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"In Mazedonien gibt es reelle Chancen zum Frieden"

11. Juli 2003

– Vorsitzender der International Crisis Group, Martti Ahtisaari, zur Sicherheitslage in Mazedonien und zur Statusfrage Kosovos

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Skopje, 11.7.2003, UTRINSKI VESNIK, mazed.

Der Vorsitzende der Internationalen Crisis Group (ICG) und ehemalige Ministerpräsident Finnlands, Martti Ahtisaari, hat die mazedonische Hauptstadt Skopje besucht. Er nahm dort als Vorsitzender der internationalen Stiftung für Kinder und Jugendliche an dem Treffen des Direktorenausschusses teil.

Martti Ahtisaari gilt als guter Kenner der politischen Lage auf dem Balkan. In der Zeit von 1992-1993 war er auf der internationalen Konferenz für das ehemalige Jugoslawien Vorsitzender der Internationalen Arbeitsgruppe für Bosnien und Herzegowina. 1993 war Ahtisaari Sonderberater der Internationalen Konferenz für Ex-Jugoslawien. Im gleichen Jahr hat ihn der UNO-Generalsekretär zum Sondergesandten für das ehemalige Jugoslawien ernannt. Währen der Kosovo-Krise 1999 war er Mitglied des internationalen Verhandlungsteams, das Verhandlungen mit dem damaligen Präsidenten Jugoslawiens, Slobodan Milosevic, führte.

Frage

: Herr Ahtisaari, die Internationale Crisis Group hat ihren Vertreter aus Mazedonien zurückgezogen. Meint die Crisis Group, dass Mazedonien ein friedliches und stabiles Land ist? Wie schätzen Sie die Sicherheitslage in Mazedonien ein?

Antwort

: "Ich meine, Mazedonien gehört nicht zu den Ländern, die unbedingt einen Vertreter der Crisis Group brauchen. Alles hängt von der jeweiligen Situation ab wie z. B. während der Kosovo-Krise, als viele Flüchtlinge nach Mazedonien kamen. Wir haben sofort reagiert und in Skopje eine Vertretung eröffnet. (...) In Mazedonien gibt es reelle Möglichkeiten zum Frieden und zur Entwicklung des Fortschritts. Wir haben deshalb Skopje als Sitz der internationalen Balkanföderation für Kinder und Jugendliche ausgewählt.

Frage

: Sind Sie über die letzten Ereignisse in der Hauptstadt Skopje informiert?

Antwort

: Ich habe viel gearbeitet und bin viel gereist. Informationen über die letzten Ereignisse bei Ihnen habe ich nicht, und deshalb kann ich sie nicht kommentieren. Tatsache ist, dass es heute nirgendwo sicher ist, auch in den so genannten entwickelten Gesellschaften nicht. Dort gibt es auch Probleme. Das Problem mit dem Terrorismus ist nicht das einzige, es gibt auch andere, z. B. die weitverbreitete hohe Arbeitslosigkeit. Gute wirtschaftliche Programme sind Voraussetzung für eine stabile Gesellschaft.

Frage

: Die Kosovo Kontakt-Gruppe hat am 20. Mai in Berlin beschlossen, den endgültigen Status für Kosovo zu verschieben, weil es dafür zu früh ist. Wie denkt die Crisis Group darüber?

Antwort

: Die ICG hat in den letzten Jahren viele Analysen über Kosovo gesammelt. Meine persönliche Meinung ist, dass diese Frage eines Tages gelöst werden muss. Die internationale Gemeinschaft hat ihre Verwaltung in Kosovo aufgebaut, und es ist nur eine Frage der Zeit, wann mit der Lösung der Statusfrage begonnen werden soll. Ich hoffe, dass der neue UNMIK-Verwalter länger in Kosovo bleiben wird, weil er für die Lösung der Frage einige Zeit brauchen wird. Das Problem ist, dass die UNMIK-Verwalter nicht länger als ein bis zwei Jahre in der Provinz bleiben. Ich will Sie nicht enttäuschen, aber solche empfindlichen Fragen kann man über Nacht nicht lösen. Ich werde Ihnen einen Beispiel über Namibia erzählen. Ich war dort während der Krise 1977, und die Namibia-Frage wurde erst 1999 gelöst, als es für unabhängig erklärt wurde. Ich will nicht sagen, dass das gleiche auch den Balkan erwartet. Ich meine, die Kosovo-Bewohner werden den Prozess durchhalten.

Frage

: Die ethnischen Außereinanderssetzungen in Kosovo dauern an. Die nicht-albanische Bevölkerung, die in der Minderheit ist, kann sich nicht frei bewegen.

Antwort

: Die augenblickliche Zeit ist ein ernsthafter Test für die mehrheitliche albanische Bevölkerung. 1999 war ich Mitglied des Verhandlungsteams für das Kosovo. Wir haben mit dem damaligen jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic in Belgrad verhandelt. Ich meine, wenn diejenigen, die für die Verbrechen an der Bevölkerung in Kosovo verantwortlich waren, das Land verlassen hätten, hätten wir eine andere Situation. Keiner hat von der friedlichen Bevölkerung verlangt, die Häuser in Kosovo zu verlassen. Sie haben leider das Land verlassen und die Rückkehr erschwert sich. Wir hatten viele Gespräche vor Rambouillet. Viele nichtgelöste Fragen hatten Einfluss auf das Ergebnis. Es geschah vieles, leicht wird es nicht. Aber eine Lösung muss gefunden werden, und das ist die Aufgabe sowohl der Mehrheit als auch der Minderheit in Kosovo. (...) (fp)