Leiter der tadschikischen Anti-Drogen-Agentur verhaftet
11. August 2004Bonn, 9.8.2004, DW-RADIO / Russisch
Die Staatsanwaltschaft Tadschikistans hat die Verhaftung Gaffor Mirsojews, des Leiters der staatlichen Agentur für Drogenkontrolle, veranlasst. Der Sekretär des tadschikischen Sicherheitsrates, Amirkul Asimow, sagte am Montag (9.8.), Mirsojew sei wegen gesetzwidriger Betätigung verhaftet worden. Der Leiter der Agentur für Drogenkontrolle wird verdächtigt, illegal Waffen und Munition gelagert, sein Amt missbraucht und illegale Geschäfte getätigt zu haben, aber auch Steuern hinterzogen und sogar Morde verübt zu haben. Einzelheiten von unserer Korrespondentin Naris Sokirowa:
Die Generalstaatsanwaltschaft Tadschikistans hat die Verhaftung des Leiters der Agentur für Drogenkontrolle beim Präsidenten des Landes, Gaffor Mirsojew, veranlasst. Aus Kreisen der Generalstaatsanwaltschaft war ferner zu erfahren, dass in den vergangenen Tagen mehrere Verwandte Mirsojews festgenommen worden seien. In deren Häusern sei eine große Menge von Waffen sichergestellt worden.
Der tadschikische Generalstaatsanwalt Bobodschon Bobochonow sagte vor Journalisten, dass in den kommenden zehn Tagen gegen den Generalleutnant neue Vorwürfe erhoben würden.
Der General war am vergangenen Freitagmorgen (6.8.) in Duschanbe von Mitarbeitern der tadschikischen Generalstaatsanwaltschaft festgenommen worden.
Nach Angaben des Generalstaatsanwalts wird Mirsojew verdächtigt, einen Beamten ermordet, gesetzwidrig Waffen und Munition gelagert, illegale Geschäfte getätigt, Grund und Boden besetzt und andere Straftaten verübt zu haben. Außerdem sei festgestellt worden, dass Mirsojew als Kommandeur der tadschikischen Präsidentengarde fünf Hubschrauber gekauft habe, von denen sich einer bis heute auf afghanischem Territorium befinde.
Dem stellvertretenden tadschikischen Innenminister Machmadsaid Dschurakulow zufolge könnten mit den bei Mirsojew beschlagnahmten Waffen zwei ganze Regimenter ausgerüstet werden.
Gaffor Mirsojew stammt aus der selben Gegend wie Präsident Emomali Rachmonow. Experten sind der Ansicht, dass er viel dafür getan hat, dass der heutige Präsident an der Macht ist. In den vergangenen neun Jahren stand er der Präsidentengarde vor, im Januar dieses Jahres entließ ihn Präsident Rachmonow aber von diesem Posten. Schon fünf Tage später wurde Mirsojew nach Meinung von Beobachtern unter dem Druck seiner Anhänger von Präsident Rachmonow zum Leiter der Agentur für Drogenkontrolle ernannt, die von den Vereinten Nationen finanziert wird.
Experten rechneten von Anfang an damit, dass Mirsojew dieses Amt nicht lange behalten wird. Sie meinen, der Präsident "möge es nicht", wenn man ihn zwinge, seine Entscheidungen zu revidieren. Außerdem, so vermuten Experten, habe sich Präsident Rachmonow im Vorfeld der anstehenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen möglicherweise entschieden, entgültig mit den ehemaligen Verbündeten aus der Volksfront zu brechen, die ihn einst an die Macht gebracht hätten.
Nach Ansicht von Experten gibt es möglicherweise einen weiteren Grund für die Verhaftung Mirsojews. Vorwürfe gegen die tadschikische Führung, an Drogenschmuggel beteiligt zu sein, zwingen Präsident Rachmonow zu entschlossenen Maßnahmen. Experten schließen nicht aus, dass General Mirsojew möglicherweise am Schmuggel von Heroin aus Afghanistan nach Tadschikistan und weiter nach Europa beteiligt war.
Darüber hinaus ist General Mirsojew bei der tadschikischen Bevölkerung als der Besitzer des ersten Casinos in Tadschikistan bekannt. Seine Interesse beschränkten sich aber nicht nur darauf. Nach Angaben informierter Kreise kontrollierte Mirsojew über viele Jahre die größte zentralasiatische Aluminiumfabrik in Tursunsade.
Derzeit ist noch unbekannt, wie die offizielle Anklage der Generalstaatsanwaltschaft lauten wird. Jedenfalls wird der General die tadschikische Mannschaft zu den Olympischen Spielen nach Athen nicht begleiten können. Erst vor wenigen Tagen wurde er übrigens für weitere vier Jahre zum Präsidenten des Nationalen Olympischen Komitees des Landes gewählt.
Das offizielle Duschanbe erklärte, die Verhaftung Mirsojews werde auf die Friedensbemühungen in Tadschikistan keinen Einfluss haben. Der Führer der Partei der Islamischen Wiedergeburt Tadschikistans, Abdullo Nuri, sagte indes vor Journalisten, die Verhaftung Mirsojews sei ein Fehler des Präsidenten. Nuri meint, dass das Staatsoberhaupt damit das Vertrauen der meisten ehemaligen Feldkommandeure verloren habe - sowohl auf Seiten der Volksfront als auch auf Seiten der Vereinigten tadschikischen Opposition. (MO)