Kosovo-Parlamentspräsident: In der Status-Frage gibt es nur eine Möglichkeit
16. Juni 2003Anzeige
Köln, 16.6.2003, DW-radio / Albanisch
Frage
: Herr Daci, wie bewerten Sie die Arbeit des Parlaments von Kosova als Parlamentspräsident und was würden Sie besonders hervorheben?Daci
: Ich würde sagen, dass das Ziel eines normalen Parlaments nicht erreicht worden ist. Es nähert sich unseren Zielen an, aber bevor ein Parlament nach dem Krieg zu einer Normalität wird, muss die Infrastruktur für das Funktionieren eines Parlamentes aufgebaut werden. (...) Was die Hauptaufgabe angeht, die Gesetzgebung, sind die Resultate für das Jahr 2002 mager, etwa 10 Gesetze insgesamt, sechs davon sind vom Verwaltungschef Kosovas nicht unterschrieben worden. Das Jahr 2003 ist bislang das andere Extrem, weil die Koalitionsparteien sich einig waren und die Produktivität über das normale Maß hinaus geht.Frage
: Wenn Sie von Einigkeit im Parlament sprechen, wie sieht die Zusammenarbeit mit dem serbischen Faktor aus?Daci:
Ich dachte an die Einigkeit der Koalitionsparteien, das sind die drei größten albanischen Parteien. Mit der serbischen Koalition "Rückkehr" (serb. Povratak – MD) gibt es sie nicht. Es ist eine maximale Toleranz und Verständnis vorhanden, und in diesem Jahr gibt es Fortschritte auch unter den serbischen Abgeordneten, es gibt ein aufeinander Zugehen und Konstruktivität. Das Problem liegt darin, dass sie jetzt sich an der Verabschiedung der Gesetzte nicht aktiv beteiligen, das heißt, die meisten Gesetzte stören sie in irgendeiner Weise. (...)Frage
: Herr Daci, eine ständige Forderung der serbischen, aber auch der internationalen Vertreter ist die Rückkehr der Flüchtlinge. Was denken Sie als Parlamentspräsident über die Rückkehr der Flüchtlinge, insbesondere, die der Serben?Daci
: Es gibt keinen Zweifel bei den Führungsstrukturen von Kosova über die Rückkehr der Serben. Die serbischen Flüchtlinge können und müssen zurückkehren zu ihrem Besitz, dorthin, wo ihr Besitz ist, den sie nicht verkauft haben, in ihre Wohnungen und Häuser, hauptsächlich in Regionen, wo sie keine großen Massaker verübt haben. Ich sage der Internationalen Gemeinschaft, wenn wir versuchen, die Serben nach Meje (serb. Meja – MD) bei Gjakove (serb. Djakovica – MD), nach Korenice (serb. Korenica - MD) oder nach Krushe e Vogel (serb.: Mala Krusa – MD) zurückzubringen, wo es fast kein albanisches Familienoberhaupt mehr gibt, wo die Zahl der Witwen groß ist, der Kinder ohne Eltern, ohne Vater, wäre das sehr früh. Aber im größten Teil von Kosova ist eine individuelle und nicht zeremonielle Rückkehr mit einem politischen Programm möglich und empfehlenswert. Was eine Rückkehr mit Polizei und Armee und eine gruppenweise Rückkehr angeht, so wäre das kontraproduktiv und wird nicht geschehen.Frage
: Herr Daci, eine ständige Forderung der Internationalen Gemeinschaft ist die Aufnahme des Dialoges mit Belgrad, was denken Sie hierüber?Daci:
Der Dialog mit den Nachbarn ist unumgänglich. Wie kann man mit einem Nachbarn leben, mit dem man nicht spricht? Ein Dialog über die konkreten Probleme muss auch mit Serbien begonnen werden, mit bestimmten Programmen, die wir wie folgt bezeichnen: Technische Programme, aber ohne uns mit dem Status zu beschäftigen, in einem gleichberechtigten Dialog. Dann wird es sich zeigen, denn es gibt viele Meinungen, dass es für einen solchen Dialog noch früh ist. Ich glaube, dass der beste Moment in diesen vier Jahren gerade jetzt ist, weil das Interesse der Internnationalen Gemeinschaft in dieser Phase wieder nach Kosova zurückgekehrt ist. (...)Frage:
Was würden Sie über die Regelung des endgültigen Status sagen?Daci
: In der Frage des endgültigen Status gibt es nur eine Möglichkeit, nicht nur weil wir das so wünschen. In allen Gesprächen, die ich mit der internationalen Gemeinschaft geführt habe, haben meine Gesprächspartner keine großen Vorbehalte gegen die Unabhängigkeit von Kosova geäußert. Man hat nur Vorbehalte, weil wir nicht ausreichend zur Realisierung der Rechte der Minderheiten, insbesondere der Rechte der Serben beitrügen. Das liegt jedoch nicht in unserer Verantwortung, weil Belgrad die Serben von Kosova manipuliert und eine normale Rückkehr behindert. Es gibt noch einige weitere Bereiche, über die wir keine Kompetenzen als Institutionen haben. Mit der Übertragung der Verantwortung wird auch ihre Rückkehr schneller geschehen, deswegen sehe ich kein Problem in der Realisierung der Strategie über den Status von Kosova.Frage:
Scheint Ihnen der Prozess der Übertragung der Verantwortung nicht zu langsam?Daci
: Das läuft sehr langsam. Wir haben viel Zeit verloren und diese Zeit muss kompensiert werden und langsam auch die Gebiete mit einschließen, die für die UNMIK reserviert sind, aber dies muss im Dialog mit der UNMIK geschehen, indem wir sie überzeugen, dass wir die Kompetenzen, die uns zustehen, auch verantwortungsvoll gegenüber den Bürgern von Kosova ausüben können, im Sozial-, und Gesundheits-, wie im Wirtschafts-, Bildungs- und Sicherheitsbereich. Ich finde, dass es sehr wichtig ist, dass auch in den sensibelsten Bereichen wie dem Polizeidienst von Kosova und dem Kosova-Schutzkorps, dass diese mehr Verantwortung haben. Deshalb habe ich empfohlen, dass das Kosova-Schutzkorps sich an Friedensmissionen beteiligen sollte, als Dankeszeichen Kosovas gegenüber der Internationalen Gemeinschaft für das, was sie für uns in vier Jahren getan hat.Frage:
Kann man von einer Abkühlung der Verhältnisse mit den internationalen Institutionen in letzter Zeit sprechen? Sie selbst haben sie einige Male kritisiert.Daci:
Ich würde es nicht als eine Abkühlung bezeichnen. Ich würde dies als warm bis heiß bezeichnen. Wir waren sehr ruhig. Keiner kann uns verstehen, dass wir seit einem Jahr arbeiten und die uns in der Rahmenverfassung und Resolution 1244 zustehende Verantwortung nicht ausüben. Wir haben zu sehr an die UNMIK geglaubt, an alles was sie gesagt hat. Dies war eine Äußerung unserer übertriebenen Freundschaft und unseres Respekts für das, was die Internationale Gemeinschaft getan hat. Deswegen werden die neusten Reibereien auch seitens der UNMIK und der Internationalen Gemeinschaft im allgemeinen verstanden, weil es Reibereien sind, bei denen es um bessere Ergebnisse geht. Es sind keine Reibungen gegen die Zusammenarbeit als solche.Frage
: Kann die UNMIK-Mission in Kosova als gescheitert erklärt werden?Daci
: Nein. Es ist noch früh eine solche Bewertung zu machen. (Interview Bekim Shehu) (MK)Anzeige