Massenentlassungen bei der "Stimme Amerikas"
21. Juni 2025Die für die US-Auslandssender zuständige Behörde muss Entlassungen im großen Stil vornehmen. Kari Lake, die von Präsident Donald Trump eingesetzte Sonderberaterin der US Agency for Global Media (USAGM), schrieb im Kurznachrichtendienst X, 639 Beschäftigte hätten die Kündigung erhalten. Seit März sei die USAGM-Belegschaft bereits um 85 Prozent reduziert worden. Der Behörde unterstehen Voice of America (VOA), Middle East Broadcasting, Radio Free Asia, Radio Free Europe/Radio Liberty und das Office of Cuba Broadcasting.
Wie die Tagezeitung "New York Times" berichtet, treffen die Einschnitte VOA am stärksten. Dem Sender, der über Jahrzehnte hinweg weltweit über Kurzwelle zu empfangen war - also auch hinter dem sogenannten Eisernen Vorhang in den Ostblockstaaten - blieben weniger als 200 feste Mitarbeiter, etwa ein Siebentel der Belegschaft von Anfang 2025.
Sonderberaterin: "Aus dem Ruder gelaufene Bürokratie"
Lake bezeichnete die Entlassungen als notwendigen Schritt bei Trumps Vorhaben, die "aus dem Ruder gelaufene Bürokratie" abzubauen. Sie kündigte an, dem Kongress in der kommenden Woche Details vorzulegen über vermeintliche Verschwendung, Missmanagement und Korruption. Die Behörde werde aber weiterhin die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllen. Die Sonderberaterin erklärte, sie wolle die verkleinerte USAGM auf eine Linie mit der auswärtigen Politik unter Trump bringen.
Im Gesetz für die Auslandsmedien heißt es, die Sendungen der VOA müssten "die Achtung vor den Menschenrechten, einschließlich der Religionsfreiheit", fördern und "eine ausgewogene und umfassende Darstellung des Denkens und der Institutionen der Vereinigten Staaten" bieten, die "die Vielfalt der Kultur und Gesellschaft" des Landes widerspiegele. VOA soll demnach "Amerika repräsentieren, nicht ein einzelnes Segment der amerikanischen Gesellschaft", und "ein ausgewogenes und umfassendes Bild des amerikanischen Denkens und der amerikanischen Institutionen" vermitteln.
Trump: "Anti-amerikanische Propaganda"
Trump und weitere Republikaner werfen Voice of America ebenso wie anderen öffentlich finanzierten US-Sendern vor, anti-amerikanische Propaganda zu verbreiten. Die Programme seien Konservativen gegenüber zu negativ eingestellt und verbreiteten vorwiegend linke Ideen, sagen Kritiker.
Der Sender wurde 1942, also während des Zweiten Weltkriegs, als Gegengewicht zur Propaganda der Nationalsozialisten gegründet. Bis heute soll Voice of America Menschen in Regionen ohne freie Medien unabhängig informieren. Der USAGM-Website zufolge erreichen die Teilorganisationen der Behörde, also die verschiedenen Medien zusammen, wöchentlich 427 Millionen Menschen aus aller Welt. Allein auf Voice of America entfallen nach eigenen Angaben geschätzte 326 Millionen Nutzer pro Woche; Angebote des Senders werden in mehr als 40 Sprachen verbreitet.
Senatorin Shaheen: "Düsterer Tag für die Wahrheit"
Medienverbände protestierten gegen die Maßnahmen. Die demokratische Senatorin Jeanne Shaheen, die ihre Partei im Auswärtigen Ausschuss vertritt, erklärte auf X: "Dies ist ein düsterer Tag für die Wahrheit." VOA-Direktor Michael Abramowitz sagte im Rundfunksender NPR, durch die vorgesehenen Kürzungen werde der Sender seinen gesetzlichen Auftrag nicht länger erfüllen können, "objektive Nachrichten in abgeschottete Gesellschaften und an andere Orte auf der Welt zu liefern". Abramowitz selbst ist gegenwärtig beurlaubt.
Mehrere VOA-Mitarbeiter kündigten eine Klage gegen die Kürzungen an. "Moskau, Peking, Teheran und extremistische Gruppen überschwemmen den Informationsraum mit anti-amerikanischer Propaganda", schreiben sie in einem Statement. In diesem Umfeld dürfe man nicht "Amerikas Stimme zum Schweigen bringen".
jj/se (afp, rtr, epd)