Japan, China, Südkorea: Auf Suche nach positiver Zeitenwende
24. März 2025"Die Meldung des chinesischen Außenministeriums entspricht nicht der Wahrheit!", schrieb die japanische Botschaft in China am Wochenende. Das ist ein sehr ungewöhnlicher diplomatischer Vorgang mit einem ungewöhnlichen Ton.
Nach dem Treffen des chinesischen Außenministers Wang Yi mit dem japanischen Premier Shigeru Ishiba hieß es in Peking, dieser habe "die von der chinesischen Seite dargestellten Position" respektiert. "Das ist nicht der Fall", so die japanische Botschaft in China.
Richtig sei, dass Premier Ishiba "ungelöste Probleme und Fragen, die dringende Handlungen erfordern", angesprochen habe, wie die zunehmende Spannung im Ostchinesischen Meer, Freilassung von festgenommenen japanischen Staatsbürgern sowie die Aufhebung des Importverbots von Meeresfrüchten, das aufgrund der Ableitung des Kühlwassers im Atomkraftwerk Fukushima verhängt worden war. Die Meldung Chinas entspreche "ganz und gar" nicht den Tatsachen, hieß es zum Schluss noch einmal.
Was ist passiert?
Der chinesische Außenminister Wang Yi, der zwischen 2004 und 2007 Chinas Botschafter in Tokio gewesen war, nahm am Samstag (22.03.25) am Außenministertreffen von China, Japan und Südkorea teil. Vorher traf er noch Japans Premier Ishiba. In der Meldung aus Peking hieß es unter Berufung auf Wang unter anderem: "Vor 80 Jahren siegte das chinesische Volk im Krieg gegen die japanischen Aggressoren. China hofft, dass Japan eine verantwortungsvolle Position einnehme, gegenüber der Geschichte, gegenüber dem Volk und mit Blick auf die Zukunft, um ein positives Signal in die Welt zu senden."
Beim Gipfeltreffen mit den Regierungschefs von China, Südkorea und Japan vor einem Jahr wurde ein "Zukunftspakt" beschlossen. Die ostasiatischen Länder wollen bei Handel, Klima und Kultur eng kooperieren. Japan wird Gastgeber für das Dreier-Gipfeltreffen 2025 sein. Für Japans Außenminister Takeshi Iwaya ist dabei die Zukunftsorientierung der rote Faden für das Gespräch.
"Es ist unglaublich wichtig für unsere drei Länder, zukunftsorientierten Austausch und Kooperation zu fördern", sagte Japans Außenminister Iwaya auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit seinen Amtskollegen. "Die Region und die internationale Gemeinschaft darf nicht weiter gespalten werden. Wir müssen kooperieren."
China: Vergangenheitsbewältigung zuerst, dann reden wir über Zukunft
"Chinas Außenminister Wang Yi ist vielleicht deswegen nicht zufrieden, weil er auch die historische Verantwortung Japans im Zweiten Weltkrieg unterstreichen will", sagt Shin Kawashima, Politikwissenschaftler und Historiker der Tokio-Universität, der fließend Chinesisch spricht.
Außenminister Iwaya habe von der "Zukunft" gesprochen und wolle eine zukunftsorientierte Beziehung schaffen. Das heiße aber im Umkehrschluss nicht, dass Japan seine Geschichte vergessen werde, so Shin Kawashima im DW-Interview.
Die drei Länder sollten nicht nur "über ein Land im Fokus" sprechen, sondern "über Themen, die alle beschäftigen", glaubt Hotaka Machida vom japanischen Institute for Geoeconomics (IOG). "Es sind zahlreiche gemeinsame Herausforderungen für Generationen: alternde Gesellschaft, Klimawandel."
Japan, China und Südkorea sind drei wirtschaftsstarke Nationen in Ostasien. Doch ihre Beziehungen sind durch die aus chinesischer und südkoreanischer Sicht nicht ausreichende Aufarbeitung der Kriegsverbrechen durch Japan nach dem Zweiten Weltkrieg schwer belastet. Bis heute, 80 Jahre nach dem Krieg, wird zwischen den drei Ländern immer noch um Territorien gestritten. China und Japan beanspruchen beide die Diaoyu-/Senkaku-Inseln, Südkorea und Japan die Dokdo-/Takeshima-Inseln.
Zeitenwende in Asien
Das politische Misstrauen wächst. Japan als US-Verbündeter hat große Bedenken über den politischen und militärischen Aufstieg Chinas. China will erreichen, dass sich Japan zuerst vollumfänglich zur Kriegsschuld bekennt, entschuldigt und von der imperialen Vergangenheit distanziert. Und die Kernforderung Südkoreas, dass Nordkorea, das unter Chinas Schutz steht, das Atomprogramm aufgibt und abrüstet, bleibt fast ein Randaspekt.
Seit Beginn der US-Präsidentschaft von Donald Trump hätten die drei Länder andere Prioritäten, glaubt Politologe Shin Kawashima. "Die asiatischen Länder müssen sich solidarisieren und das internationale Umfeld vor der Haustür stabilisieren. So wäre es vorteilhaft, selbst wenn es sich um einen Anschein der Harmonie in der Außendarstellung handeln würde."
China sei zwar unzufrieden mit Japan, könne aber nicht vollständig auf Japan verzichten, sagt IOG-Experte Hotaka Machida. Alle drei wüssten, dass die USA kein Interesse am Multilateralismus hätten. Aber auf den Vorstoß Chinas, mehr multilateralen Rahmen in Ostasien zu etablieren, reagierte Japan mit Zurückhaltung. "Tief im Herzen identifiziert sich die Regierung in Japan mit Multilateralismus. Aber sollte sie sich öffentlich dazu bekennen, und schlimmer noch, sich dem Aufruf Chinas anschließen, würde Japan dann in dem Schubladendenken im Weißen Haus mit einem Etikett versehen werden."
Seit Ende des Zweiten Weltkrieges verbietet die Friedensverfassung Japans, Krieg zu führen und Streitkräfte zu unterhalten. Das Land unterhält daher so genannte Selbstverteidigungsstreitkräfte. Sicherheitspolitisch ist Japan genau wie die NATO-Mitglieder von den USA abhängig. Anfang März hat Tokio die Forderung des US-Präsident Donald Trump zurückgewiesen, die Rüstungsausgaben auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen.
Der Artikel wurde aus dem Chinesischen adaptiert