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Kirchen kritisieren Rüstungsexporte

16. Dezember 2013

Wenn Drittstaaten als Abnehmer immer wichtiger werden, dann geht die deutsche Rüstungsexportpolitik nach Ansicht der Kirchen in die falsche Richtung. Vor allem die Nachfrage nach langlebigen deutschen Kleinwaffen steigt.

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Maschinenpistolen des Typs MP5
Bild: picture-alliance/dpa

Die beiden großen Kirchen haben das Ausmaß deutscher Rüstungsexporte scharf kritisiert. Der Bevollmächtige der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Martin Dutzmann, und sein katholischer Kollege Karl Jüsten forderten die Bundesregierung auf, die Genehmigungen für Waffenexporte restriktiver zu handhaben. Das gelte besonders für die Ausfuhr von Rüstungsgütern in Konfliktregionen sowie in Länder, die Menschenrechte missachten oder Entwicklungshilfe beziehen. Dutzmann und Jüsten machten sich bei der Vorstellung des alternativen Rüstungsexportberichts 2013 in Berlin für eine Kehrtwende hin zu einer strengeren Genehmigungspraxis stark.

Nach Berechnungen der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) erteilte die Bundesregierung im Jahr 2012 insgesamt 16.380 Einzelausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter im Wert von 4,7 Milliarden Euro, was einen Rückgang von etwa 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr darstellt. Hinzu kamen 77 Sammelausfuhrgenehmigungen mit einem Volumen von 4,1 Milliarden Euro. Zudem wurden Kriegswaffen im Wert vom 946 Millionen Euro im Jahr 2012 exportiert.

Saudis als Hauptabnehmer

Mehr deutsche Waffen in die Golfregion

Bei den Einzelgenehmigungen gingen 45 Prozent der Rüstungsausfuhren an EU- oder NATO-Staaten. Zugleich wurden 55 Prozent der Rüstungsgüter an Drittstaaten beliefert. Wichtigster Abnehmer war Saudi-Arabien mit einem Genehmigungswert von 1,2 Milliarden Euro. Mit großem Abstand folgten Algerien, Südkorea, Singapur, die Vereinigten Arabischen Emirate, Irak, Indien und Israel. Der Bericht wird von der GKKE und dem Bonn International Center for Conversion (BICC) erstellt.

Dutzmann zeigte sich besorgt über den starken Anstieg bei der Ausfuhr kleiner und leichter Waffen wie etwa Sturmgewehre und Maschinenpistolen. Die Regierung habe 2012 die Ausfuhr von knapp 67.000 solcher Waffen genehmigt. Das waren doppelt so viel wie im Jahr davor. Die Auswirkungen seien verheerend. "Immer wieder geraten sie auf illegalem Weg in fragile Staaten und Konfliktgebiete", sagte Dutzmann.

Kritik an Theorie der "Stabilitätsanker"

Der Experte für Rüstungsexport des BICC, Jan Grebe, verlangte von der Bundesregierung eine Abkehr von der sogenannten "Logik der Ertüchtigung". Nach dieser Doktrin sollen Länder in Konfliktregionen zu "Stabilitätsankern" aufgebaut werden. Das schließt nach den Worten von Kanzlerin Angela Merkel auch den Export von Waffen ein. Galt die Ausfuhr von Rüstungsgütern in solche Regionen lange Zeit "im Prinzip als Tabu", würde sie nach dieser Logik "gerade zu einem Pfeiler der deutschen Außen und Sicherheitspolitik".

Vor allem Rüstungsgeschäfte mit "zahlungswilligen und -kräftigen Herrschern aus dem Nahen und Mittleren Osten" hätten zugenommen«, rügte Dutzmann. Dies berge erhebliche Gefahren für die regionale Stabilität. "Die Rüstungsexportpolitik geht in die falsche Richtung", resümierte Prälat Jüsten. Er forderte, die Waffenlieferungen unter friedensethischen Gesichtspunkten zu bewerten. Weil Waffen Gewaltmittel seien, dürfe es nicht in erster Linie um Arbeitsplätze, Standortfragen oder den Erhalt einer Industrie gehen.

Der evangelische Militärbischof Martin Dutzmann (Foto:
Findet klare Worte: der evangelische Militärbischof Martin DutzmannBild: imago/epd

Mehr Transparenz bitte

Jüsten begrüßte zugleich die größere Transparenz bei Genehmigungen von Rüstungsexporten, die die große Koalition in Berlin im Koalitionsvertrag fixiert hat. Demnach soll das Parlament künftig sofort nach einer Entscheidung unterrichtet werden. Jüsten plädierte zudem dafür, die gesamte Regierung und das Parlament stärker in die Entscheidungen einzubeziehen und dies nicht allein dem Bundessicherheitsrat zu überlassen.

In der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung haben sich die beiden großen Kirchen zusammengeschlossen, um zu Fragen der Nord-Süd-Politik öffentlich Stellung zu nehmen. Die GKKE beleuchtet mit dem Rüstungsexportbericht für das Jahr 2012 bereits zum 17. Mal kritisch die öffentlich zugänglichen Informationen über Ausfuhren deutscher Rüstungsgüter.

kle/gmf (epd, kna, dpa)