Island will nicht in die EU
22. Februar 2014Islands Regierung hat einen lange geplanten EU-Beitritt für absehbare Zeit abgeschrieben. Ohne zuvor die Bevölkerung abstimmen zu lassen, soll die 2010 in Brüssel eingereichte Kandidatur zurückgezogen werden, wie Außenminister Gunnar Bragi Sveinsson mitteilte. Die Regierung habe nicht genug Unterstützung, um den Beitrittsprozess fortzusetzen, zitierte die Nachrichtenseite Visir.is Regierungsvertreter.
Die regierende Fortschrittspartei und der ebenfalls EU-skeptische Koalitionspartner von der Unabhängigkeitspartei hatten sich zuvor auf ein entsprechendes Gesetzesvorhaben geeinigt. Die Vorlage dazu sei am Freitagabend an das Parlament gesandt worden, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Reykjavik der Nachrichtenagentur dpa am Samstag. In der kommenden Woche solle das Gesetz im Parlament debattiert werden.
Keine Mehrheit in der Bevölkerung
Bislang sollte vor der endgültigen Abkehr von der EU-Perspektive ein Referendum abgehalten werden. Sveinsson sagte nun im Rundfunk, er werde den jüngsten Kurswechsel persönlich vorantreiben. Überraschend kam der Schritt nicht, da die Beitrittsverhandlungen Reykjaviks mit Brüssel seit Beginn des isländischen Wahlkampfs im April 2013 ohnehin auf Eis lagen.
Die frühere Mitte-Links-Regierung hatte die Beitrittsverhandlungen 2009 aufgenommen. Im Jahr zuvor war das Land wegen eines Bankenkollapses in eine Finanz- und Wirtschaftskrise gestürzt. Im vergangenen Mai hatte die derzeitige Mitte-Rechts-Regierung die Gespräche zunächst ausgesetzt. In Umfragen spricht sich eine Mehrheit der Isländer regelmäßig gegen eine Mitgliedschaft aus. Knackpunkt ist vor allem die Fischereipolitik der Walfang-Nation. Hier fordert die EU mehr Zugeständnisse an den Tier- und Umweltschutz. Die isländischen Befürworter eines EU-Beitritts führen vor allem als Argument an, dass ihr kleines Land mittelfristig den Euro einführen und so an wirtschaftlicher Stabilität gewinnen könnte.
Island, das auch Mitglied im Schengen-Raum ohne Passkontrollen ist, will sich nun auf die Beziehungen zur EU im Rahmen des Europäischen Wirtschaftsraumes EWR konzentrieren. Die Freihandelszone umfasst die 28 EU-Staaten sowie Liechtenstein und Norwegen.
gmf/se (afp, dpa)