Israelischer Beschuss im Gazastreifen dauert an
19. März 2025Bei neuen israelischen Luftangriffen im Gazastreifen sind nach Angaben der Hamas-Behörden mindestens 13 Menschen getötet und viele weitere verletzt worden. Der Beschuss habe sich am frühen Mittwochmorgen in Chan Junis und in Gaza-Stadt ereignet. Im zentral gelegenen Deir al-Balah wurde dem Gesundheitsministerium zufolge auch eine Einrichtung der Vereinten Nationen getroffen. Dabei seien ein ausländischer UN-Mitarbeiter getötet und fünf weitere verletzt worden, hieß es. Das israelische Militär hingegen bestritt in einer Stellungnahme, ein UN-Gebäude in der Stadt angegriffen zu haben. Eine Reaktion vonseiten der Vereinten Nationen gibt es bisher nicht.
Am Dienstag hatte Israel die heftigsten Angriffe im Gazastreifen seit Inkrafttreten der Waffenruhe vor zwei Monaten geflogen. Die Regierung erklärte, dies sei eine Antwort auf die "wiederholte Weigerung der Hamas, unsere Geiseln freizulassen". Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verwies auf die nach seinen Worten vorhandene Rückendeckung der USA, mit denen die Angriffe abgestimmt seien. Der Likud-Politiker sagte in einer Fernsehansprache, Verhandlungen mit der Hamas - die von etlichen westlichen, aber auch von mehreren arabischen Staaten als Terrororganisation eingestuft wird - fänden von nun an "nur noch unter Beschuss" statt.
"Du hast Blut an den Händen"
Die israelische Armee bestätigte inzwischen den Beginn eines erneuten Bodeneinsatzes im Gazastreifen. In Jerusalem gingen mehrere Tausend Menschen gegen Netanjahus Politik auf die Straße. Die Demonstranten hielten dem Regierungschef vor, den Krieg im Gazastreifen ohne Rücksicht auf die dort festgehaltenen israelischen Geiseln zu führen. "Du hast Blut an den Händen", skandierte die Menge an Netanjahus Adresse gerichtet. Zudem bezichtigten die Teilnehmer ihn eines demokratie-feindlichen Kurses. Anlass war die Absetzung des Inlandsgeheimdienst-Chefs Ronen Bar durch Netanjahu am Sonntag.
Eine erste Phase der Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas war am 1. März ausgelaufen. Trotz intensiver Bemühungen der Vermittler USA, Ägypten und Katar konnte keine Einigung über eine zweite Phase erzielt werden. Unter Protest gegen das Waffenruhe-Abkommen hatte Israels rechtsextremer Polizeiminister Itamar Ben-Gvir mit seiner Partei Otzma Jehudit im Januar die Koalition verlassen und erklärt, die Vereinbarung komme einer "Kapitulation gegenüber der Hamas gleich".
Konflikt zwischen Regierung und Justiz
Nach der jüngsten Angriffswelle der israelischen Streitkräfte wurde Ben-Gvir nun erneut zum Polizeiminister ernannt. Die Regierung ignorierte damit eine Stellungnahme von Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara. Diese hatte Netanjahu untersagt, Ben-Gvir wieder auf den Posten zu berufen. In der Vergangenheit hatte sie kritisiert, der rechtsextreme Minister habe sich auf illegitime Weise in die Polizeiarbeit eingemischt. Die Regierung Netanjahus strebt eine Entlassung der Generalstaatsanwältin an, die sich immer wieder gegen Entscheidungen der politischen Führung stellt, welche sie als unrechtmäßig erachtet.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock erklärte nach den neuerlichen Angriffen im Gazastreifen, das Ende der Waffenruhe zerschlage die Hoffnung vieler Israelis und Palästinenser, dass "das Leid auf allen Seiten endlich ein Ende nehmen kann". Die Wiederaufnahme der Kämpfe setze auch "die positiven Bemühungen der arabischen Staaten aufs Spiel", sagte die Grünen-Politikerin vor ihrer Abreise in den Libanon, wo sie Gespräche über die Lage im Nahen Osten führen will.
"Dramatischer Rückschritt"
Die EU-Außenbeauftrage Kaja Kallas bezeichnete die jüngsten israelischen Attacken als "inakzeptabel". Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach von einem "dramatischen Rückschritt". Sofort müssten die "Feindseligkeiten" beendet und "Verhandlungen guten Willens unter amerikanischer Vermittlung" wiederaufgenommen werden, sagte Macron am Rande eines Treffens mit dem jordanischen König Abdullah II. im Élysée-Palast.
Auslöser des Israel-Hamas-Krieges war der Großangriff der Hamas und anderer islamistischer Gruppen am 7. Oktober 2023, bei dem mehr als 1100 Menschen auf israelischem Gebiet getötet und rund 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Etwa 60 von ihnen befinden sich nach Armeeangaben noch dort, allerdings sollen 34 davon bereits tot sein. Beim israelischen Militäreinsatz wurden nach Zahlen der Hamas-Behörden mehr als 48.000 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet; hierbei wird nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten unterschieden.
jj/pg/wa (dpa, afp, rtr, ap)
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