Kenia: Mit jedem Schritt gegen die Repression
In Nairobi feiert Kenias LGBTQ-Community Voguing-Events im Verborgenen als Ausdruck des eigenen Lebensstil sowie des Widerstands gegen drohende Anti-LGBTQ-Gesetze. Trotz wachsender Feindseligkeit wächst die Szene.
Trotz Gesetzesdruck: Voguing in Kenia lebt
Vor einem jubelnden Publikum in Kenias Hauptstadt Nairobi läuft ein Darsteller mit einer Reihe akrobatischer Bewegungen den Catwalk entlang. Er eröffnet die Feier des queeren Widerstands. Denn die kenianische LGBTQ-Gemeinschaft fühlt sich durch neue Gesetze bedroht.
Voguing-Balls: Von den USA nach Kenia
Bei den sogenannten "Balls" können die Teilnehmer und Teilnehmerinnen völlig frei vogue tanzen und catwalken. Der Tanzstil mit expressiven, dramatischen und körperbetonten Posen wurde von der Modezeitschrift Vogue inspiriert. In den 1960er Jahren wurde der Tanz von der schwarzen und lateinamerikanischen Schwulen- und Transgender-Community in den USA ins Leben gerufen und kam 2022 nach Kenia.
Glamour und Freiheit in Kenias Queer-Szene
Die Veranstaltungen bleiben versteckt und werden von der LGBTQ+-Community hinter verschlossenen Türen abgehalten. Trotz allem sind sie glorreiche Explosionen von Farbe, Musik und Glamour. "Die Atmosphäre hier ist bezaubernd", sagt ein Teilnehmer, der aus Sicherheitsgründen nicht namentlich genannt werden darf. "Es ist so angenehm, wenn man mit Menschen zusammen ist, die so sind wie man selbst."
Harte Strafen durch koloniales Gesetz
Trotz viel Ablehnung gegen die LGBTQ-Community - besonders außerhalb Nairobis - berichten Organisatoren von wachsender Offenheit und mehr Veranstaltungen. Gleichgeschlechtliche Beziehungen werden nach einem Gesetz aus der Kolonialzeit offiziell mit 14 Jahren Haft bestraft, obwohl dieses Gesetz selten durchgesetzt wird. Selbst in der größten Stadt des Landes führen viele Teilnehmer ein Doppelleben.
Bedrohte Existenz
"Unsere Regierung will ein Gesetz neu verabschieden, das buchstäblich unsere gesamte Existenz bedroht", sagt einer der Organisatoren. Das sogenannte Gesetz zum Schutz der Familie könnte noch dieses Jahr im Parlament behandelt werden. Nach der neuesten Fassung sieht es Strafen von bis zu 30 Jahren Haft für gleichgeschlechtliche Beziehungen vor und fordert, dass diese gemeldet werden müssen.
Konservative Familienwerte
Bei einer von evangelikalen Gruppen organisierten Konferenz wurden kürzlich ultra-konservative Werte propagiert, die "traditionelle" afrikanische Familienwerte verteidigen sollen. Ausländische christliche Geldgeber finanzieren solche Bewegungen mit Millionen. Das verstärkt den Einfluss auf Anti-LGBTQ-Gesetze in Kenia und Uganda, wo 2023 ein besonders strenges Gesetz verabschiedet wurde.
Cosmopolitan Affirming Church feiert Vielfalt
Im Gegensatz dazu hängen in der Cosmopolitan Affirming Church zwei Regenbogenbanner mit der Aufschrift "Happy Pride" an den Wänden des Gebetsraums. Es ist eine farbenfrohe Antwort auf die offene Feindseligkeit, die anderswo gepredigt wird. Diese Gemeinde glaubt, dass Sexualität kein Tabu ist, und empfängt seit einem Jahrzehnt jeden Sonntag queere Gläubige.
Akzeptanz statt Ablehnung
"Die Menschen sind an Orte gegangen, an denen sie sehr stark abgelehnt wurden", sagt die nicht-binäre Pastorin Caroline Omolo. Dieser Gottesdienst bietet eine andere Auslegung der Bibel. Und die Gemeindemitglieder finden Akzeptanz, wo sie einst abgelehnt wurden. Omolo ist überzeugt, dass die Welt ihre Gemeinschaft in Zukunft anerkennen und feiern wird.