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PolitikJapan

Japan und NATO streben nach mehr Zusammenarbeit

10. April 2025

Die Japan-Reise von NATO-Generalsekretär Mark Rutte dokumentiert das Interesse beider Seiten an vertieften Beziehungen in turbulenten Zeiten.

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NATO-Generalsekretär Mark Rutte und der japanische Premier Ishiba Shigeru bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Tokio, 9.4.2025
Im Gespräch: NATO-Generalsekretär Mark Rutte und der japanische Premier Ishiba Shigeru, 9.4.2025Bild: David Mareuil/Pool Photo/AP

Zwei Tage lang hielt sich NATO-Generalsekretär Mark Rutte zu einem Besuch in Japan auf. Zentrales Thema der dort geführten Gespräche war die Zusammenarbeit der NATO mit ihren Partnern in der Region in Zeiten wachsender Sicherheitsspannungen. Diese gründen vor allem auf dem angespannten Verhältnis zu China, Russland und Nordkorea. Die Reise fällt zudem in eine Zeit, in der die USA als Partner der NATO immer weniger verlässlich sind. 

Der Besuch war Ruttes erste offizielle Japan-Reise in seinem Amt als NATO-Generalsekretär. Übernommen hatte er es im Oktober vergangenen Jahres von seinem Vorgänger Jens Stoltenberg. In diesem Rahmen besuchte Rutte auch den Marinestützpunkt Yokosuka südlich von Tokio, wo er eine japanische Fregatte und die Minensuchausrüstung der japanischen Marine besichtigte.

Besorgt zeigte sich Rutte über das Vorgehen Chinas. Peking unterstütze die russischen Kriegsanstrengungen in der Ukraine und baue seine eigenen militärischen Fähigkeiten in hohem Tempo aus, sagte er. "Wir dürfen nicht naiv sein," warnte er. Für die NATO-Mitgliedstaaten werde es immer wichtiger, mit Japan und anderen Ländern außerhalb des Bündnisses zusammenzuarbeiten.

Der japanische Verteidigungsminister Gen Nakatani während einer Pressekonferenz auf dem G7-Gipfle in Neapel, Oktober 2024
"Sicherheitsumfeld ist zunehmend schwieriger geworden": der japanische Verteidigungsminister Gen Nakatani auf dem G7-Gipfle in Neapel, Oktober 2024Bild: Kyodo/picture alliance

Bereitschaft zu vertiefter Annäherung

"Mir scheint, die NATO und Japan wollen ihre Beziehung nach Jahren der Annäherung nun vertiefen ", sagt der Politologe Ryo Hinata-Yamaguchi von der Tokyo International University im DW-Interview. "Dazu dient auch diese Reise. Sie zeigt, dass beide Seiten sich weiter einander annähern. Beide sind sich zudem der Notwendigkeit regelmäßiger Gespräche auf hoher Ebene bewusst."

Thema der vertraulichen Gespräche zwischen NATO-Vertretern und japanischen Beamten dürfte auch die Bedrohung des internationalen Status quo gewesen sein. Dieser wird von der anhaltenden russischen Invasion in der Ukraine, der aggressiven Expansionspolitik Chinas in der Region Asien-Pazifik und dem unberechenbaren Regime Nordkoreas derzeit massiv in Frage gestellt. Auch die Regierung Donald Trump und ihre Politik dürfte in den Gesprächen erörtert worden sein, nimmt Hinata-Yamaguchi an.

Britisches Flaggschiff unterwegs nach Ostasien

In den letzten zehn Jahren haben die Einsätze der NATO in Nordostasien erheblich zugenommen. Land-, See- und Luftstreitkräfte mehrerer Nationen haben in Japan gemeinsame multilaterale Übungen abgehalten.
Die britische Regierung kündigte am Mittwoch die Entsendung einer maritimen Einsatzgruppe in die Region an. Angeführt werden soll sie von dem Flaggschiff der britischen Marine, dem Flugzeugträger HMS Prince of Wales. Die Flotte wird von zwölf weiteren Nationen unterstützt. Die von Kriegsschiffen aus Norwegen, Kanada und Spanien begleitete Flotte wird während des Sommers Übungen mit der Marine Indiens, Singapurs, Malaysias und Australiens durchführen.
Neben Übungen mit japanischen Einheiten wird die Einsatzgruppe auch mit dem südkoreanischen Militär zusammenarbeiten, um den Schmuggel von Gütern zu unterbinden, die nach UN-Resolutionen nicht nach Nordkorea eingeführt werden dürfen.

