Mazedonien: Jetzt droht auch Ex-Premierminister Georgievski eine Anklage
10. Mai 2004Skopje, 10.5.2004, DNEVNIK, mazed.
Auch dem ehemaligen mazedonischen Ministerpräsidenten Ljubco Georgievski droht wegen "Rastanski lozja" eine Anklage, weil er als damaliger Regierungschef über die Aktion der getöteten Ausländer (sechs Pakistanis und ein Inder – MD) informiert gewesen sein soll. Das gleiche "Schicksal" droht auch seinem damaligen Generalstaatsanwalt Stavre Dzikov, weil er in dem Fall kein Ermittlungsverfahren eingeleitet hat, obwohl er über die Details informiert gewesen ist, meldet die Tageszeitung "Dnevnik" unter Berufung auf die Ermittlungsorgane.
Stavre Dzikov ist einer der Verteidiger, den der ehemalige Innenminister Ljube Boskovski engagierte, als bekannt wurde, dass das mazedonische Parlament grünes Licht für seine Festnahme gab. Der neue Generalstaatsanwalt Aleksandar Prcevski gab auch bekannt, dass er nach Beginn des Prozesses gegen Boskovski die Entziehung des Verteidiger-Mandats Dzikovs beantragen wird, weil dieser während der Aktion Generalstaatsanwalt gewesen ist.
Nachdem Ex-Innenminister Boskovski nach Kroatien flüchtete, gab es in Mazedonien verbreitet Spekulationen darüber, dass absichtlich zugelassen wurde, dass er nach Kroatien geht, um eines Tages als Kronzeuge beim Prozess gegen Ex-Premier Georgievski zu erscheinen. Zwischen den mazedonischen Behörden und Boskovski gab es angeblich eine Vereinbarung, ihm freies Geleit nach Kroatien zu gewähren. Die Auslieferung nach Mazedonien ist ausgeschlossen, weil er auch die kroatische Staatbürgerschaft besitzt. Er kann in Kroatien mit einer niedrigeren Strafe rechnen, falls es dort zu einem Prozess käme. In Mazedonien droht ihm lebenslänglich, weil er dort unter Mordverdacht aus niedrigen Beweggründen steht.
Die Staatsanwaltschaft in Skopje teilte mit, nachdem bekannt wurde, dass Boskovski sich nach Kroatien abgesetzt hat, werde sie die komplette Ermittlung den kroatischen Behörden übergeben.
Die Spekulationen werden auch durch die unterschiedlichen Darstellungen der Flucht seitens der mazedonischen Polizei und des kroatischen Anwalts von Boskovski angeheizt. Die Polizei behauptet, Boskovski sei geflüchtet und habe die Grenze illegal passiert, während sein Anwalt sagt, er habe die Grenze zwischen Mazedonien und Serbien und Montenegro über einen legalen Grenz-Kontrollpunkt überquert und dabei die diensthabenden Grenzbeamten begrüßt. Boskovskis Verteidigerin in Mazedonien, Jagnula Kunovska, verbreitet eine andere Version: Boskovski sei von der Polizei von Zuhause abgeholt und mit Hilfe der amerikanischen Botschaft über die Grenze gebracht worden.
Der mazedonische Innenminister Hari Kostov hatte mitgeteilt, er sei für die Flucht Boskovski nicht verantwortlich, weil der Ex-Innenminister das Land am vergangenen Samstag verlassen habe. Der zuständige Ermittlungsrichter hatte bis zum genannten Tag noch keinen Haftbefehl erlassen. (...) (fp)