Künstlerfotograf Eddy Novarro in Schwerin
Zu vielen bedeutenden Künstlern des 20. Jahrhunderts pflegte Eddy Novarro ein freundschaftliches Verhältnis. Als Dank für seine Porträts schenkten sie ihm Kunstwerke, die nun in einer Ausstellung zu sehen sind.
Erste Schritte als Pressefotograf
Eddy Novarro (li.) hieß eigentlich Vasile Novaru und wurde vermutlich 1925 in Bukarest in Rumänien geboren. Er startete in den 1950er Jahren zunächst als Pressefotograf und knipste Schauspieler, Staatsoberhäupter und vor allem Künstler - so auch den Surrealisten Salvador Dalí (re.). Novarros Fotos kann man jetzt in der Galerie Alte & Neue Meister in Schwerin besichtigen.
Kontakte, Kontakte, Kontakte
Eddys Vater soll Maler, seine Mutter Bildhauerin gewesen sein. Novarro hatte also früh Kontakt zur Kunst. Heute würde man ihn wahrscheinlich einen grandiosen Netzwerker nennen. Er kannte alle wichtigen Künstler seiner Zeit und war mit ihnen nicht nur in "geschäftlichem" Kontakt, sondern befreundet. Einer seiner Künstlerfreunde war Joan Miró, der ihm insgesamt fünf Kunstwerke widmete.
"Für Nana und Novarro, euer Freund Miró"
Was aussieht wie eine Kinderzeichnung, ist ein Geschenk Mirós an Novarro und seine Ehefrau Nana - eine Deutsche, die eigentlich Renate hieß. Entstanden ist das Bild 1976 in Mirós Atelier auf Mallorca - da war Miró schon über 80 Jahre alt.
Imponierende Sammlung
Als Dank für seine Porträts erhielt Novarro ein Kunstwerk, manchmal sogar mehrere. So konnte er eine Sammlung aufbauen, die Zeichnungen, Gemälde und Skulpturen verschiedener Stilrichtungen des 20. Jahrhunderts umfasst. Auch der kubanische Künstler Wifredo Lam, der sich in seiner Kunst mit afro-kubanischer Religion und den Ritualen der Ureinwohner beschäftigte, steuerte ein Werk bei.
In allen vier Ecken soll Liebe drin stecken
Die Zeichnungen sammelte Novarro in seinem Carnet d'Or ("Goldenes Buch"), einer Art Freundschaftsbuch. Es zeugt von dem großen Netzwerk, das sich der Künstler aufgebaut hatte und der engen auch freundschaftlichen - Verbindung zu zahlreichen populären Künstlern seiner Zeit. Und es ermöglicht heute, fast vergessene Künstlerinnen und Künstler wiederzuentdecken, zum Beispiel Hannah Höch.
Intime Momente für die Ewigkeit
Die Künstler ließen Novarro nah an sich heran. Sie gucken mal grimmig, mal neutral, mal ernst, mal sanft lächelnd wie Hannah Höch, oft nachdenklich, in Denkerpose mit einer Hand am Kinn, mal inszeniert, mal natürlich. Novarro gelang es, in seinen Porträts intime Momente einzufangen, die die Künstler in ihrem ganzen Wesen beschrieben.
Selbstporträt mit Bockshörnern
Zwei Zeichnungen erhielt Novarro von Marc Chagall. Möglicherweise handelt es sich dabei um Selbstporträts, denn sie zeigen eine Figur im Profil, die mit einer Malerpalette ausgestattet ist sowie am linken Bildrand eine angeschnittene Leinwand. Außerdem hat der Künstler der Figur zwei Bockshörner verpasst.
Künstlerporträt mit Brauen
Die Bockshörner in der Zeichnung als Hinweis auf ein Selbstporträt? Diese Deutung scheint nicht so weit hergeholt, wenn man die Fotografie mit der Zeichnung vergleicht. Denn auf Novarros Foto lächelt Chagall nicht nur schelmisch, sondern zieht auch auffällig die Augenbrauen hoch.
Picasso oben ohne
Im Jahr 1960 wurden Novarros Fotografien erstmals in Madrid ausgestellt. Der Torero Luis Miguel Dominguín schätzte die Bilder und stellte den Kontakt zu Pablo Picasso her. Auch der ließ sich von Novarro ablichten - mit blanker Brust, weit aufgerissenen Augen und einem Zigarettenstummel im Mundwinkel.
Stierkopf für das Goldene Buch
Picasso trifft Novarro am 27. Oktober 1964 zum Fototermin. Als Dankeschön zeichnet er mit einem Filzstift mehrere Stierköpfe und widmet sie dem Fotografen und seiner Frau Nana, die er "Freunde" nennt. Der spanische Maler, Grafiker und Bildhauer war ein leidenschaftlicher Fan des Stierkampfs.
Künstler vor Kunst
Der Franzose Jean Dewasne war ein Anhänger der abstrakten Malerei. Seine Forderung: Malerei müsse frei sein, frei von akademischen Regeln. Auch ihn traf Novarro, um ihn zu porträtieren. Die Fotografie, deren Entstehungsdatum wie so oft bei Novarros Bildern nicht überliefert ist, zeigt einen in sich gekehrten Künstler vor einem seiner Werke.
Kaleidoskop der Moderne
Die Ausstellung "Kaleidoskop der Moderne - Chagall, Miró, Picasso und die Avantgarde", die die Künstlerporträts Novarros den Kunstwerken gegenüberstellt, ist noch bis zum 18. Oktober 2015 in der Galerie Alte & Neue Meister in Schwerin zu sehen.