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Lara Schenk: Deutsche Pionierin in Kanadas Frauenfußball

Mathias Brück
13. August 2025

Während Thomas Müller erst jetzt nach Kanada wechselt, hat Lara Schenk dort bereits Geschichte geschrieben: Als erste deutsche Spielerin der neuen Northern Super League kämpft sie mit den Montreal Roses um Erfolge.

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Lara Schenk (l.) im Zweikampf mit einer Spielerin von Vancouver Rise
Lara Schenk (l.) ist die einzige deutsche Spielerin in Kanadas Frauenfußball-Liga NSLBild: Amy Elle/ZUMA/picture alliance

Auch im Spitzenspiel gegen den AFC Toronto stand Lara Schenk wieder in der Startelf der Montreal Roses. Die knappe 1:2-Niederlage konnte sie zwar nicht verhindern, dennoch hat sie sich mittlerweile als Stammkraft beim derzeitigen Tabellenzweiten etabliert. Geschichte geschrieben hat die 25-jährige Deutsche ohnehin bereits. Sie ist die erste und bisher einzige deutsche Fußballerin in der Premieren-Saison der kanadischen Profiliga Northern Super League (NSL). Für die Abwehrspielerin, die sich selbst als "beidfüßige und bissige Verteidigerin" beschreibt, ist der Schritt nach Kanada ein weiterer Meilenstein in ihrer ohnehin bemerkenswerten Karriere.

"Geschichte zu schreiben ist immer total einzigartig", sagt Schenk der DW. "Es macht mich sehr stolz, die erste deutsche Spielerin hier in der Liga und Teil der allerersten Saison zu sein. Mit dem Start einer neuen Liga in Kanada setzen wir jetzt endlich einen Meilenstein für Nordamerika, dass der Frauenfußball auch über die USA und Mexiko hinaus gefördert wird."

Vor ihrem Engagement bei den Montreal Roses war Schenk zuletzt für den spanischen Zweitligisten CD Sporting Club de Huelva aufgelaufen. Nun also der Sprung nach Nordamerika - und das nicht zum ersten Mal in ihrer Karriere. Als Schenk 2018 den Sprung über den Atlantik wagte, war es kein sportlicher Karriere-Schritt, sondern ein mutiger Neuanfang.

Studium in Harvard

Schenk packte ihre Sachen, ließ ihre vertraute Fußballwelt hinter sich und zog in die USA, um an der renommierten Harvard University zu studieren. Damit verzichtete die Verteidigerin allerdings auch auf eine große Chance im Fußball: Vor ihrem Umzug hatte sie für die B-Juniorinnen des damaligen Serienmeisters VfL Wolfsburg gespielt, der langfristige Weg in die erste Mannschaft war also keinesfalls Utopie. 25 Einsätze in den Nachwuchsteams des DFB, Talent, Disziplin - alles war da.

Aber Harvard lockte. Die Chance, an einer der besten Universitäten der Welt zu studieren, war für sie unwiderstehlich. Und auch dort konnte sie ihrer Leidenschaft folgen: Im College-Team jagte sie weiterhin dem Ball nach. "Ich habe damals ein Vorbild in Laura Freigang gesehen, die als Jugendnationalspielerin in die USA ans College gegangen ist. Ich bin ihr gefolgt", sagt Schenk. "Ich hoffe, dass ich genauso den jüngeren Spielerinnen in Deutschland und anderswo zeigen kann, dass der Weg in die USA zum College führen kann, aber auch anderswo im Ausland zu einem Profivertrag und einer erfüllenden Profikarriere. Meine damalige Entscheidung würde ich heute hundertprozentig wieder genauso treffen." 

Profivertrag in Belgien

In Harvard studierte Schenk erfolgreich Psychologie sowie Global Health und Health Policy. Gleichzeitig trat sie in der US-College-Liga für Harvard Crimson gegen den Ball und war Mitbegründerin eines Teils von "Athlete Ally", einer Gruppe, die sich für die Integration von LGBTQIA+-Aktiven im College-Sport einsetzt. Außerdem arbeitete sie neben dem Fußball als Bildungs- und Sportberaterin und half jungen Talenten, ihren Weg an amerikanische Colleges zu finden.

