. Auch in den USA habe sich die Nachfrage nach Fahrzeugteilen erhöht. "Man kann durchaus sagen, dass die Neuverhandlung sowohl für die USA als auch für Mexiko eine Erfolgsgeschichte war", sagt Karig im Gespräch mit der DW.
Mexikos Regierung ist zuversichtlich
Nachdem sich die ersten Schockwellen gelegt hatten, äußerte sich der mexikanische Wirtschaftsminister Marcelo Ebrard in einem Interview mit Radio Formula zuversichtlich. In der aktuellen Neuordnung bestehe für Mexiko sogar eine große Chance. "Was wir gestern gesehen haben, ist die Geburt einer neuen Handels- und wahrscheinlich auch geopolitischen Ordnung. Eine Phase ist vorbei und eine andere hat begonnen", sagte Ebrard.
Und der Wirtschaftsminister sieht Mexiko durch das bestehende Handelsabkommen sogar im Vorteil: "Das Abkommen bleibt bestehen, und das ist extrem wertvoll für Mexiko", so Ebrard. "Wir haben keinerlei reziproke Zölle. Ein großer Teil unseres Außenhandels, der über T-MEC abgewickelt wird, ist zollfrei, das ist eine sehr gute Nachricht", sagte der Minister mit Verweis auf die in Mexiko übliche Abkürzung des Freihandelsabkommens mit den USA und Kanada.
"Regional Content" stärken
Es wäre denkbar, dass für Mexiko und die USA - nach der Erfahrung der ersten Neuverhandlung des Freihandelsabkommens - nun eine zweite Verhandlungsrunde anstehen könnte. Wieder mit dem Ziel den "regional Content" zu stärken, glaubt Ex-VW-Manager Karig. "Bislang ist Mexiko mit seinem gemäßigten Kurs ja gut gefahren."
Eine Einschätzung, die auch Unternehmensberater Kenneth Smith teilt, der damals das Freihandelsabkommen mit neu ausgehandelt hat: "Wir wissen, dass die USA den Vertrag wieder öffnen und neu verhandeln wollen", sagte Smith am Rande des Branchentreffens 'The Logistic World' in Mexiko-Stadt.
"Natürlich könnte sich Mexiko mit Gegenzöllen auf Produkte aus den USA wehren, aber die Frage ist, ob das auch sinnvoll und zielführend ist", sagt Karig. "Letzten Endes sind Zölle ja eine Steuer und diese Steuer zahlen entweder die Verbraucher oder die Unternehmer. Und das wäre eigentlich nur von Nachteil für die mexikanische Bevölkerung."
Unterschiedliche Konsequenzen
Die ersten Reaktionen von Autobauern auf die Zollpolitik der USA fielen unterschiedlich aus. Das mexikanische Medienhaus Milenio berichtet, der Automobilhersteller Stellantis habe nach der Ankündigung Trumps, Zölle auf importierte Autos zu erheben, beschlossen, die Produktion in zwei mexikanischen Werken, nämlich Saltillo Van und Toluca, erst einmal zu stoppen. Auch Nissan. so das mexikanische Nachrichtenportal Aristegui Noticias, lasse in zwei Werken in denen Nutzfahrzeuge produziert werden, erst einmal die Arbeit ruhen.
Dafür kam aus Schweden eine gute Nachricht: Volvo will die Investitionen für das Werk in Cienaga de Flores im Bundesstaat Nuevo Leon auf 700 Millionen US Dollar erhöhen, teilte Wirtschaftsminister Ebrard mit.