Kanada: Mark Carney wird Trudeau-Nachfolger
10. März 2025Inmitten massiver Auseinandersetzungen mit den USA hat die Liberale Partei in Kanada den ehemaligen Zentralbankchef Mark Carney zum Nachfolger von Premierminister Justin Trudeau bestimmt. Bei einer parteiinternen Abstimmung wählten fast 86 Prozent der gut 150.000 Teilnehmer Carney zum Parteivorsitzenden - und somit auch zum designierten Regierungschef. Seine aussichtsreichste Rivalin, die frühere Finanzministerin Chrystia Freeland, landete abgeschlagen mit acht Prozent auf Rang zwei.
Carney will Trump die Stirn bieten
In seiner Dankesrede richtete Carney eine klare Botschaft an US-Präsident Donald Trump, der damit gedroht hatte, Kanada zum "51. US-Bundesstaat" zu machen. Das werde "niemals in irgendeiner Form" geschehen, betonte Carney. Seine Nation erlebe zwar "dunkle Tage, ausgelöst durch ein Land, dem wir nicht länger trauen können" - man werde die Herausforderung aber bewältigen. "Im Handel wie im Eishockey: Kanada wird siegen!", sagte der 59-Jährige unter dem Jubel der Parteimitglieder.
In der Auseinandersetzung mit der eigentlich verbündeten Nachbarnation stehe der "kanadische Lebensstil" mit seiner "Lebensfreude, Kultur und der französischen Sprache" auf dem Spiel, warnte Carney in seiner Rede, in der er zwischen den beiden Landessprachen Englisch und Französisch wechselte. "Die Amerikaner wollen unsere Ressourcen, unser Wasser, unser Land", Trump greife "kanadische Arbeiter, Familien und Unternehmen" an. "Wir können nicht zulassen, dass er dabei Erfolg hat", unterstrich der künftige Premier.
Zwar ist Kanada der zweitgrößte Flächenstaat der Erde. Dafür haben die etwas kleineren USA fast neunmal so viele Einwohner und eine 13 Mal so hohe Wirtschaftsleistung.
"Ich weiß, wie man Krisen bewältigt"
Schon im Wahlkampf um den Parteivorsitz hatte Carney versprochen, Kanadas "Wirtschaft wieder auf Kurs" zu bringen. Dabei plädierte er für eine engere Zusammenarbeit mit Europa und Asien, um die Handelsabhängigkeit von den USA zu verringern. Er verwies darauf, dass er erst die kanadische Zentralbank durch die Finanzkrise ab 2008 und später die Bank of England durch die Turbulenzen nach dem Brexit-Votum gesteuert habe.
"Kanada steht vor einer der schwersten Krisen in unserer Geschichte", sagte Carney. "Ich weiß, wie man Krisen bewältigt." Zuletzt war er bis Januar dieses Jahres als UN-Sondergesandter für die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen tätig.
Premier nur für kurze Zeit?
Wann genau Trudeau seine Amtsgeschäfte an Carney übergibt, steht noch nicht fest. Für die Ernennung des Premiers zuständig ist Regionalgouverneurin Mary Simon. Sie ist in Kanada die offizielle Repräsentantin von König Charles III., dem Staatsoberhaupt des Commonwealth-Landes.
Carney könnte ohnehin eine kurze Amtszeit bevorstehen. Noch in diesem Jahr wird das Parlament in der Hauptstadt Ottawa neu gewählt. Sollten die oppositionellen Konservativen gewinnen, würden sie künftig den Premier stellen. Der Urnengang muss bis Oktober abgehalten werden, könnte aber auch binnen weniger Wochen anberaumt werden.
Die Konservativen lagen in Umfragen lange Zeit in Führung. Angesichts der Konfrontation mit den USA holten die Liberalen zuletzt aber deutlich auf.
wa/AR (afp, dpa, rtr)