Mazedonien: Etwa 500 000 Menschen leben von 2,50 Euro am Tag
18. November 2003Skopje, 17.11.2003, UTRINSKI VESNIK, mazed.
Mazedonien ist prozentual bei der Zahl der Armen und Erwerblosen führend in Europa. Die Armutsrate ist auch in diesem Jahr hoch. Anfang der 90-er Jahre betrug sie zwei Prozent, 1997, als die ersten echten Untersuchungen gemacht wurden, lag sie bei 19,1 Prozent; 1998 betrug die Armutsrate 20,7 Prozent, 1999 21 Prozent und in den letzten veröffentlichten Ergebnissen für das Jahr 2001 sogar 24,6 Prozent, was besorgniserregend ist. Jeder vierte Einwohner des Landes ist nach diesen Kriterien arm. Mazedonien ist von allen anderen ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken mit einem Durchschnittsmonatslohn von etwa 190 € nur vor Serbien, wo die Löhne um etwa drei Euro niedriger sind.
Mit Hilfe der Weltbank wurden Strategien gegen die Armut und die Arbeitslosigkeit erarbeitet, leider ohne erkennbare Ergebnisse in der alltäglichen Praxis. Die Probleme blieben und wurden sogar verschärft. Wirtschaftsexperten sagen, vorher müsste politische Stabilität erreicht werden, damit die Wirtschaft wiederbelebt werden könne. Die Strategie zur Armutsverringerung will zunächst das Bildungssystem umkrempeln, weil die Armen vorwiegend aus Schichten ohne Bildung stammen. "Die mazedonische Regierung und das Finanzministerium haben diese notwendige Strategie einfach vergessen. Letztes Jahr im Dezember gab es zur Armut nur eine Konferenz. Die Regierung hat sich damals verpflichtet, die Strategie zur Armutsverringerung in die Tat umzusetzen - leider nur Lippenbekenntnisse. "Der Premierminister hat in seiner Regierungserklärung anlässlich der einjährigen Arbeit die Armut nicht mal erwähnt, obwohl seine Regierung die vorherige Regierung gerade auf diesem Gebiet scharf kritisiert und die Bekämpfung der Armut als Priorität der zukünftigen Arbeit bezeichnet hatte", sagte ein Wirtschaftsprofessor.
Die Experten erwarten in Anbetracht fehlender Daten über die Armutsrate sogar eine rapide Erhöhung der Zahl der Bedürftigen. Die Zahl der Erwerbslosen hat sich allein in einem Jahr um etwa 10 000 erhöht und die Zahl von 380 000 erreicht; etwa 70 000 Familien erhalten Sozialhilfe. Mazedonien ist demnach führend in Europa, was auch die Weltbank in ihrer Studie über die Reformen in Südosteuropa bestätigt hat. Die Arbeitslosigkeit in Mazedonien ist nach Angaben des UN-Entwicklungsprogramms UNDP sogar noch höher, sie beträgt 34,6 Prozent. Etwa 500 000 Menschen leben von 150 Denar (etwa 2,5 Euro – MD) am Tag.
Die Weltbank hat im Rahmen ihrer dreijährigen Strategie, die in diesen Tagen veröffentlicht wurde, berechnet, dass Mazedonien für die Belebung des Unternehmertums umgerechnet 165 Millionen Dollar braucht. (fp)