Jahresbericht der Chefanklägerin des UN-Strafgerichtshofes für Ex-Jugoslawien vorgelegt
10. Oktober 2003Belgrad, den 10.10.2003, BETA, serb., aus New York
Die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes für das ehemalige Jugoslawien [ICTY], Carla Del Ponte, hat gestern Abend die Behörden in Belgrad beschuldigt, nicht ausreichend mit dem Tribunal zusammenzuarbeiten. Del Ponte sagte, "bei der Verhandlung gegen (Slobodan) Milosevic – wie auch bei anderen – merke ich, dass die Behörden in Belgrad Hauptbeweismittel verwehren wollen. Diese könnten jedoch den Beweis für die Beteiligung an in Bosnien-Herzegowina begangenen Kriegsverbrechen der ehemaligen Machthaber in Belgrad liefern".
Auf der Sitzung des UN-Sicherheitsrates legte sie den ICTY-Tätigkeitsbericht vor. Del Ponte sagte dabei, "von den 17 flüchtigen Angeklagten (...) befindet sich mehr als die Hälfte in Serbien und Montenegro – darunter auch Ratko Mladic". Die Chefanklägerin kritisierte ferner die Republika Srpska dafür, dass die zuständigen Behörden "noch bei keinem einzigen flüchtigen Angeklagten den Aufenthaltsort ausfindig gemacht oder den Angeklagten festgenommen haben", so Del Ponte. "(Radovan) Karadzic ist dafür bekannt, dass er seinen Aufenthaltsort ständig zwischen der Republika Srpska und Montenegro wechselt", so Del Ponte. Ferner würden die Behörden der Republika Srpska Archivmaterial verbergen, das jedoch das Tribunal benötige. "Es scheint, dass es noch einflussreiche Personen bei der Polizei und bei der Armee der Republika Srpska gibt, die den flüchtigen [Angeklagten] und mutmaßlichen Kriegsverbrechern Unterstützung und aktiven Schutz bieten", so Del Ponte.
Zu Kroatien sagte die ICTY-Chefanklägerin, die kroatische Regierung behandle nun "die meisten Forderungen" des Tribunals "professionell und seriös". "Die kroatischen Behörden tragen die Verantwortung dafür, dass die Festnahme und Auslieferung [des flüchtigen ICTY-Angeklagten] Ante Gotovina an Den Haag misslungen ist." Von ihm werde zwar behauptet, dass er sich außerhalb von Kroatien befinde, allerdings habe sie Grund für eine gegenteilige Ansicht.
Del Ponte legte damit dem UN-Sicherheitsrat den ordentlichen Jahresbericht über die ICTY-Tätigkeit vor. Zuvor legte der Präsident des Haager Tribunals, Richter Theodor Meron, der UN-Generalversammlung seinen Tätigkeitsbericht vor. Darin betonte er, wann die Arbeit dieses Strafgerichtshofes beendet werde, hinge von der Zusammenarbeit der Staaten ab, für dieser zuständig sei – insbesondere aber davon, wie schnell die übrigen Hauptangeklagten festgenommen würden. (md)