Mehr Rechte für albanische Bevölkerungsgruppe
16. November 2001Köln, 16.11.2001, DW-radio
Drei Monate nach Unterzeichnung des Friedensabkommens von Ohrid hat Mazedonien eine neue Verfassung bekommen, die der albanischen Minderheit mehr Rechte einräumt. Das mazedonische Parlament stimmte in der Nacht zu Freitag (16.11.) mit deutlicher Mehrheit 15 Änderungen in der Verfassung zu und setzte die Reform umgehend in Kraft. Albanisch ist nun zweite offizielle Landessprache; zudem wird die albanische Bevölkerungsminderheit künftig stärker in den Behörden vertreten sein. Die neue Verfassung garantiert außerdem die Minderheitenrechte und räumt den Albanern bei kulturellen Themen ein Vetorecht bei Abstimmungen im Parlament und auf kommunaler Ebene ein. In der lange umstrittenen Präambel werden die Albaner und andere in Mazedonien lebende Minderheiten jetzt ebenfalls als "Völker" bezeichnet.
Die Reform war lange heftig umstritten. Immer wieder hatte es Verzögerungen und Unterbrechungen der Parlamentsdebatte gegeben. Auch jetzt ist ein Problem noch ungeklärt: die geforderte Amnestie für UCK-Rebellen, die Präsident Boris Trajkovski zugesichert hatte.
Zudem waren am Sonntag (11.11.) erneut Kampfhandlungen zu verzeichnen: Drei mazedonische Polizisten wurden getötet, nachdem man versucht hatte, albanische Kämpfer in der Region um Tetovo zu verhaften. Daraufhin nahmen die albanischen Verbände 17 mazedonische Zivilisten als Geiseln, darunter Frauen und Kinder, die nach einer Verhandlungsmission des deutschen Generals Heinz-Georg Keerl jedoch wieder freigelassen wurden. Diplomaten in Skopje werteten diesen Vorfall als gezielte Aktion von slawisch-mazedonischer Seite, um eine Rechtfertigung für das Verzögern der Verfassungsänderungen vorschieben zu können. Um so mehr überrascht nun das positive Votum des Parlaments.
Die militärische Lage um Tetovo bleibt indes weiter angespannt: Panzer, die vor kurzem noch im Militärlager Erebino unter Planen abgedeckt waren, strecken nun ihre Kanonen in Richtung albanischer Dörfer. In der Nacht zum Freitag (16.11.) waren in Tetovo wieder Schüsse zu hören. Dabei ist allerdings nicht auszuschließen, dass es sich dabei um Schüsse handelt, die die paramilitärischen Gruppierungen des mazedonischen Innenministeriums, die "Scorpions", in die Luft feuerten.
Für die Verfassungsänderungen stimmten 94 der 108 anwesenden Abgeordneten im Parlament, 14 Abgeordnete dagegen. Die Überarbeitung der Verfassung war einer der wichtigsten Punkte des Friedensabkommens von Ohrid, das am 13. August nach westlicher Vermittlung zwischen den mazedonischen Konfliktparteien unterzeichnet worden war. Der Albanerführer Arben Xhaferi begrüßte die Reformen. Parlamentspräsident Stojan Andov rief das Parlament auf, die neue Verfassung sofort in Kraft zu setzen. (fp)