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KonflikteIsrael

Israel fordert Einwohner von Gaza-Stadt zur Flucht auf

6. September 2025

Das Militär weist das Areal von Al-Mawasi zur "humanitären Zone" aus - doch das Küstengebiet ist nach UN-Angaben stark überfüllt. Tausende palästinensische Zivilisten müssen abermals vor den Kämpfen fliehen.

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Palästinensische Gebiete Gaza-Stadt 2025 | Ein Hochhaus stürzt inmitten von Rauch- und Staubwolken ein, im Vordergrund sehen Passanten auf die Szene
Nach dem israelischen Angriff auf ein Hochhaus im Gazastreifen am Freitag - hier im Bild - wurde an diesem Samstag ein weiteres hohes Gebäude getroffen, in dem die israelische Armee nach eigener Aussage "Terror-Infrastruktur" vermuteteBild: Ali Jadallah/Anadolu/picture alliance

Angesichts ausgeweiteter Kämpfe gegen die Hamas hat die israelische Armee die Einwohner von Gaza-Stadt aufgefordert, in eine neue Schutzzone im Süden des Gazastreifens zu fliehen. Ein Militärsprecher begründete den Aufruf damit, dass Soldaten inzwischen im gesamten Stadtgebiet im Einsatz seien. Die Menschen sollten daher im Küstenareal Al-Mawasi Schutz suchen. In der sogenannten humanitären Zone, die nahe Chan Junis liegt, erhielten sie Lebensmittel, medizinische Versorgung und eine Unterkunft, hieß es.

Ein Mann hält ein weißes Tuch im Arm, womit offenbar ein Leichnam eingehüllt wurde
Trauer in Gaza-Stadt: Der Krieg im Gazastreifen trifft vor allem die palästinensische Zivilbevölkerung - hier die Angehörigen eines getöteten Kindes am FreitagBild: Mahmoud Issa/REUTERS

Schon im Dezember 2023 hatte die israelische Armee Al-Mawasi zur "humanitären Zone" erklärt. Damals war sie im nördlichen und mittleren Gazastreifen gegen die Hamas vorgegangen. Doch Al-Mawasi ist derzeit stark überfüllt: Nach Angaben der Vereinten Nationen hielten sich dort vor drei Monaten 425.000 Menschen auf einer Fläche von rund neun Quadratkilometern auf. UN-Organisationen beschreiben die Ausstattung mit Latrinen und Gemeinschaftstoiletten in den riesigen Zeltlagern als nicht ausreichend.

Eine weinende ältere Frau streckt bei der Beerdigung einer israelischen Geisel beide Arme auf dem Sarg aus, daneben weinen weitere Trauernde
Trauer in Idan Shtivi: Das Massaker der Hamas und die Verschleppung zahlreicher Bürger im Oktober 2023 führte in Israel zu einem tiefen Trauma - hier die Angehörigen einer getöteten Geisel am MontagBild: Maya Levin/AFP/Getty Images

Die israelischen Streitkräfte hatten vor Wochen eine Offensive auf die Vororte von Gaza-Stadt im Norden des Palästinensergebiets gestartet und rücken nun weiter ins Zentrum vor. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezeichnete Gaza als letzte Bastion der Hamas. Die Einnahme der größten Stadt in dem Küstenstreifen sei notwendig, um die radikal-islamische Palästinenser-Organisation zu besiegen.

Mehrfach vertrieben durch den Krieg

Durch die Offensive droht Hunderttausenden Palästinensern, die in der Stadt Gaza Schutz gesucht haben, die abermalige Vertreibung. Viele von ihnen mussten in dem Krieg bereits mehrfach fliehen. Am Donnerstag hatte das israelische Militär mitgeteilt, es kontrolliere fast die Hälfte von Gaza-Stadt. Insgesamt stünden rund 75 Prozent des Gazastreifens unter israelischer Kontrolle.

Palästinenser fliehen in Autos, die mit Matratzen und weiterem Hausrat beladen sind
Viele Menschen, die mit ihrer Habe fliehen, wurden durch den Krieg bereits mehrfach vertrieben - hier eine Aufnahme aus Nuseirat im mittleren GazastreifenBild: Belal Abu Amer/APA Images/ZUMA/picture alliance

Israels Verteidigungsminister Israel Katz hatte am Freitag erklärt, die Militäreinsätze würden intensiviert, bis die Hamas die Bedingungen für ein Ende des Kriegs akzeptiere: die Freilassung der verbliebenen Geiseln und eine Entwaffnung der Hamas. Andernfalls werde diese vernichtet.

Hamas-Massaker löste Militäreinsatz aus

Die islamistische Hamas, die von zahlreichen Staaten als Terrororganisation eingestuft wird, hatte am 7. Oktober 2023 ein Massaker auf israelischem Gebiet verübt, dem nach Angaben des Militärs etwa 1200 Menschen zum Opfer fielen. Rund 250 Personen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Noch immer werden 47 Menschen von der Hamas festgehalten, mutmaßlich mehr als 20 von ihnen sind bereits tot.

Zahlreiche Menschen halten auf einer Demonstration gelbe Luftballons in die Höhe
700 Luftballons: Demonstranten fordern am Freitag in Tel Aviv die Freilassung aller Geiseln, die sich seit 700 Tagen in der Gewalt der Hamas befinden - viele Geiselfamilien verlangen von der Regierung ein Ende des KriegesBild: Itay Cohen/REUTERS

Beim darauffolgenden israelischen Militäreinsatz wurden nach Zahlen der Hamas-Behörden mehr als 64.000 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig prüfen.

Widerstand im eigenen Land

Israel beharrt auf dem erklärten Ziel, die Hamas endgültig zu zerschlagen. Doch auch innerhalb des Landes gibt es großen Widerstand gegen die Regierung, deren rechtsextreme Partner auf einen harten Kurs pochen. Vor allem Familien der Geiseln fordern ein Ende des Krieges. Sie argumentieren, eine weitere militärische Eskalation berge das Risiko, dass ihre entführten Angehörigen getötet würden. Die Hamas lehnt es ungeachtet der Kämpfe und des Elends im Gazastreifen weiterhin ab, die von ihr und verbündeten Gruppen festgehaltenen Geiseln bedingungslos freizulassen.

jj/fab/rb (dpa, afp, rtr)