Lara Schenk im Trikot von RSC Anderlecht
Mit dem RSC Anderlecht gewann Lara Schenk die belgische MeisterschaftBild: Maarten Straetemans/Sportpix/IMAGO

Im Dezember 2022, frisch mit ihrem Studienabschluss in der Tasche, schlug sie wieder eine neue Richtung ein. Zurück zum Fußball. Die frühere Wolfsburgerin unterschrieb beim belgischen Klub FC Brügge ihren ersten Profivertrag. Ein Jahr später wechselte sie zum RSC Anderlecht und gewann dort die Meisterschaft.

Schenk setzte allerdings nie alles nur auf die Karte Fußball: "Für mich war auch die akademische Absicherung abseits des Sports schon früh sehr wichtig, da ich nicht ewig Fußball spielen kann und meine Interessen auch über den Fußball hinausgehen", so Schenk gegenüber der DW. "Ich sehe meine Zukunft auch in Bereichen der Überschneidung von Sport und Politik, besonders bei den Themen Gleichheit der Geschlechter, Menschenrechte und mentale Gesundheit."

Europäische Ligen können "von Kanada lernen"

Die neue Northern Super League in Kanada sieht Schenk als "eine sehr gute Mischung aus dem europäischen und dem typisch nordamerikanischen athletischen Fußballstil". Besonders wichtig außerhalb des Platzes seien aber die professionellen Strukturen, unter denen die Spielerinnen ihrem Beruf nachgehen könnten. Hier sieht Schenk Kanada als Vorbild, auch für einige europäische Wettbewerbe.

Lara Schenk (r.) blockt mit einer Grätsche den Ball ihrer Gegenspielerin
Immer voller Einsatz: Lara Schenk (r.) beschreibt sich selbst als "beidfüßige und bissige Verteidigerin"Bild: David Catry/Sportpix/IMAGO

"Ich glaube, dass besonders die kleineren europäischen Ligen noch sehr viel von unserer Liga lernen können", sagt Schenk. "Das Interesse von Seiten der Funktionäre, Investoren und Fans ist hier einfach da. Das habe ich in dem Ausmaß in Europa nicht erlebt. Wenn man den Frauenfußball in Europa weiter entwickeln möchte, müssen Standardverträge, Mindestlohn und professionelle Bedingungen in den Ligen gegeben sein."

Professionelle Rahmenbedingungen

Genau diese Voraussetzungen herrschen in der kanadischen NSL, die sich selbst auf ihrer Homepage als "eine Revolution" bezeichnet und etwas aufbauen möchte, "an das die nächste Generation glauben kann".

Liga-Gründerin Diana Matheson hatte eine klare Vorstellung davon, wie die NSL aussehen sollte. Zweimal gewann die ehemalige kanadische Profispielerin Bronze bei Olympischen Spielen und spielte insgesamt acht Jahre lang in der amerikanischen National Women's Soccer League (NWSL).

Dass die kanadische Liga von Grund auf neu beginnen konnte, sei ein "Geschenk", sagte Matheson. Sie nahm Regelungen wie erweiterten Mutterschaftsurlaub und das Verbot, Spielerinnen ohne ihre Zustimmung zu transferieren, in die Standard-Verträge der NSL auf.

Stolz auf die Entwicklung des Frauenfußballs

"Fundamentale Rechte in Profiverträgen sind das A und O und die absolute Basis, auf der wir arbeiten müssen", findet auch Lara Schenk. "Wir wollen als voll professionelle Spielerinnen behandelt werden. Dazu gehört auch ein Standardvertrag, durch den wir abgesichert sind und uns zu 100 Prozent auf den Fußball konzentrieren können, ähnlich wie im Männerfußball. In der kanadischen Liga wissen wir, dass eine Verletzung oder Schwangerschaft nicht direkt in Ungewissheit und vertraglichen Problemen endet."

Lara Schenk im Trikot der deutschen Nationalmannschaft
Lara Schenk absolvierte 25 Einsätze in den Nachwuchsteams des DFBBild: Manuel Queimadelos Alonso/Bongarts/Getty Images

Schenks Montreal Roses befinden sich als derzeit Tabellenzweiter unter sechs Mannschaften auf Playoff-Kurs. Nach 25 Saisonspielen qualifizieren sich die besten vier Teams für die Halbfinals, bevor am 15. November in einem Endspiel die Meisterschaft entschieden wird. Unabhängig vom Saisonverlauf fühlt sich Schenk aber schon jetzt als Gewinnerin: "Für mich persönlich ist es weiterhin ein Traum, überhaupt Profifußballerin sein zu können und das Wachstum des Frauenfußballs weltweit zu erleben und mitzugestalten. Mich macht die Entwicklung des Frauenfußballs sehr stolz."