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PolitikSerbien

Massive Kritik an Serbien nach Ausweisung von NGO-Vertretern

24. Januar 2025

Zwischen Serbien und Kroatien gibt es einen diplomatischen Streit über die Ausweisung mehrerer junger EU-Ausländer aus Serbien. Auch die EU-Kommission zeigt sich besorgt.

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Die Gebäude der Belgrader Innenstadt sind in Nebel gehüllt
Die Belgrader Innenstadt - Serbiens Behörden haben vorübergehend 13 junge Vertreter von Nichtregierungsorganisationen festgenommen, die sich in der Hauptstadt für einen Workshop getroffen hatten (Archivbild)Bild: Darko Vojinovic/AP/dpa/picture alliance

Serbiens Polizei hat mehrere Ausländer aus EU-Staaten, unter ihnen fünf Kroatinnen und Kroaten, festgenommen, verhört und des Landes verwiesen. Bei den jungen Leuten, unter ihnen auch ein rumänischer sowie irische Staatsbürger, handelte es sich um Teilnehmer eines Workshops der "NGO Academy", eines Fortbildungsangebots der österreichischen "Erste Stiftung" und der Wiener Wirtschaftsuniversität für Führungskräfte der Zivilgesellschaft in Mittel- und Osteuropa. 

Betroffen seien insgesamt 13 Bürger aus 9 Ländern, berichtete die "Erste Stiftung". Die serbischen Behörden äußerten sich nicht dazu. Die Außenminister Kroatiens und Rumäniens missbilligten den Vorfall und verlangten Erklärungen aus Belgrad. Auch die EU-Kommission zeigte sich laut Medienberichten besorgt über die Festnahme "friedlicher" Aktivisten.

Seit 2013 arbeitet die Stiftung regelmäßig in Belgrad

Nach Schilderungen der kroatischen Betroffenen saß die Gruppe nach Abschluss des zweitägigen Workshops über die nachhaltige Finanzierung von Zivilorganisationen an der Bar ihres Belgrader Hotels. Plötzlich seien Polizisten in Zivil aufgetaucht, die sie festnahmen und auf eine Polizeiwache brachten. Dort seien sie verhört und die ganze Nacht festgehalten worden. Schließlich habe man ihnen beschieden, dass sie das Land innerhalb von 24 Stunden zu verlassen hätten. Als Grund habe die Behörde lediglich angegeben: "Gefährdung der Sicherheit Serbiens und seiner Bürger". 

Kroatiens Außenminister Gordan Grlic Radman
Kroatiens Außenminister Gordan Grlic Radman sandte eine Protestnote seines Ministeriums nach BelgradBild: Henry Nicholls/empics/picture alliance

Eine Sprecherin der "Erste Stiftung" zeigte sich gegenüber der Nachrichtenagentur dpa bestürzt. "Für uns ist das schlicht unerklärlich", fügte sie hinzu. "Dieser Vorfall ist äußerst besorgniserregend". Die "NGO Academy" werde an vielen Orten in Mittel- und Osteuropa abgehalten, seit 2013 regelmäßig auch in Belgrad. Die "Erste Stiftung" hält Anteile an der österreichischen Großbank Erste Group und finanziert mit der Dividende ihre Aktivitäten.

Kroatien rät seinen Bürgern von Reisen nach Serbien ab

Die Ausweisung der Kroatinnen und Kroatien belastet das angespannte Verhältnis zwischen Serbien und seinem westlichen EU-Nachbarn zusätzlich. Der kroatische Außenminister Gordan Grlic Radman sandte eine Protestnote seines Ministeriums nach Belgrad, wie kroatische Medien berichteten. Überdies werde er die EU-Kommission und die polnische Ratspräsidentschaft über die "demütigende Behandlung kroatischer Staatsbürger" durch die serbischen Behörden informieren, kündigte er an. 

Proteste in der serbischen Hauptstadt Belgrad, zahlteiche Menschen schwenken Fahnen und halten Schilder
Seit dem Einsturz eines Bahnhofsdachs in Novi Sad im November finden in Serbien regelmäßig Demonstrationen gegen die Regierung statt, hier in Belgrad Bild: Andrej Isakovic/AFP

Kroatien hat zudem seinen Bürgern von nicht unbedingt notwendigen Reisen nach Serbien abgeraten. "Es wird empfohlen, nicht unbedingt notwendige Reisen zu verschieben, Vorsichtsmaßnahmen zu treffen und die aktuelle Situation zu verfolgen", schrieb das kroatische Außenministerium auf seiner Website. Das Ministerium erklärte weiter, es habe "unangemessene und unbegründete Handlungen serbischer Behörden gegenüber kroatischen Staatsangehörigen" gegeben.

Menschen in Serbien zu Generalstreik aufgerufen 

In Serbien regiert der weitgehend Russland-freundliche Präsident Aleksandar Vucic zunehmend autokratisch. In der Vergangenheit richteten sich Repressionen wie Einreiseverbote und Landesverweise vor allem gegen russische Kriegsgegner und Aktivisten, die nach Serbien geflohen sind. Dass mehrere EU-Bürger auf einen Schlag des Landes verwiesen wurden, ist bisher ohne Beispiel.

Serbien: Landesweite Proteste der Studierenden

Die Führung in Belgrad zeigt sich derzeit nervös, weil sie mit einer von Studenten getragenen massiven Protestwelle konfrontiert ist. Ausgelöst hatte sie der Einsturz eines Bahnhofsvordachs in der nördlichen Stadt Novi Sad mit 15 Toten, dessen Ursache der Inkompetenz und Korruptionsanfälligkeit der Regierung zugeschrieben wird. An diesem Freitag sind die Menschen in Serbien zu einem Generalstreik aufgerufen. Die Anführer der Studentenproteste fordern die Bürger für den Tag zu "allgemeinem zivilen Ungehorsam" auf, indem sie nicht zur Arbeit, zum Einkaufen oder ins Restaurant gehen. Zuvor hatten vereinzelte Gewerkschaften und Berufsverbände bereits Streiks angekündigt.

pg/sti (dpa, afp, kna)

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