Karneval in Zeiten der Angst vor Terror
26. Februar 2025Wird der anstehende Straßenkarneval in Deutschland von Terror bedroht? Islamisten mutmaßlich des Islamischen Staats (IS) haben in sozialen Netzwerken zu Anschlägen unter anderem im Kölner Karneval aufgerufen und nennen dabei zwei konkrete Straßenzüge der Stadt. In Nürnberg und im niederländischen Rotterdam werden weitere mutmaßliche Ziele genannt.
Polizei-Sprecher sehen vor allem den Versuch, die Bevölkerung zu verunsichern. Zugleich gibt es aber Ankündigungen, die in den vergangenen Jahren ohnehin gewachsene Präsenz von Sicherheitskräften weiter zu erhöhen.
Traditionell beginnen am Donnerstag vor dem Karnevalssonntag, der in diesem Jahr am 2. März ansteht, die sogenannten heißen Tage des Karnevals. Schon zum Auftakt feiern Hunderttausende, oft in Kostümen, auf den Straßen. Den Höhepunkt bildet traditionell der Rosenmontag, an dem Millionen Jecken auf den Beinen sind. Karnevals-Hochburgen sind in Deutschland die am Rhein gelegenen Städte Köln, Düsseldorf und Mainz.
Zum Rosenmontagszug in Köln, dem größten in Deutschland, kamen in den vergangenen Jahren jeweils rund 1,5 Millionen Menschen. Aber auch in einer Vielzahl kleinerer Städte und Dörfer in unterschiedlichen Teilen Deutschlands gibt es in diesen Tagen Straßenumzüge mit jeweils tausenden Zuschauern.
Eine der im Internet formulierten Drohungen bezieht sich sehr konkret auf den Donnerstag, der im Karnevals-Deutsch Weiberfastnacht heißt. Zu lesen ist "Cologne Carnival 27. Februar Alter Markt". Das ist der Hotspot für feierwütige Rheinländer. Auch das Festival "Green Komm" am Karnevalssonntag in der Kölner Innenstadt wird genannt. Dazu eine Rosenmontagsfeier in Nürnberg. Über die Drohung hatte zunächst die "Bild"-Zeitung berichtet.
"IS-Signal an Unterstützer"
Ja, eine solche Drohung sei ernstzunehmen, sagt der Politikwissenschaftler und Terrorismusexperte Peter Neumann der DW. "Aber nicht, weil der IS tatsächlich einen Anschlag plant". Vielmehr wolle der IS ein Signal an seine Unterstützer senden, "die momentan ohnehin wegen der verschiedenen versuchten und durchgeführten Anschläge voll mobilisiert sind". Die zweite Absicht einer solchen Drohung sei es, die Bevölkerung zu verunsichern. Neumann: "Bei Terrorismus geht es ja um Terror, und deswegen wäre es für den IS ein Erfolg, wenn er durch solch eine Mitteilung das gesamte öffentliche Leben paralysieren könnte."
Auch andere Sicherheitsexperten äußerten auf Anfrage, bei einer solchen Drohung handele es sich um IS-Propaganda, die aber immer wieder und zu unterschiedlichen Anlässen ausgesprochen werde. An der abstrakten Sicherheitslage habe sich in den vergangenen Tagen nichts geändert.
Der Einsatzleiter der Kölner Polizei für die Karnevalstage, Martin Lotz, sagte der Deutschen Presse-Agentur, solche Veröffentlichungen zielten auch darauf ab, die Bevölkerung zu verunsichern. Man werde das Einsatzkonzept aber noch einmal anpassen. Aufgrund der angespannten Sicherheitslage sei die Polizei auf derartige Entwicklungen vorbereitet. Ähnliche Statements kamen von Polizeisprechern in Düsseldorf und Mainz.
Bereits in der Vorwoche - also vor der Drohung - hatte die Kölner Polizei mitgeteilt, dass sie sich nach dem Anschlag in München und anderen Gewalttaten in Deutschland mit einem strengen Sicherheitskonzept auf die Karnevalstage vorbereite. Die Sicherheitslage nach den Anschlägen radikalisierter Einzeltäter sei "angespannter als in den Vorjahren". Um "größtmögliche Sicherheit" zu gewährleisten, seien alle verfügbaren Einsatzkräfte auf der Straße.
Umzüge bereits abgesagt
In München war am 13. Februar ein 24-jähriger Afghane mit seinem Auto in einen Demonstrationszug gefahren. Dabei wurden eine Mutter und ihre zwei Jahre alte Tochter getötet und Dutzende Menschen verletzt. Kurz vor Weihnachten hatte zudem ein seit gut 15 Jahren in Deutschland lebender Mediziner aus Saudi-Arabien in Magdeburg einen Anschlag verübt, bei dem er mit einem Fahrzeug durch den Weihnachtsmarkt fuhr. Dabei wurden sechs Menschen getötet und mehrere hundert verletzt.
Bereits nach dem mutmaßlich terroristisch motivierten Anschlag in München hatten einzelne Kommunen in Deutschland ihre geplanten Karnevals- oder Faschingsumzüge abgesagt. Dabei wurde - wie in Marburg oder Kempten - darauf verwiesen, dass die deutlich aufwendigeren Sicherheitsmaßnahmen nicht zu finanzieren seien. In aller Regel empfehlen Polizei-Experten, alle Zufahrten zu den geplanten Zugstrecken mit massiven Sperren oder quergestellten Fahrzeugen zu blockieren.
Geht Peter Neumann feiern?
Das wichtigste, sagt Terrorismusexperte Neumann, sei jetzt, dass die Behörden für Veranstaltungen gute Sicherheitskonzepte hätten. Natürlich müssten auch Besucher solcher Veranstaltungen achtsam sein, sollten sich aber "nicht verrückt machen lassen". "Ich persönlich würde nicht zögern, auf einen Karnevalsumzug zu gehen", so Neumann.