Israel fordert Einwohner von Gaza-Stadt zur Flucht auf
6. September 2025Angesichts ausgeweiteter Kämpfe gegen die Hamas hat die israelische Armee die Einwohner von Gaza-Stadt aufgefordert, in eine neue Schutzzone im Süden des Gazastreifens zu fliehen. Ein Militärsprecher begründete den Aufruf damit, dass Soldaten inzwischen im gesamten Stadtgebiet im Einsatz seien. Die Menschen sollten daher im Küstenareal Al-Mawasi Schutz suchen. In der sogenannten humanitären Zone, die nahe Chan Junis liegt, erhielten sie Lebensmittel, medizinische Versorgung und eine Unterkunft, hieß es.
Schon im Dezember 2023 hatte die israelische Armee Al-Mawasi zur "humanitären Zone" erklärt. Damals war sie im nördlichen und mittleren Gazastreifen gegen die Hamas vorgegangen. Doch Al-Mawasi ist derzeit stark überfüllt: Nach Angaben der Vereinten Nationen hielten sich dort vor drei Monaten 425.000 Menschen auf einer Fläche von rund neun Quadratkilometern auf. UN-Organisationen beschreiben die Ausstattung mit Latrinen und Gemeinschaftstoiletten in den riesigen Zeltlagern als nicht ausreichend.
Die israelischen Streitkräfte hatten vor Wochen eine Offensive auf die Vororte von Gaza-Stadt im Norden des Palästinensergebiets gestartet und rücken nun weiter ins Zentrum vor. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezeichnete Gaza als letzte Bastion der Hamas. Die Einnahme der größten Stadt in dem Küstenstreifen sei notwendig, um die radikal-islamische Palästinenser-Organisation zu besiegen.
Mehrfach vertrieben durch den Krieg
Durch die Offensive droht Hunderttausenden Palästinensern, die in der Stadt Gaza Schutz gesucht haben, die abermalige Vertreibung. Viele von ihnen mussten in dem Krieg bereits mehrfach fliehen. Am Donnerstag hatte das israelische Militär mitgeteilt, es kontrolliere fast die Hälfte von Gaza-Stadt. Insgesamt stünden rund 75 Prozent des Gazastreifens unter israelischer Kontrolle.
Israels Verteidigungsminister Israel Katz hatte am Freitag erklärt, die Militäreinsätze würden intensiviert, bis die Hamas die Bedingungen für ein Ende des Kriegs akzeptiere: die Freilassung der verbliebenen Geiseln und eine Entwaffnung der Hamas. Andernfalls werde diese vernichtet.
Hamas-Massaker löste Militäreinsatz aus
Die islamistische Hamas, die von zahlreichen Staaten als Terrororganisation eingestuft wird, hatte am 7. Oktober 2023 ein Massaker auf israelischem Gebiet verübt, dem nach Angaben des Militärs etwa 1200 Menschen zum Opfer fielen. Rund 250 Personen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Noch immer werden 47 Menschen von der Hamas festgehalten, mutmaßlich mehr als 20 von ihnen sind bereits tot.
Beim darauffolgenden israelischen Militäreinsatz wurden nach Zahlen der Hamas-Behörden mehr als 64.000 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig prüfen.
Widerstand im eigenen Land
Israel beharrt auf dem erklärten Ziel, die Hamas endgültig zu zerschlagen. Doch auch innerhalb des Landes gibt es großen Widerstand gegen die Regierung, deren rechtsextreme Partner auf einen harten Kurs pochen. Vor allem Familien der Geiseln fordern ein Ende des Krieges. Sie argumentieren, eine weitere militärische Eskalation berge das Risiko, dass ihre entführten Angehörigen getötet würden. Die Hamas lehnt es ungeachtet der Kämpfe und des Elends im Gazastreifen weiterhin ab, die von ihr und verbündeten Gruppen festgehaltenen Geiseln bedingungslos freizulassen.
jj/fab/rb (dpa, afp, rtr)