Die deutsche Fregatte Baden-Württemberg im Hafen von Tokio, August 2024
Vielfältige militärische Zusammenarbeit: Die deutsche Fregatte Baden-Württemberg im Hafen von Tokio, August 2024Bild: Kyodo/picture alliance

Japans Engagement für die Ukraine

Einer der interessantesten Aspekte von Ruttes Besuchs sei die Bitte Japans, sich am NATO-Kommando für die Ukraine-Mission zu beteiligen, sagt der Politologe James Brown vom Tokioter Campus der Temple University. Zwar verlagere Japan seine Prioritäten nicht auf den Ukraine-Konflikt. "Allerdings hat Japan erklärt, es erwäge, sich der NATO-Mission zur Unterstützung der Ukraine anzuschließen. " Das stelle eine wichtige neue Verpflichtung dar, so Brown.

Über die Absichten Tokios hatte der japanische Verteidigungsminister General Nakatani den NATO-Generalsekretär Rutte am Dienstag in Kenntnis gesetzt. Japan hat Kiew zwar bereits Verteidigungsausrüstung - Helme, Schutzwesten, medizinisches Material und Antiminentechnik - zur Verfügung gestellt. Zugleich sieht sich das Land aber auch seiner Doktrin verpflichtet, keine tödlichen Waffen an kriegführende Staaten zu liefern.

"Sowohl Japan als auch die NATO stehen vor vielen Herausforderungen", sagte Nakatani in einem Pressegespräch. "Unser Sicherheitsumfeld ist zunehmend schwieriger geworden." Japan hoffe, die Sicherheitszusammenarbeit zu vertiefen und Lehren aus Russlands Krieg gegen seinen Nachbarn zu ziehen.

Zwar gibt es weiter keine Indizien dafür, dass Japan Waffen an die Ukraine liefern wird. Allerdings hat Tokio hat den Wunsch geäußert, sich an der NATO-Sicherheitsunterstützung und -ausbildung für die Ukraine (NSATU) zu beteiligen. Diese wird über das entsprechende Zentrum in Wiesbaden koordiniert. Die Einzelheiten der Beteiligung müssen zwar noch erörtert werden. Es scheint aber denkbar, dass japanische Militärs nach Deutschland entsandt wird. Diese beteiligen sich jedoch nicht an Kampfeinsätzen in der Ukraine.

Manöver der japanischen, australischen und philippinischen Marine im Chinesischen Meer, April 2024.
Manöver der japanischen, australischen, philippinischen und der US-Marine im Chinesischen Meer, April 2024. Bild: Armed Forces of the Philippines/AP/picture alliance

"Asiatische NATO" als ferner Traum

"Die Zusammenarbeit zwischen Japan und der NATO nimmt Fahrt auf", sagt Brown. Japans Anspruch sei es immer gewesen, neben den NATO-Ländern und anderen gleichgesinnten Nationen wie Australien mehr für seine eigene Sicherheit zu tun. "Aber nun, da sich die USA als wenig verlässlicher Verbündeter erweisen, wird dies immer wichtiger."

So bestätigte auch der japanische Premierminister Shigeru Ishiba nach seinem Treffen mit Rutte in Tokio, er wolle die Zusammenarbeit seines Landes mit der NATO im Bereich der Verteidigung vertiefen.

Vor seinem Amtsantritt im vergangenen Jahr hatte Ishiba erklärt, er wolle eine asiatische Version der NATO ins Leben rufen. Nach Ansicht von Brown ist dies jedoch nicht machbar. "Der Plan stand nie wirklich auf der Tagesordnung." Zwar habe sich Ishiba entsprechend geäußert und seinen Plan auch gern umgesetzt. "Aber das ist ein Traum."

Aus dem Englischen adaptiert von Kersten Knipp.

Japan rüstet auf, aber wo sind die Rekruten?

DW-Porträt | Korrespondent Julian Ryall
Julian Ryall Korrespondent und Reporter in Tokio