Mailand: Kulturtourismus in Corona-Zeiten
Im März gingen die Bilder des Corona-Ausbruchs in Norditalien um die Welt. Im Pandemie-Sommer 2020 haben Besucher die weltbekannten Kulturstätten Mailands fast für sich allein.
Nur mit Temperaturmessung in den Dom
Vor der Corona-Pandemie besuchten etwa 10.000 Menschen den Mailänder Dom - pro Tag. Heute ist der Andrang eher übersichtlich. Und vor dem Einlass geht's erstmal zum Fiebermessen. Mit erhöhter Temperatur muss man draußen bleiben.
Dom-Führung mit viel Platz und AHA-Effekt
Ohne Abstand, Hygiene und Atemmaske (AHA) geht nichts im Mailänder Dom. Die Besuchergruppen sind klein, mehr als ein paar Dutzend Besucher gleichzeitig sind in der riesigen spätgotischen Kathedrale in diesem Corona-Sommer nicht zu sehen. Dabei bietet das 157 Meter hohe und 109 Meter breite Bauwerk Platz für 40.000 (stehende) Menschen. So viele Einwohner hatte Mailand im 14. Jahrhundert.
Mailands Prachtmeile im Pandemie-Modus
Die Galleria Vittorio Emanuele II gehört zu den Wahrzeichen der Stadt. Sie verbindet die Piazza del Duomo mit dem Platz vor der Mailänder Oper, der Scala. Selbst im Pandemie-Sommer 2020 ist die Einkaufspassage aus dem 19. Jahrhundert gut besucht. Aber nur wenige Menschen sitzen dort in den Cafés oder shoppen in den Edel-Boutiquen. Vor allem die kaufkräftigen Touristen aus Asien und den USA fehlen.
Besucherschwund trotz Gratis-Eintritt
Nur wenige hundert Meter vom Dom entfernt wartet Mailands berühmtestes Museum, die Pinacoteca Brera, vergeblich auf Besucher. Nach der monatelangen Pause während des Lockdowns im Frühjahr ist jetzt der Eintritt bis auf weiteres frei. Trotzdem haben nur wenige Besucher Lust auf Kulturgenuss in geschlossenen Räumen.
Exklusives Sightseeing dank Corona
Statt mit mehr als 25 anderen Kultur-Fans kommt zu viert ein wahres VIP-Gefühl auf. Über kleine Gruppen kann sich Reiseführerin Maria Enrica allerdings nicht freuen. "Ich habe seit März 90 Prozent weniger verdient", sagt die Mailänderin. "Zum Glück geht es aber jetzt wieder langsam los." Vor Corona betreute ihr Unternehmen täglich mindestens drei große Reisegruppen.
Leonardo - endlich auch für Mailänder
"Wir wollen schon seit vielen Jahren unseren Leonardo sehen", sagen Barbara und Fabrizio. "Da hat die Corona-Krise wenigstens etwas positives für uns: Endlich haben auch wir Mailänder die Chance, ohne monatelange Wartelisten das Meisterwerk zu sehen." Neben der Mona Lisa im Pariser Louvre gilt Leonardos Abendmahl-Fresko in der Kirche Santa Maria delle Grazie als sein wichtigstes Werk.
Thermoscan vor dem Letzten Abendmahl
Nur Besucher ohne erhöhte Körpertemperatur haben derzeit Zutritt zur wohl bekanntesten Mailander Weltkulturerbestätte. Pro Tag kommen etwa 1000 Besucher in die ehemalige Klosterkirche Santa Maria delle Grazie am Rand der Mailänder Altstadt. Viel weniger sind es auch in Pandemie-Zeiten nicht - nur kommt man jetzt etwas schneller an die Tickets.
Viel Raum für Leonardos Meisterwerk
Für genau 15 Minuten pro Besuchergruppe öffnet sich dann das Allerheilgste der italienischen Renaissance-Malerei. Hier, im früheren Refektorium, dem Speisesaal der Mönche, hat Leonrado da Vinci sein Abendmahl vor rund 500 Jahren erschaffen. Wer sich setzen will, muss Abstand halten, die gelben Punkte auf den Bänken sind nicht zu übersehen. Aber kaum einen Besucher hält es auf den Sitzen.
Menschenleere Straßen - nicht nur in Mailand
Mailand sorgt zusammen mit Rom, Venedig, Florenz und Turin für rund ein Drittel aller italienischen Tourismus-Einnahmen. Allein in diesem Jahr, so schätzen Experten, kommen 34 Millionen ausländische Besucher weniger ins Land. Schon jetzt fehlen Mailand rund vier Millionen Touristen, bis Jahresende könnten es noch mehr sein.
"Ich bleibe Optimist"
Michele hat vor vier Jahren seine Eisdiele "Fatto con Amore" in der Mailänder Altstadt aufgemacht. "So ein Jahr habe ich noch nicht erlebt", sagt der Gelateria-Chef. "Aber langsam wird es besser, wenigstens die deutschen und Schweizer Touristen kommen zurück. Also, ich bin und bleibe trotz allem optimistisch."
Mailänder unter sich am Naviglio Grande
Eines lassen sich die Mailänder auch in der Corona-Pandemie nicht nehmen: ihren Aperitivo. Am Naviglio Grande, dem bekanntesten der alten Kanäle der Stadt, scheinen sie Corona zu vergessen. Die Restaurants und Bars sind gerammelt voll. Wer hier den Mindestabstand von einem Meter einfordert, der offiziell in Italien gilt, hat eher schlechte Karten.