Libanon: "Klarer Bruch" der Waffenruhe durch Israel
1. April 2025Israels Streitkräfte haben nach eigenen Angaben einen Luftangriff auf einen führenden Vertreter der proiranischen Hisbollah im Libanon ausgeführt. Der Angriff in einem Vorort der Hauptstadt Beirut habe einem "Terroristen" der Miliz gegolten, teilten das israelische Militär und der Inlandsgeheimdienst Schin Bet mit. Nach libanesischer Darstellung wurden bei dem Angriff mindestens drei Menschen getötet, mehrere erlitten Verletzungen.
Den Namen der Zielperson nannte Israels Armee nicht. Sie teilte aber mit, der von ihr ins Visier genommene Hisbollah-Funktionär habe kürzlich Kämpfer der islamistischen Hamas "angeleitet und ihnen bei der Planung eines schwerwiegenden und unmittelbar bevorstehenden Terroranschlags gegen israelische Zivilisten geholfen". Das Militär habe "gehandelt, um ihn zu eliminieren und die Bedrohung zu beseitigen".
Es war der zweite israelische Angriff im Süden Beiruts binnen weniger Tage seit Inkrafttreten der Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah vor vier Monaten. Bereits am Freitag hatte die Luftwaffe Ziele im Süden Beiruts attackiert, nachdem vom Libanon aus Raketen in Richtung Israel abgefeuert worden waren. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte daraufhin erklärt: "Wir werden überall im Libanon angreifen, wenn der Staat Israel bedroht ist." Die Hisbollah bestritt, für den Raketenbeschuss verantwortlich zu sein.
"Recht auf volle Souveränität"
Libanons Präsident Joseph Aoun verurteilte den jüngsten israelischen Angriff und rief Verbündete seines Landes auf, "unser Recht auf volle Souveränität" zu unterstützen. Regierungschef Nawaf Salam bezeichnete die Attacke als "klaren Bruch" der Waffenruhe. Israel habe gegen die "Vereinbarungen zur Einstellung der Feindseligkeiten" verstoßen und die Resolution 1701 der Vereinten Nationen "eklatant" verletzt. Der Beschluss des UN-Sicherheitsrates, der 2006 den Krieg zwischen Israel und der Hisbollah beendete, diente als Grundlage für die Ende November ausgehandelte Waffenruhe.
Nach Beginn des Kriegs im Gazastreifen, also dem Palästinensergebiet am Mittelmeer, im Oktober 2023 hatte die Hisbollah mehr als ein Jahr lang verstärkt aus dem Südlibanon Raketen nach Israel gefeuert. Sie wollte damit nach eigenen Angaben die in Gaza herrschende Hamas unterstützen. Hamas und Hisbollah werden von Israel und etlichen anderen Staaten als Terrororganisationen betrachtet.
In der Folge der Raketenangriffe aus dem nördlichen Nachbarland flohen damals rund 60.000 Menschen aus dem Norden Israels. Nur ein kleiner Teil von ihnen ist seit dem Inkrafttreten der Waffenruhe zurückgekehrt. Auf der libanesischen Seite wurden rund eine Million Menschen durch die Kämpfe aus dem Süden des Landes vertrieben.
UNRWA: Panik nach Fluchtaufruf in Rafah
Derweil weitet Israel seine Angriffe im Süden des Gazastreifens aus. Die Bewohner der Stadt Rafah sowie benachbarter Orte sollten sich umgehend nach Al-Mawasi begeben, heißt es in einem in arabischer Sprache veröffentlichten Aufruf der israelischen Armee. Die "intensiven Einsätze" in den betroffenen Gegenden würden wieder aufgenommen, um gegen Terrororganisationen vorzugehen. Al-Mawasi war während des Israel-Hamas-Krieges als humanitäre Zone ausgewiesen worden.
Der Aufruf löste nach Angaben des Palästinenser-Hilfswerks der Vereinten Nation (UNRWA) Panik aus. "Die Menschen werden wie Flipperkugeln behandelt mit ständigen militärischen Befehlen", beklagte UNRWA-Chef Philippe Lazzarini. Es werde mit dem Schicksal und Leben der Menschen gespielt, teilte er mit. Das Küstengebiet sei "wie ein Käfig abgeriegelt" und werde "von allen Seiten bombardiert".
wa/AR/ch (afp, dpa, rtr)
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