Kosovo: Medienfreiheit mit Hindernissen
28. Januar 2004Bonn, 28.1.2004, DW-radio / Albanisch, Esat Ahmeti
Auch nach vier Jahren internationaler Verwaltung gibt es im Kosovo immer noch Klagen über vielfache Einschränkungen der Pressefreiheit, auch wenn vieles besser geworden ist. Zum Teil sind die Probleme die gleichen wie im Westen, etwa dass Zeitungsverleger aus wirtschaftlichen Erwägungen Rücksichten nehmen müssen. Aber es gibt auch noch andere, spezifisch kosovarische Schwierigkeiten.
"Die Medienfreiheit, also die Freiheit des Wortes, die sich in Kosova der Medien bedient, ist ständig in Gefahr, aber nicht mehr in dem Ausmaß wie vor einigen Jahren. Die Gedankenfreiheit wird anders als in anderen Ländern nicht durch staatliche Organe bedroht, sondern von anderen Mechanismen, die nicht Teil des Regierungssystems sind". Diese Ansicht vertritt Dardan Gashi, der bis vor kurzem als Medienberater der OSZE in Prishtina zuständig für die Medienfreiheit war.
Vier Jahre nach dem Krieg ist Kosova mit gravierenden Problemen konfrontiert: Soziale Unsicherheit, hohe Arbeitslosigkeit – nach jüngsten Zahlen des Arbeitsamtes von Kosova über 57 Prozent - , der problematischen Stromversorgung, Kriminalität und Korruption und nicht zuletzt den zwei wichtigsten ungelösten Problemen: den ethnischen Konflikten und der Frage des politischen Status.
In einer solchen Lage ist die Medienfrage von zentraler Bedeutung für das Funktionieren des demokratischen Systems. Die Lage der Medien in Kosova wird weiter von zwei Aspekten charakterisiert: Zum einen den Beziehungen zwischen der UNMIK und den Journalisten und zweitens zwischen den gewählten Institutionen Kosovas und den Journalisten. In Ländern mit demokratischem System spielen die Journalistenverbände eine wichtige Rolle in diesem Geflecht.
Auch in Kosova gibt es solche Journalistenverbände. Den aktivsten davon, den Verband der professionellen Journalisten, leitet Baton Haxhiu, der ehemalige Chefredakteur der Tageszeitung Koha Ditore. Was die Beziehungen zwischen den Journalisten und der UNMIK angeht, beklagt Haxhiu deren mangelnde Transparenz:
Haxhiu
: "Die UNMIK legt nicht Rechenschaft ab über ihre Arbeit. Sie isoliert sich selbst gegenüber der Arbeit der Journalisten. Das Verhältnis ist belastet, auch deshalb, weil die UNMIK eine Art von Immunität innerhalb der UN genießt und die Beziehungen zwischen der UNMIK und den Medien sind sehr begrenzt".Nach Worten Haxhius ist auch das Verhältnis zwischen den Institutionen Kosovas und den Journalisten nicht besser. In einer Weise hätten die Institutionen Kosovas immer noch keinen Weg gefunden, Beziehungen zu den Medien herzustellen. Sie verstünden die Medien als Organe, die sie für ihre Propaganda einsetzen können. (...)
Angesichts der fehlenden Transparenz der UNMIK und der Tendenz der kosovarischen Institutionen, die Medien nur als Propagandainstrument zu begreifen, ist Professionalität bei den Journalisten umso wichtiger. Nach Auffassung Dardan Gashis sind die kosovarischen Medien allerdings weder transparent noch arbeiten sie professionell.
Gashi
: "Das ist ein Problem, das die Medienfreiheit gefährdet, und die Unprofessionalität der Medien spielt hier eine Hauptrolle. Das hat natürlich auch mit der wirtschaftlichen Lage zu tun und mit der fehlenden Möglichkeit zu einer echten Journalistenausbildung".Laut Baton Haxhiu wird die Medienfreiheit auch durch eine regelrechte Zensur gestört, die auf drei Ebenen vorkomme:
Haxhiu
: "Die erste Ebene hat mit den Verlegern zu tun, die Beziehungen zur Wirtschaft unterhalten und in einigen Bereichen Rücksicht nehmen müssen. Das zweite Element ist die Selbstzensur und das dritte die Mentalitäts-Zensur. Wir leben in einem sehr engen Umfeld, wo jeder jeden kennt. Wir sind daher manchmal etwas zu zögerlich, wenn es darum geht, gesellschaftliche Probleme anzupacken".Weder Gashi noch Haxhiu erinnern sich, dass es im Jahre 2003 einen krassen Fall von Unterdrückung der Medienfreiheit gegeben habe. Dem widerspricht Lindita Azizi, eine Journalistin von Rundfunk-Fernsehen Kosovas, energisch. Sie wurde im September 2003 zusammen mit ihrem Kameramann Gazmend Elshani von der Kosovo-Polizei angegriffen, als sie sich nach einem blutigen Häftlingsaufstand im Krankenhaus von Peja nach den Opfern erkundigen wollte.
Azizi
: "Ich denke, dass die Redefreiheit bei jedem zweiten Schritt mit Füßen getreten wird. (...) Das konkrete Beispiel bin ich selbst. Ich wurde verletzt, während ich im Fall der Tragödie von Dubrava recherchierte. Ich weiß wirklich nicht, in welchem Maß die Polizisten die Rechte der Journalisten kennen, und nachdem das passiert ist, bezweifle ich, dass sie ihnen überhaupt geläufig sind. Wenn die Presse von einem Schauplatz ferngehalten werden soll, dann werden überall in der Welt gelbe Bändchen zur Absperrung gespannt. In dem Fall gab es keine. Darüber hinaus waren wir in einem Krankenhaus und nicht in einer staatlichen Sicherheitseinrichtung".In Kosova ist auch der parteipolitische Journalismus aktiv, der sich einer manchmal verleumderischen und auch gefährlichen Sprache bedient. Solche Medien könnten sich jedoch nicht mehr lange halten, glaubt Baton Haxhiu. Spätestens im Jahre 2005 werde Kosova eine ganz andere Medienlandschaft haben. (MK)