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Joggerin konfrontiert Voyeur und startet Petition

Katharina Abel
27. August 2025

Eine Frau will einen Mann anzeigen, der ihren Po gefilmt hat - und muss feststellen, dass sein Handeln nicht strafbar ist. Ihr Kampf für eine Gesetzesänderung facht eine Debatte an: Was ist in Deutschland erlaubt?

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Eine junge Frau hat das Kinn auf die gefalteten Hände gestützt. Neben ihr gestapelte Kartons mit unscharfer Aufschrift
Kämpft für mehr Schutz von Frauen in Deutschland: Yanni GentschBild: Federico Gambarini/dpa/picture alliance

An einem Februartag joggt die 30-jährige Werbetexterin Yanni Gentsch allein durch einen Kölner Park. Sie bemerkt hinter sich einen Radfahrer, der ihr folgt und dabei ihren Po mit seinem Smartphone filmt. Gentsch stellt den Mann zur Rede und zwingt ihn dazu, die Aufnahmen zu löschen. 

Sie hat dafür nun ihrerseits ihr Smartphone eingeschaltet. Das Video zeigt einen Mann, der angesichts der Entschlossenheit der Frau überfordert wirkt. Er stammelt Entschuldigungen und behauptet, es sei "nichts passiert", aber schließlich wirft er ihr vor, selbst Schuld zu sein: "Warum ziehen Sie denn so eine Hose an?" Es ist eine klassische Täter-Opfer-Umkehr, die Gentsch mit einem Satz kontert, der zum Slogan ihrer Bewegung wird: "Meine Klamotten sind keine Einladung!" 

Das Video geht viral, hat mehr als 16 Millionen Aufrufe auf Instagram - und löst eine Welle der Solidarität aus. "Ich bin beeindruckt von deinem Mut", "Wenn eine Frau für sich einsteht, steht sie für alle Frauen ein" oder "Krass gut reagiert, danke und Respekt" lauten die Kommentare. 

Petition für Gesetzesänderung

Gentsch will den Mann anzeigen, doch sie erfährt, dass das nicht möglich ist. Der Grund: Nach aktueller Gesetzeslage in Deutschland ist heimliches Filmen nur dann strafbar, wenn es den Intimbereich betrifft - etwa bei "Upskirting" (dem Filmen unter dem Rock) oder Aufnahmen nackter Haut. Bekleidete Körperteile, selbst wenn sie gezielt und sexuell motiviert gefilmt werden, sind nicht geschützt

Yanni Gentsch will das nicht hinnehmen und startet die Petition "Voyeur-Aufnahmen strafbar machen". Inzwischen (Stand: 27. August) haben sie mehr als 120.000 Menschen unterzeichnet. Die zentrale Forderung: eine Erweiterung des deutschen Strafgesetzbuch-Paragrafen §184k, die jede sexuell motivierte, heimliche Aufnahme, unabhängig von Nacktheit, strafbar macht. Gentsch schreibt: "Die aktuelle Gesetzeslage schützt Täter, nicht Opfer." Heimliches Filmen sei ein Machtmissbrauch: "Die Scham gehört auf die Seite der Täter (...)."  

Sexuelle Belästigung von Frauen in Deutschland: hohe Quote

Ihre Petition, adressiert an Bundesjustizministerin Stefanie Hubig, übergab sie am 25. August persönlich dem nordrhein-westfälischen Justizminister Benjamin Limbach. Im November wird die Justizministerkonferenz nun über eine Änderung des Strafgesetzbuchs beraten. Limbach ist dafür: "Unser Recht muss eine klare Grenze ziehen, wenn Körperteile in sexueller Absicht heimlich oder gegen den Willen einer Person abgefilmt oder fotografiert werden."  

Eine Frau hält einen Karton in Händen, auf dem "Voyeur-Aufnahmen strafbar machen JETZT!" steht. Sie spricht mit einem Mann im Anzug.
NRW-Justizminister Limbach nimmt Yanni Gentschs Petition entgegenBild: Federico Gambarini/dpa/picture alliance

Das Echo auf Yanni Gentschs Initiative ist groß, nicht nur in den Sozialen Medien: Überregionale Zeitungen, Radiosender und selbst die Hauptnachrichtensendung Tagesschau zur Prime Time berichten. Das liegt zum einen daran, dass Gentsch mit ihrem mutigen Auftreten große Strahlkraft hat, aber es liegt zum anderen auch daran, dass das von ihr Erlebte noch immer Realität für fast alle Frauen in Deutschland ist.

Denn sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum, in welcher Form auch immer, haben laut einer Studie der Hochschule Merseburg von 2022 bereits neun von zehn Befragten ertragen müssen.

Yanni Gentsch machte bei der Übergabe ihrer Petition klar: "Sexualisierte Belästigung ist nie harmlos, sondern der erste Schritt einer Gewaltspirale."