In Usbekistan erstmals Bücher über die Pressefreiheit erschienen
18. Oktober 2002Köln, 17.10.2002, DW-radio / Russisch
"Presse und Demokratie" und "Flug freier Gedanken" – das sind die Titel zweier Bücher des usbekischen Journalisten Taschpulat Rachmatullajew, die am Mittwoch (16.10.) in Taschkent im Nationalen Pressezentrum vorgestellt wurden. Erstmals in der Geschichte des unabhängigen Usbekistans erschienen in dem Land Bücher, die sich mit Problemen der Pressefreiheit und Einhaltung der Menschenrechte in der Republik befassen. Es berichtet unser Korrespondent in Taschkent Jurij Tschernogajew:
Das Buch "Presse und Demokratie" wurde noch im Frühjahr von der Zensur verboten. Über die Veröffentlichung des Buches "Flug freier Gedanken" wurde in Usbekistan überhaupt nicht gesprochen, da dieses Buch ein Sammelband von Artikeln ist, die einst von der Zensur verboten wurden. Der Autor der Bücher, Taschpulat Rachmatullajew, ist in die Geschichte des usbekischen Journalismus eingegangen, nachdem im April 2001 ein von ihm redigierter Artikel in der Zeitung "Samarkand" nach der Zensur mit weißen Flecken erschienen war. Die Zeitung wurde später von ihrem Eigentümer – der lokalen Verwaltung – geschlossen. Der Chefredakteur der Zeitung wurde entlassen. Seitdem hat sich jedoch im Lande einiges getan, aber Taschpulat Rachmatullajew ist immer noch arbeitslos. Inzwischen wurde die staatliche Zensur abgeschafft, aber man kann viel darüber diskutieren, in welcher Form die Zensur weiterbesteht. Es ist jedoch ein bedeutendes Ereignis, dass erstmals in der Geschichte Usbekistans Bücher mit einer hohen Auflage erschienen, die sich den Problemen der Pressefreiheit annehmen. Vertreter der Öffentlichkeit, die sich im Nationalen Pressezentrum versammelt hatten, betonten, dass die Leitung des Pressezentrums vor der Präsentation der Bücher des in Ungnade gefallenen Journalisten dazu geraten hatten, diese Veranstaltung nicht durchzuführen, aber die Präsentation fand dennoch statt.
Im Artikel mit dem Titel "Wer liebt seine Heimat mehr? Derjenige, der sie preist, oder derjenige, der sie kritisiert?" diskutiert Taschpulat Rachmatullajew, wie der Journalismus in Usbekistan sein sollte. Der Vizepräsident der Gesellschaft für Menschenrechte, Marat Sachidow, der die Veranstaltung in Taschkent besucht hatte, sagte über die Bücher folgendes:
"Im Buch von Taschpulat Rachmatullajew, das ich durchgeblättert habe, wird auf die Aufgaben aufmerksam gemacht, die von den usbekischen Journalisten bewältigt werden müssen. Es heißt, dass ein Journalist Vorreiter bei der Bekämpfung negativer Erscheinungen sein müsse. Allein dies hat schon eine große Bedeutung. Aber sehr heftige Publikationen habe ich im Buch bislang nicht gefunden."
Es wäre wohl im heutigen Usbekistan kaum möglich, ein Buch voller äußerst kritischer Artikel zu veröffentlichen. Wie kann man insgesamt die derzeitige Lage der Pressefreiheit in Usbekistan beurteilen? Marat Sachidow sagte dazu:
"Wir befinden uns in einer Situation, in der die Zensur abgeschafft ist, aber eigentlich lebt die Zensur weiter. Man muss unterstreichen, dass die Zensur in Usbekistan einen Tag nach dem Besuch von Gerhard Schröder, der sich hier zu einem offiziellen Besuch aufgehalten hatte, abgeschafft wurde. Auf der Pressekonferenz in Taschkent hatte der Bundeskanzler zwei Mal wiederholt, dass Deutschland Usbekistan beim Aufbau einer Bürgergesellschaft behilflich sei. Das bezieht sich auf die Seminare der EU, die in den vergangenen zwei Jahren in allen Regionen Usbekistans durchgeführt wurden. Eines der Hauptprobleme, die auf diesen Seminaren besprochen wurden, war die Medienfreiheit. Die Zensur ist abgeschafft, aber es gibt keine wesentlichen Veränderungen. Daran sind in erster Linie die Redakteure der Zeitungen und Zeitschriften schuld, die immer noch um ihre Arbeitsplätze fürchten. Die alten Wurzeln sitzen eben immer noch tief."
Die Veröffentlichung der beiden Bücher wurde von der Konrad-Adenauer-Stiftung finanziert. (...) (MO)