Islamische Gemeinschaft im Kosovo will Religionsunterricht an öffentlichen Schulen durchsetzen
5. Mai 2003Pristina, 27.4.2003, KOHA DITORE, alban.
Mit Reaktionen wie: "niemals, wir sind keine Araber, Religion sollte nicht in die Schulen getragen werden und hier ist nicht Arabien" haben Schüler, Professoren und Psychologen Stellung zu der Initiative der Islamischen Gemeinschaft in Kosova zur Aufnahme islamischen Unterrichts in die Lehrpläne von September an reagiert.
Der Rat der Islamnischen Gemeinschaft versicherte, er habe mehr als 100 000 Unterschriften in Prishtina zur Unterstützung der Einführung von Religionsunterricht in staatlichen Schulen gesammelt. Obgleich sich ranghohe Vertreter des Bildungswesens und Professoren gegen eine solche Initiative gewandt haben, scheint das dem Erfolg der Initiative keinen Abbruch getan zu haben. Mitglieder der Gemeinschaft behaupten sogar, eine große Zahl von kosovarischen Jugendlichen habe bei der Sammlung von Unterschriften helfen wollen.
Die Idee der islamischen Gemeinschaft gründet sich darauf, dass die Aufnahme von Religionsunterricht in den Schulen negative Einscheinungen abmildern würde, die sich in Kosova ausgebreitet hätten. Dieses Argument stößt jedoch bei Vertretern des Ministeriums und Experten ganz allgemein auf wenig Unterstützung. (...)
Im seinem mit luxuriösem Mobiliar ausgestatteten Büro scheint es der Chefimam Kosovas, Sabri Bajgora, ernst zu meinen mit seiner Initiative. Sollte seine Initiative gebilligt werden, werde die kosovarische Jugend das Übel überwinden, dem sie ausgesetzt sei. "Unser Ziel mit dieser Initiative ist es, den größtmöglichen Einfluss auf die Ausformung der Persönlichkeit der kosovarischen Schüler durch Religionsunterricht auszuüben, damit wir in Zukunft eine gesunde Gesellschaft haben", so Bajgora,
Der Berater des Präsidiums der Islamischen Gemeinschaft ist der Ansicht, dass negative Erscheinungen, die historisch kein Bestandteil des kosova-albanischen Lebens sind, sich in Kosova ausgebreitet haben. Das Ziel sei, diese Erscheinungen zu beseitigen. "Wir haben bemerkt, dass heute in Kosova viele schlechte Erscheinungen über unsere Jugend, besser gesagt, Muslime, hereingebrochen sind, wie etwa Drogen, Prostitution, Alkohol, Diebstahl und Raub. Durch unsere Initiative wird dieses Übel beseitigt", so Resul Rexhepi, Berater des Präsidiums der Islamischen Gemeinschaft.
Mitglieder der Islamischen Gemeinschaft sind bereits auf die Einführung dieses Fachs vorbreitet. Sie hätten genug Mitarbeiter und bereiteten Bücher vor, mit denen die kosovarischen Schüler von den unteren Klassen der Grundschulen an ausgestattet würden, so Bajgora (...) Sein Berater glaubt, die Initiative werde große Auswirkungen haben, wenn sie in den unteren Klassen der Grundschule zur Anwendung komme. "Mit Sicherheit wird dieses Fach vom dritten oder vierten Grundschuljahr an eingeführt werden, wenn die Schüler schreiben und lesen könnten, so Rexhepi.
Chefimam Sabri Bajgora und sein Berater erklärten, sie setzten sich auch dafür ein, dass Religionsunterricht per Gesetz mit Wirkung vom September dieses Jahren an eingeführt werde. Nach ihren Angaben ist das möglich, da sie Signale der Unterstützung von ranghohen offiziellen Vertretern des Bildungswesens erhalten hätten. (...)
Bajgora betonte, mit ihrer Initiative werde die Islamische Gemeinschaft versuchen, auch andere Schulbücher zu säubern, die Theorien enthielten, die der muslimischen Religion widersprächen. "Wir werden Einfluss auf die Säuberung dieser Schulbücher von atheistischen Ideologien und der Förderung von Anti-Werten nehmen. Zum Beispiel die Theorie von Darwin, dass die Menschen in dieser Welt vom Affen abstammen, sollte aus den Schulbüchern getilgt werden. Wir müssen diese Dinge den Schülern anhand der Religion erklären", so Rexhepi.
Der Psychologe Naid Vrenezi hält die Initiative für falsch, da sie zu Spaltungen führen werde. Nach seiner Ansicht gibt es bestimmte Orte, an denen Religion unterrichtet werden könne, aber nicht in Schulen. "(...) Schulen und Religion sollten nicht vermischt werden", so der Psychologe.
Obgleich Chefimam Sabri Bajgora überzeugt davon ist, dass seine Initiative ranghohe Vertreter des Bildungswesens überzeugen werde, lehnen jene seine Initiative ab. "Ich weiß nicht, warum sie sich mit solchen Initiativen befassen sollten. Ich glaube nicht, dass diese Dinge jemals geduldet werden", so der knappe Kommentar des Rektors der Universität von Prishtina, Zenel Kelmendi.
Niman Alimusa, stellvertretender Vorsitzender der Bildungskommission in der Regierung Kosovas, sagte, er werde niemals dafür stimmen, dass ein solches Fach in das Bildungsgesetz aufgenommen werde. (...) Edi Shukriu, Professorin an der Philosophischen Fakultät, Fachbereich Geschichte, die einen schlechten Präzedenzfall schuf, indem sie einige Studentinnen aus ihren Lehrveranstaltungen verwies, weil sie Kopftücher trugen, erläuterte, diese Studentinnen versuchten, ihre Religion anderen Studenten aufzuzwingen:. "Ich habe die Gegenwart von Studentinnen nicht zugelassen, die versuchten, ihre Überzeugungen anderen Studenten aufzuzwingen. Ich bin nicht gegen Religion, aber sie sollte eine Familienangelegenheit sein, und die Schule sollte säkular bleiben", so Shukriu. Nach ihren Worten sollte das albanische Motto bleiben "Die Religion der Albaner ist das Albanertum". (...) (MK)