Internet in Usbekistan
30. Juli 2002Köln, 25.7.2002, DW-radio / Russisch
Man sagt, dass der Entwicklungsstand des Internets in einem Land ein Zeichen nicht nur für die wirtschaftliche, sondern auch für die politische Entwicklung der Gesellschaft ist, oder auch dafür, welches Entwicklungspotential vorhanden ist. Deswegen haben wir in der Sendung "Focus" schon mehrmals dem Internet in Zentralasien, darunter in Turkmenistan und Kasachstan, Aufmerksamkeit gewidmet. Heute berichtet unser Korrespondent in Usbekistan, Jurij Tschernogajew, über das Internet in Usbekistan:
Zum Stolz des usbekischen Internets ist die in diesem Jahr eingerichtete Webseite "Made in Uzbekistan" (www.uzexport.com) geworden. Sie wurde mit organisatorischer und finanzieller Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) geschaffen. Der GTZ-Vertreter in Taschkent, Michael Gerlich, ist der Meinung, dass diese Seite ein Meisterwerk ist und dass etwas entsprechendes in der GUS bislang noch nicht eingerichtet wurde. Täglich wird die Seite von bis zu 10 000 Personen besucht. Das sind meist Geschäftsleute, Politiker, Studenten und Touristen, für die die Seite "Made in Uzbekistan" zu einem wahren Nachschlagewerk geworden ist. An der Gestaltung der Seite beteiligten sich neben Spezialisten der deutschen GTZ auch Journalisten der ersten Internet-Nachrichtenagentur in Usbekistan "UzReport" (www.uzreport.com), die selbst acht Seiten zu verschiedenen Themen anbietet. "UzReport" ist eine private Agentur und auch das ist ein Merkmal für die heutige Zeit. Die usbekischen Zeitungen nutzen das Internet aktiv. Ihre Seiten im weltweiten Netz haben auch die wichtigsten Regierungszeitungen: "Prawda Wostoka" (www.prvostoka.h1.ru) und "Narodnoje slowo" (www.hc.uzpak.uz), aber auch kleinere Zeitungen. Insgesamt ist Usbekistan im Internet mit mehr als 1500 Seiten vertreten. Übrigens werden die Seiten der usbekischen Zeitungen selten besucht. Einer der Leiter der staatlichen Agentur für Post und Telekommunikation, der nicht genannt werden wollte, erklärte gegenüber der "Deutschen Welle", der Grund dafür, warum die Zeitungen in ihrer Internet-Ausgabe nicht beliebt sind, sei, dass sie selten aktualisiert würden und uninteressant seien. Es gebe jedoch eine Ausnahme, und zwar die Seite der Zeitung "Narodnoje slowo", die viel offizielles Material, Gesetzestexte und andere Informationen anbiete, die für die Arbeit notwendig seien.
Ein wichtiges Kriterium für das nationale Internet ist die Anzahl der Nutzer. Dazu der Korrespondent der "Deutschen Welle" in Taschkent, Jurij Tschernogajew:
Hier gibt es interessante Einzelheiten. Bekanntlich sind in Usbekistan 83 Internet-Provider tätig, aber die Anzahl ihrer Nutzer ist unbekannt. Der stellvertretende Direktor des größten Internet-Providers in Usbekistan "Uzpak" (www.uzpak.uz), Wladimir Stejnberg, betrachtet dies als Geschäftsgeheimnis. Diese Meinung vertreten auch seine Kollegen. Man kann aber davon ausgehen, dass das Geschäft gut läuft, da jüngst sogar auch die staatliche Taschkenter Telefongesellschaft begann, Internet-Dienste anzubieten, obwohl deren gewöhnliche Telefondienste immer noch Kopfschmerzen bereiten. Eines steht fest: Das Internet ist in Usbekistan ein gutes Geschäft. Tagsüber kostet eine Stunde etwa einen US-Dollar, nachts um die Hälfte weniger. In den vergangenen vier Monaten sind die Tarife um 25 Prozent gestiegen.
Der Geschäftsführer des Internet-Providers "Uzpak", M. Sangilow, sagte gegenüber der "Deutschen Welle", sein Unternehmen beginne derzeit, das größte Projekt zum Ausbau des Internets in der Geschichte Usbekistans umzusetzen. Den unter acht Teilnehmern ausgeschriebenen Wettbewerb zur Lieferung von Ausrüstungen gewann die amerikanische Gesellschaft "Belam", die Geräte im Werte von 5,8 Millionen US-Dollar liefern wird. Heute gibt es im Lande 18 Internet-Knotenpunkte und in Zukunft sollen es 235 sein, das heißt, dass es sie auch in kleinen Städten geben wird. Die Kapazität eines internationalen Zugangs beträgt derzeit 3,5 Megabit pro Sekunde und in Zukunft soll sie 12 Mal höher liegen. Trotzdem sollen die Internet-Dienste billiger werden, aber auch schon jetzt gewährt "Uzpak" in einigen Regionen Nachlässe von 50 Prozent.
Vor einem Monat hatte die Regierung die Einfuhrzölle für Computertechnik abgeschafft, wonach der Verkauf vom Computern um 12 Prozent anstieg. Während sich das Internet erweitert, ist der Staat sich dessen bewusst, dass nicht alles im Internet gut ist. Wie M. Sangilow sagte, greift hier das usbekische Mediengesetz, das Kriegspropaganda, Gewalt, Rassismus und religiösen Streit verbietet. Deswegen kann man um keinen Preis auf eine Pornoseite, oder beispielsweise auf die Seite der tschetschenischen Mudschahedin "Kavkas" (www.kavkaz.org) gelangen. Trotzdem kann man das Internet nicht ganz kontrollieren und vieles ist offen.
Die russische Seite "Ferghana.ru" (www.ferghana.ru), die sich auf usbekische Themen spezialisiert hat und die man einst gewissen Empfehlungen zufolge nicht besuchen sollte, gewann auf dem letzten Internet-Festival die Auszeichnung in der Kategorie "Beste ausländische Seite über Usbekistan". Wenn man bedenkt, dass das Internet-Festival auf die Initiative des Pressedienstes des usbekischen Präsidenten zurückzuführen ist, kann man sagen, dass sich die Zeiten ändern.
Die meisten Internet-Provider nutzen für ihren Zugang zum weltweiten Netz "Uzpak", aber fünf Provider verfügen bereits über eigene Kanäle. Die Entwicklung des Internets bleibt von der ausländischen Geschäftswelt nicht unbeachtet und sie investiert aktiv in das usbekische Internet. Zu den am stärksten ausgebauten Providern in der Republik gehören auch "Naytov" (www.naytov.com), mit russischem Kapital, und "Buzton" (www.buzton.com), mit englischem Kapital. Internet ist vor allem in den Hochschulen nichts außergewöhnliches mehr. Als ich vor kurzem in der Taschkenter Technischen Universität war, fiel mir die ungewöhnliche Stille auf. Es stellte sich heraus, dass die Studenten mit ihren Altersgenossen aus Hamburg in einer Video-Internetkonferenz waren. (MO)