Jugoslawien und Bosnien schließen Kooperationsabkommen
20. Dezember 2001Köln, 18.12.2001, DW-radio / Bosnisch
Eine jugoslawische Delegation, angeführt von Staatspräsident Vojislav Kostunica, besuchte am Dienstag (18.12.) Bosnien-Herzegowina. Aus diesem Anlass paraphierten die Außenminister Jugoslawiens und Bosniens, Goran Svilanovic und Zlatko Lagumdzija, ein Investitionsförderungs- und -schutzabkommen sowie ein Abkommen zur gegenseitigen Förderung der Kooperation zwischen den Zollbehörden und zu Fragen der gegenseitigen Nothilfe.
Den Rahmen für die Unterzeichnung bildete die konstituierende Sitzung eines Kooperationsrates beider Länder in Sarajevo. Auf dessen Tagesordnung standen zudem Fragen der Zusammenarbeit im Verkehrsbereich, im Schutz der Menschenrechte und in der Schaffung gemeinsamer Infrastrukturprojekte.
Nachdem beide Seiten bereits Anfang des Monats in Belgrad ein Freihandelsabkommen geschlossen hatten, zeichnet sich ein Tauwetter zwischen beiden Staaten ab. Der Pressesprecher der bosnischen Präsidentschaft Boris Kujundjic sagte der Deutschen Welle:
"Was das heutige Treffen des zwischenstaatlichen Kooperationsrates betrifft, so muss ich sagen, dass es sehr erfolgreich war. Es dauerte etwa eine Stunde und fünfzehn Minuten und wir brauchten uns auch nicht zu vertagen, da wir uns in einer entspannten Atmosphäre sehr schnell über die wichtigsten Fragen einig wurden."
Auch Kostunica betonte auf einer Pressekonferenz nach dem Treffen mit den drei Vorsitzenden der gemeinsamen Präsidentschaft von Bosnien-Herzegowina, dass sich die Beziehungen zwischen beiden Ländern deutlich verbessert hätten. Zwar hatten beide Staaten bereits am 15. Dezember letzten Jahres diplomatische Beziehungen aufgenommen, jedoch eröffneten sie erst in diesen Tagen ihre diplomatischen Vertretungen. Kostunica hob hervor, dass die Gespräche in einer offenen und freundlichen Atmosphäre stattgefunden hätten. Vor allem betonte er, dass Jugoslawien die Souveränität und territoriale Integrität von Bosnien-Herzegowina achtet und sich der Umsetzung des Dayton-Abkommens verpflichtet fühlt.
Der Kooperationsrat hat sich nach Auskunft von Kujundjic zudem auf eine lange Liste weiterer Initiativen geeinigt.
"Es werden noch Abkommen für den Bereich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit folgen, und solche über die Entwicklung der Verkehrsverbindungen und der gemeinsamen Infrastruktur. Es sind also Projekte, die im gemeinsamen Interesse liegen. Hinzu kommt die Frage der Menschenrechte, der Flüchtlinge und Vertriebenen."
Gerade hier muss Kostunica viel Vertrauen in Bosnien-Herzegowina aufbauen. Nach den bitteren Kriegserfahrungen führt die bosnische Regierung am Internationalen Gerichtshof in Den Haag ein Verfahren gegen Jugoslawien, unter anderem wegen Völkermordes. Dieses Verfahren oder die Frage der Kriegsverbrechen stand jedoch nicht auf der Tagesordnung des gemeinsamen Kooperationsrates.
"Bei dem offiziellen Treffen des Kooperationsrates war davon keine Rede, mit Ausnahme der Übereinstimmung, dass es wichtig ist, in diesem Bereich mit internationalen Organisationen weiterhin zusammenzuarbeiten."
Auf das Gerichtsverfahren gegen Jugoslawien angesprochen erwiderte Kostunica, er erwarte, dass die neuartigen gegenseitigen Beziehungen ein anderes Licht auf die Anklage werfen werden. Nach seinen Worten beteiligten sich am Krieg sowohl Serben als auch Kroaten und Muslime. Er erinnerte daran, dass die Bundesrepublik Jugoslawien eine solche Anklage gegen Kroatien und Bosnien-Herzegowina erhoben, diese jedoch mittlerweile zurückgezogen hat. Wichtiger als die Anklagen sind nach Kostunicas Worten Wahrheit und Aussöhnung in der Region.
Um dies zu erreichen, betonte Kujundjic die Notwendigkeit weiterer konstruktiver Schritte in den gegenseitigen Beziehungen. Um glaubwürdig zu sein müsse Jugoslawien beide Entitäten Bosniens und der Herzegowina gleich behandeln:
"Ein Problem besteht darin, dass es noch immer in der Bundesrepublik Jugoslawien eine Diskriminierung der Bürger Bosniens und der Herzegowina gibt. Denn einige Bürger müssen verschiedene Steuern zahlen, wenn sie dort leben. Dies gilt allerdings nur für Menschen aus der (muslimisch-kroatischen) Föderation und nicht für Menschen aus der Republika Srpska. Also, diese bürokratisch-administrativen Hindernisse müssen noch überwunden werden."
Allerdings drückte er auch die Hoffnung aus, dass bei den Gesprächen zwischen beiden Staaten konkrete Resultate im Bereich der Rückkehr der Flüchtlinge sehr schnell erreicht werden können. (fp)