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PolitikIran

Iran: Mehr Geld für staatliche Propaganda

26. Februar 2025

Das Budget des staatlichen Rundfunks der Islamischen Republik Iran steigt im kommenden Jahr um 50 Prozent. Der Staat setzt verstärkt auf Propaganda, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen.

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Ali Chamenei sitzend vor zwei Mikrofonen
Die Rundfunkanstalt untersteht dem religiösen und politischen Führer Ayatollah ChameneiBild: leader.ir

Das Budget der staatlichen Rundfunkanstalt IRIB (Islamische Republik Iran Rundfunk) wird zum Start des kommenden persischen Jahr, das mit dem Frühlingsanfang am 21. März beginnt, um rund 50 Prozent erhöht. Diese Aufstockung fällt gerade in eine Zeit. in der der Iran in einer anhaltenden Wirtschaftskrise steckt und die Bevölkerung wegen der galoppierenden Inflation täglich ärmer wird.

Laut einem Bericht des Forschungszentrums des Parlaments wird der Anteil des IRIB-Budgets am Gesamthaushalt der Regierung mit umgerechnete 35 Millionen Euro höher sein als die Budgets von zehn Ministerien zusammen.

Im Iran sind die Medien laut Verfassung staatlich kontrolliert; private Medien sind nicht erlaubt. Die Rundfunkanstalt untersteht dem religiösen und politischen Führer Ayatollah Chamenei, der ihren Leiter direkt ernennt.

Zwei junge Menschen blicken in ihre Handys
​​​​Viele Iraner nutzen soziale Medien als NachrichtenquelleBild: Morteza Nikoubazl/NurPhoto/picture alliance

"Ayatollah Chamenei hat in den vergangenen Jahren wiederholt seine Unzufriedenheit mit der Leistung des IRIB geäußert. Er kritisiert die Rundfunkanstalt, weil die große und personalstarke Organisation nicht in der Lage ist, dem Einfluss von persisch-sprachigen Medien außerhalb Irans - mit oppositionellen Netzwerken, unabhängigen Kanälen und soziale Medien - entgegenzuwirken", sagt Abdollah Abdi im Gespräch mit der DW. Abdi lebt seit 2019 im Ausland und ist Gründer sowie Direktor von Abdi Media, einem unabhängigen Medienunternehmen. Im Iran arbeitete er jahrelang für den IRIB.

Trotz der strengen Medienkontrolle habe die staatliche Rundfunkanstalt die Deutungshoheit über die öffentliche Meinung längst verloren. Abdi verweist auf aktuelle Umfragen: "Laut dem Institut ISPA (Iranian Students Polling Agency) in Teheran informieren sich nur noch 12,5 Prozent der Bevölkerung über die IRIB-Nachrichten. Das ist ein drastischer Vertrauensverlust im Vergleich zu 2017, als noch 51 Prozent das Nachrichtenprogramm verfolgten."

Wachsende Entfremdung von der Gesellschaft

Die IRIB steckt in einer anhaltenden Krise aufgrund sinkender Einschaltquoten in allen Bereichen. Selbst Serien und Filme, die vor allem für traditionell und religiös geprägte Bevölkerungsteile produziert werden, verlieren zunehmend an Beliebtheit. Nur noch 11,5 Prozent der Bevölkerung lassen sich von IRIB-Produktionen unterhalten.

Dabei spielen Filme und Serien, die trotz zahlreicher Einschränkungen und Zensurmaßnahmen mit privaten Mitteln produziert werden, eine wichtige gesellschaftliche, kulturelle und politische Rolle. Sie werden als DVDs und VCDs für den Heimgebrauch verkauft oder auf digitalen Streaming-Plattformen gezeigt - und sind deutlich beliebter als IRIB-Inhalte.

"Kino und Filme können das wirkungsvollste Mittel der Propaganda sein - aber auch das stärkste Mittel dagegen", sagt die Filmkritikerin Mahshid Zamani am Rande der Internationalen Filmfestspiele Berlin (Berlinale) im Gespräch mit der DW. Zamani arbeitete in den 1990er Jahren im Iran für Filmzeitschriften. Heute lebt sie in den USA. Sie betont: "Unabhängige iranische Künstlerinnen und Künstler nutzen dieses Mittel - riskieren dafür jedoch ihre Freiheit."

Filmszene aus "Ein kleines Stück vom Kuchen"
Die Schauspielerin Lily Farhadpour wurde wegen ihrer Rolle im Film "Ein kleines Stück vom Kuchen" (Bild) vor das Revolutionsgericht geladen.Bild: Hamid Janipour

Ein aktuelles Beispiel ist der auf der Berlinale 2024 gefeierte Film "Ein kleines Stück vom Kuchen". Er erzählt die Geschichte einer 70-jährigen, allein lebenden Witwe, die ihre Lust auf die Liebe wiederentdeckt. Nicht nur die Regisseure müssen sich wegen "Propaganda gegen den Staat" vor der Justiz verantworten, sondern auch die Schauspielerin Lily Farhadpour. Sie werden beschuldigt, "Bänder und Datenträger mit vulgären Inhalten produziert, verbreitet und vervielfältigt sowie an der Herstellung anstößiger Inhalte teilgenommen zu haben". 

Staatliches Nachrichtenmonopol

"Das Budget der IRIB wird jährlich massiv erhöht, um Lebensstile, Ansichten und Werte zu fördern, die mit der Ideologie der Islamischen Republik übereinstimmen", sagt Abdi und betont weiter: "Der Staat will seine offiziellen Narrative unwidersprochen durchsetzen. Unabhängige ausländische Medien bedrohen dieses Nachrichtenmonopol, indem sie alternative Informationen und Analysen liefern."

Neben der IRIB finanziert der Staat auch Nachrichtenagenturen, darunter die Nachrichtenagentur der Islamischen Republik Iran (IRNA), die Nachrichtenagentur iranischer Studenten (ISNA) und die Islamic Consultative Assembly News Agency (ICANA). Andere staatliche Organisationen im Kultur-, Geheimdienst- und Sicherheitsbereich unterstützen die Narrative der staatlichen Rundfunkanstalt. Sie sind den Ministerien für Kultur, Islamische Führung und Kommunikation sowie den Geheimdiensten, dem Korps der Revolutionsgarde und der Islamischen Kultur- und Kommunikationsorganisation unterstellt.

Tanzen als Form des Widerstands

Diese Organisationen wurden seit der Islamischen Revolution von 1979 kontinuierlich ausgebaut, um ein neues Wertesystem gemäß der Staatsideologie in der Gesellschaft zu verankern. Ihr tatsächlicher Einfluss auf die Mehrheit der iranischen Bevölkerung - von der laut Statistiken etwa 95 Prozent unter 65 Jahre alt sind - zeigt sich nicht nur in den wiederkehrenden Protesten gegen das politische System, sondern auch in den aktuellen Einschaltquoten der staatlichen Rundfunkanstalt. Entgegen der Ergebnisse von Umfragen behauptet der IRIB-Leiter Peyman Jebali aber immer noch, dass über 41 Prozent der Bevölkerung die Programme des Senders verfolgen würden.