Kosovo-Drogenbericht: Niedrigster Preis für Betäubungsmittel in ganz Europa
17. Juli 2002Köln, 17.6.2002, DW-radio / Serbisch
Fruchtbare Felder im Kosovo werden immer öfter mit Cannabis bepflanzt – anscheinend der augenblicklich ertragreichsten Pflanze im Kosovo. Währenddessen haben Drogenhändler aus dem Kosovo ihre Position in Europa und der Welt durch die erzielten Profite aus dem Drogenhandel weiter gefestigt.
Allein in diesem Monat konnten in der Gemeinde Vucitrn, im Norden des Kosovo, an der Hauptverkehrsstraße zwischen Kosovska Mitrovica und Pristina hundert UN-Polizisten und KFOR-Angehörige von vier Feldern die Cannabisernte einsammeln. Die Pflanzen wogen fast eine Tonne. Ihr Wert beläuft sich auf ungefähr eine Million Dollar. Anfang Juni wurde an der administrativen Grenze zwischen dem Kosovo und Serbien ein Serbe mit 17 Kilogramm Cannabis festgenommen, das er einem Albaner abgekauft hatte mit der Absicht, es in Serbien zu verkaufen. Bei allen Cannabisfeldern, die entdeckt wurden, sind die Pflanzen mit der Wurzel herausgezogen worden, damit sie nicht neu wachsen. "Die Cannabispflanzen werden selbstverständlich vernichtet; und die KFOR- und UN-Angehörigen werden im ganzen Kosovo weiter nach Cannabisfeldern suchen und sie vernichten", sagte der Pressesprecher der UN-Polizei, John Chapman.
Der Drogenabsatz und –konsum im Kosovo nimmt ständig zu. Die jüngsten Untersuchungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO – MD) und des UNHCR in Pristina zeigen, dass der Drogenkonsum bei unter 25-jährigen mit dem Drogenkonsum in Westeuropa vergleichbar ist. Diesen Studien zufolge gelangen die Drogen aus Afghanistan über den Nahen Osten und die Türkei ins Kosovo, bevor sie auf dem europäischen oder mittelamerikanischen Markt abgesetzt oder gleich vor Ort verbraucht werden. Die bislang zusammengetragenen Beweise der Polizei zeigen, dass unter den im Kosovo konsumierten Drogen Cannabis an erster Stelle steht, und dass 81 Prozent der Jugendlichen, die Drogen konsumieren, Cannabis benutzen. An zweiter Stelle stehen mit 53 Prozent pharmazeutische Narkotika, gefolgt von Heroin mit 39 Prozent.
Der Gebrauch legaler Drogen ist im Kosovo sogar höher als in Europa, wie die Untersuchungen zeigen. Als Grund dafür wird angegeben, dass viele Apotheken im Kosovo Arzneimittel auf Rezept "unter dem Ladentisch" ausgeben. "Allein im letzten Jahr schloss die kosovarische Behörde für die Anmeldung von Arzneimitteln 137 illegale Apotheken von Albanern, in denen Narkotika leicht auf Rezept beschafft werden konnten", sagte Hannu Vuori, leitende internationale Beschäftigte in der Gesundheitsabteilung der WHO in Pristina.
In der Region Gnjilane ist auch eine UN-Sondereinheit für Drogen eingesetzt. Auch die Drogenpreise sprechen dafür, dass das Kosovo seit der KFOR- und UNMIK-Präsenz mit Drogen vollgestopft ist. Denn die Drogenpreise sind dort die niedrigsten in ganz Europa. So kostet ein Kilogramm Heroin lediglich 16 000 Dollar. Auf dem europäischen Markt ist der Preis mindestens doppelt so hoch. Ein Gramm Kokain kostet zehn Dollar. Cannabis wird im Kosovo gar nicht erst zu den Rauschmitteln gezählt, da es überall erworben werden kann und es soviel kostet wie eine Schachtel Zigaretten guter Qualität.
Inoffiziellen Schätzungen zufolge verdienen albanische Drogenbosse jährlich mit dem Drogenverkauf mindestens das Fünffache des UNMIK-Budgets, das derzeit zirka eine Million Euro beträgt. In relativ kurzer Zeit ist es den albanischen Drogenbossen gelungen, eine Spitzenstellung in Europa und auch in der Welt einzunehmen und so den Drogenhandel zu kontrollieren. Die Präsenz der UNMIK und der KFOR hat daran nichts ändern können. Die albanischen Drogenhändler haben sogar an Bedeutung gewonnen, und so ist die südliche serbische Provinz in Europa zum Zentrum des Drogenabsatzes sowie der –produktion geworden. Die albanischen Drogenbosse haben mit dem Gewinn aus dem Drogenverkauf die kolumbianischen Kartelle, die chinesischen Triaden und die japanischen Yakuza sowie die italienische Mafia hinter sich gelassen. (md)