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Kampf ums Stadion spitzt sich zu

20. Oktober 2001

Im Münchner Stadion-Wahlkampf blasen die Fußball-Erzrivalen FC Bayern und TSV 1860 gemeinsam zur Schlussoffensive.

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Ortsbesichtigung in MünchenBild: AP

"Das Derby ist interessant, aber der 21. Oktober ist viel wichtiger. Der Tag ist wie ein Finale, das es aber nicht mehr wieder geben wird und das wir deshalb gemeinsam bestehen müssen," erklärte Bayerns Vizepräsident Karl-Heinz Rummenigge. Karl-Heinz Wildmoser richtete einen leidenschaftlichen Appell an die Münchner: "Wir brauchen das Stadion für die Wirtschaftskraft von Bayern und München," sagte der 1860-Präsident, "bei einer Ablehnung ist München mausetot."

"Einquartierung in Unterhaching"

Wenige Tage vor dem Bürgerentscheid sind die Bundesligaclubs, die Stadt und der Freistaat mit neuen Plakaten und einem zweiminütigen Werbespot für die Münchner Kinos in die letzte Werberunde gestartet. 90.000 der 906.000 Wahlberechtigten müssen mobilisiert werden, um "grünes Licht" für den Stadionneubau in Fröttmaning im Münchner Norden zu geben. An eine Niederlage möchte keiner glauben, und Notpläne im Falle einer Ablehnung gibt es keine. Dann spiele man halt weiter im Olympiastadion, und irgendwann werde man sich in Nürnberg oder Unterhaching einquartieren, meinte Wildmoser scherzhaft. Ernsthafte Gedanken über einen Auszug gibt es weder bei Bayern noch bei 1860.

Die Angst vor einem negativen Bürgerentscheid ist dennoch allgegenwärtig, und entsprechend düster sind die Visionen. Wildmoser prophezeit der 'Weltstadt mit Herz' einen Abstieg ins Provinzielle, Bayern-Manager Uli Hoeneß sprach im Bayerischen Fernsehen von einer "Katastrophe. Wenn wir das Stadion nicht kriegen, ist die Stadt München und das Land Bayern bis auf die Knochen blamiert." Dann gehe die WM 2006 halt an München vorbei und vor allem auch das Medienzentrum mit bis zu 25.000 Journalisten, meinte Rummenigge und wies auf die "politische Größenordnung" eines Weltereignisse mit Milliarden Zuschauern hin:

"Aufschwung-Rakete"

Die Befürworter führen vor allem wirtschaftliche Aspekte ins Feld und reden, wie Bayern-Schatzmeister Fritz Scherer, von einer "Aufschwung-Rakete". Der Neubau werde neue Arbeitsplätze schaffen und einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung herbeiführen. "Wenn ein Mann das nicht sieht, ist er an der falschen Stelle," meinte Scherer mit einem Seitenhieb auf Münchens Stadtkämmerer Klaus Jungfer (SPD), der sich dagegen wehrt, öffentliche Mittel für die Bereitstellung der Infrastruktur auszugeben. Wildmoser würde angesichts von 150 Millionen Mark Steuergeldern, die die Stadt von den Proficlubs kassiere, die Millionarios hofieren, "aber dem Mann fehlt der Weitblick".

Die "haarsträubenden Argumente, kurzsichtige Polemik und Effekthascherei" der Stadiongegner ist den Fußballern besonders suspekt. "Sie betreiben mit Summen und Geschichten, die ich nicht nachvollziehen kann, Wahlbetrug," warf Rummenigge den kleinen Parteien vor. Hoeneß sprach von "Ammenmärchen". Die Kosten für die Infrastruktur, die von den Stadion-Ablehnern auf bis zu einer Milliarde Mark beziffert werden, belaufen sich nach Clubangaben auf 360 Millionen Mark.

Die 400 Millionen Mark für Stadion-Neubau werden von den Vereinen aufgebracht, die mit einer jeweils 50-prozentigen Beteiligung eine Betreiber- und Besitzer-GmbH gründen werden. Aus den Einnahmen des neuen Stadions sollen für eine Zeitraum von 25 Jahren die Zins- und Tilgungslasten für entsprechendes Fremdkapital sowie die Unterhaltskosten aufgebracht werden.