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Mazedoniens Regierungschef Kostov zurückgetreten

16. November 2004

- Grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten zwischen den Koalitionsparteien

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Bonn, 15.11.2004, DW-RADIO / Albanisch, Adelheid Feilcke-Tiemann

Am Montag (15.11.) ist der mazedonische Premierminister Hari Kostov überraschend zurückgetreten. Bei der Pressekonferenz begründete er dies mit mangelnder Teamarbeit zwischen den mazedonischen und albanischen Regierungspartnern und kritisierte dabei den mazedonischen Koalitionspartner BDI stark. Ein Bericht von Adelheid Feilcke-Tiemann:

Es ist gerade eine Woche her, dass die Regierungskoalition in Skopje neuen Aufwind erhalten hat, nachdem ein Referendum gegen die geplante Gemeindereform gescheitert war. Da steht die nächste Regierungskrise ins Haus: Am Montag hat Regierungschef Hari Kostov seinen Rücktritt erklärt. Als Grund für diesen Schritt nannte er bei einer Pressekonferenz die grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Koalitionsparteien. Ohne die BDI (Demokratische Vereinigung für Demokratie) beim Namen zu nennen, erhob er schwere Vorwürfe gegen den albanischen Juniorpartner in der multiethnischen Regierungskoalition:

"In der Regierung gibt es keine vollständige Gemeinsamkeit und praktische Teamarbeit für die Realisierung der strategischen Ziele Mazedoniens. Im Gegenteil: einer der Koalitionspartner versteht die Teilnahme an der Regierung trotz der wohlklingenden Verlautbarungen nur als Mittel für die partielle Realisierung des Ohrider Rahmenvertrags und setzt sich nur für die Einstellung von Beamten einer der ethnischen Gemeinschaften ein (...) Dieser Koalitionspartner unterstützt nationale und enge parteiliche Interessen inklusive der Vetternwirtschaft und Korruption."

Kostov war nur sechs Monate Premier der kleinen Balkanrepublik. Der parteilose Politiker hatte das Amt im Frühjahr übertragen bekommen, nachdem Branko Crvenkovski, bisheriger Premierminister, durch den tragischen Flugzeugabsturz Boris Trajkovskis zum Staatspräsident gewählt wurde. Kostov gilt als Vertrauter Crvenkovskis. Die Mandatierung des Bankers wurde immer als "technische Lösung" bewertet. Er agierte ohne großen Rückhalt in der Regierungspartei. Insofern wurde schon längere Zeit über eine Ablösung spekuliert, der heutige Rücktritt kam aber doch unerwartet. Kostov selbst verband am Montag mit diesem Schritt auch ein positives Signal, wohl nicht nur an den Koalitionspartner BDI, sondern auch an die Sozialdemokraten gerichtet:

"Ich hoffe, dass mein Rücktritt eine mobilisierende Wirkung haben wird auf die Koalitionspartner in der Regierung. Sie sollen nicht nur die Zusammenarbeit immer wieder deklarieren, sondern auch in der essentiellen und praktischen Zusammenarbeit ausdrücken. Das Ziel ist die Verwirklichung der strategischen Ziele der Republik Mazedoniens."

Diese Ziele: Erfüllung des Ohrider Abkommens und eine Beschleunigung der euro-atlantischen Integration. Für beide Ziele braucht das Land eine handlungsfähige Regierung. Diese wird aller Voraussicht nach einer Fortsetzung der derzeitigen Regierungskoalition aus SDSM und BDI unter Mitwirkung der Liberalen (DPL) sein, aber mit einem neuen Premier. Schon hat sich in Skopje das Personalkarussell zu drehen begonnen: Gute Chancen für die Nachfolge Kostovs werden der derzeitigen Europaministerin Sekerinska und Verteidigungsminister Vlado Buckovski eingeräumt.

Nachdem der Premier am Montag beim Parlamentspräsidenten Ljupco Jordanovski das Rücktrittsgesuch eingereicht hat, wird das Parlament am Donnerstag (18.11.) zusammentreten und den Rücktritt aller Voraussicht nach annehmen. Spätestens in zehn Tagen wird dann beim Parteikongress der Sozialdemokratischen Union (SDSM) ein neuer Parteipräsident gewählt werden, den dann Präsident Branko Crvenkovski mit der Regierungsbildung beauftragen wird. (fp)