Lösen Trumps Zölle einen globalen Handelskrieg aus?
3. April 2025Wie erwartet hat US-Präsident Donald Trump am Mittwoch (2.4.) ein neues Paket drastischer Importzölle angekündigt. Die Maßnahmen treffen nicht nur geopolitische Rivalen wie China, sondern auch langjährige Partnerländer wie Japan – und weiten sich nun auf nahezu alle Handelspartner der USA aus.
Bei einer aufwendig inszenierten Zeremonie im Rosengarten des Weißen Hauses erklärte Trump, dieser Tag werde "für immer als der Tag in die Geschichte eingehen, an dem die amerikanische Industrie wiedergeboren wurde". Die neuen Zölle, so der Präsident weiter, würden Billionen Dollar in die Staatskasse spülen – zur Steuersenkung und Schuldentilgung.
Was genau hat Trump angekündigt?
Zentraler Bestandteil des Pakets ist ein genereller Basistarif von zehn Prozent auf nahezu alle Importwaren - unabhängig vom Ursprungsland. Zusätzlich sollen sogenannte "reziproke” Zölle (gegenseitige Zölle) für Importe aus Dutzenden Staaten eingeführt werden.
Die Europäische Union soll künftig mit einem pauschalen Satz von 20 Prozent belegt werden. Für einzelne Länder gelten noch höhere Tarife: China (34 Prozent), Japan (24 Prozent), Vietnam (46 Prozent), Südkorea (26 Prozent), Taiwan (32 Prozent), Schweiz (32 Prozent), Israel (17 Prozent) und Indien (27 Prozent).
Russland und die Ukraine sind von der Liste reziproker Zölle ausgenommen. Ausnahmen gelten auch für bestimmte Medizinprodukte, Halbleiter, Pharmazeutika sowie Gold.
Der Basistarif von zehn Prozent tritt am 5. April in Kraft, die höheren Ländersätze folgen am 9. April. Zeit für Verhandlungen bleibt damit kaum. Die Maßnahmen kommen zu bereits bestehenden US-Zöllen auf chinesische Waren sowie auf Stahl, Aluminium und Automobile hinzu.
Wie reagieren die US-Amerikaner auf die Ankündigung?
US-Industrievertreter und Ökonomen reagierten prompt - und alarmiert. "Viele US-Hersteller arbeiten ohnehin mit geringen Margen", erklärte Jay Timmons, Präsident des Industrieverbandes National Association of Manufacturers. "Die hohen Kosten neuer Zölle bedrohen Investitionen, Arbeitsplätze, Lieferketten und damit die Wettbewerbsfähigkeit der USA als führende Industrienation."
Gary Shapiro, Chef des Verbands der Unterhaltungselektronikbranche, äußerte sich ähnlich bestürzt. "Die umfassenden globalen und reziproken Zölle von Präsident Trump sind massive Steuererhöhungen für Amerikaner, die die Inflation antreiben, Arbeitsplätze in der Wirtschaft vernichten und eine Rezession für die US-Wirtschaft verursachen könnten", sagte Shapiro in einer Erklärung. "Diese Zölle werden die Verbraucherpreise in die Höhe treiben und unsere Handelspartner zu Vergeltungsmaßnahmen zwingen."
Auch der frühere US-Finanzminister Lawrence Summers warnte vor einem "Schock für die Wirtschaft", höheren Preisen und eine steigenden Arbeitslosigkeit.
Internationale Reaktionen: Sorge vor Eskalation
Die neuen Zölle kommen zu einer Zeit, in der Präsident Trump grundlegende Regeln des Welthandels infrage stellt - und zugleich offen über die Annexion Kanadas, Grönlands sowie die Übernahme des Panamakanals spricht.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warnte vor Unsicherheit, Lieferkettenchaos, Bürokratie – und höheren Supermarktpreisen. "Es scheint keine Ordnung im Chaos zu geben", sagte die Politikerin. Erste Gegenmaßnahmen auf die Stahlzölle seien bereits in Vorbereitung, weitere würden folgen, falls Verhandlungen scheiterten.
Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni äußerte sich zurückhaltender. Auf Facebook schrieb die Regierungschefin: "Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um auf eine Einigung mit den Vereinigten Staaten hinzuarbeiten, mit dem Ziel, einen Handelskrieg zu vermeiden, der den Westen unweigerlich zugunsten anderer globaler Akteure schwächen würde."
Wie reagieren die Investoren auf die Zölle?
"Insgesamt verstärken die Umfang und Höhe der Zölle den Eindruck, dass die neue US-Regierung auf eine radikale Neuausrichtung ihrer Handelspolitik drängt", analysiert Jim Reid, Stratege bei der Deutschen Bank, in einer Mitteilung an Investoren. Allerdings gebe es "wenig Anlass zur Hoffnung, dass dahinter ein durchdachter strategischer Umsetzungsplan steht".
Die neuen durchschnittlichen Zölle auf US-Importe liegen laut Reid "klar am oberen Ende der schlimmsten Erwartungen" und könnten das US-Wirtschaftswachstum in diesem Jahr um etwa 1 bis 1,5 Prozent verringern. Für China bedeutet der neue Zollsatz von 34 Prozent, dass er zusätzlich zu bereits bestehenden Zöllen erhoben wird – das heißt, chinesische Waren werden insgesamt mit Zöllen von 54 Prozent belegt.
Auch Neil Shearing, Chefökonom der Beratungsfirma Capital Economics, bestätigte: Die neuen reziproken Zölle fielen höher aus als erwartet.
Kanada und Mexiko kamen glimpflich davon - für sie gelten zwar 25 Prozent, jedoch nur auf Produkte, die nicht unter das Handelsabkommen USMCA (USA-Mexiko-Kanada-Abkommen) fallen. "Weitere Gewinner sind Australien, Brasilien und das Vereinigte Königreich, die lediglich mit dem Mindestzollsatz von zehn Prozent belegt werden", so Shearing. "Insgesamt sind China und andere asiatische Länder vergleichsweise stark betroffen."
Was bedeutet das Zollpaket für Verbraucher?
Derzeit ist kaum absehbar, welche langfristigen Auswirkungen die neuen US-Zölle auf die Vereinigten Staaten und ihre Handelspartner haben werden. Die meisten Beobachter sind sich jedoch einig: Das Wirtschaftswachstum wird sich verlangsamen. Echte Gewinner wird es kaum geben. Manche Nebenwirkungen dieser Politik dürften sich womöglich erst nach Jahren beziffern lassen.
Sollten die USA sich dauerhaft aus etablierten Handelsstrukturen zurückziehen oder als weniger verlässlicher Partner gelten, könnten sich neue politische und wirtschaftliche Allianzen formen.
Kanada etwa orientiert sich bereits stärker an der Europäischen Union. Auch die EU oder Mexiko könnten sich künftig enger an China anlehnen. Japan, Südkorea und China kündigten kürzlich an, ihre wirtschaftspolitischen Positionen künftig besser zu koordinieren.
Kurzfristig werden vor allem US-Verbraucher die Konsequenzen zu spüren bekommen: Importierte Waren dürften spürbar teurer werden. Besonders betroffen sind Haushalte mit niedrigem Einkommen, da sie einen größeren Teil ihres Budgets für Grundbedarfsgüter ausgeben. Die steigenden Preise könnten die Inflation zusätzlich anheizen.
Zudem ist mit Gegenmaßnahmen zu rechnen: Länder, die von den neuen US-Zöllen getroffen werden, dürften mit eigenen Abgaben auf amerikanische Produkte reagieren. Wie weit sie dabei gehen, hängt vom politischen Durchhaltevermögen ab - doch eine Spirale aus Zöllen und Gegenzöllen könnte schnell in einen umfassenden Handelskrieg münden.
Dieser Beitrag wurde aus dem Englischen adaptiert.