In Jugoslawien großes Interesse am Milosevic-Prozess
14. Februar 2002Belgrad, 13.2.2002, RADIO JUGOSLAWIEN, deutsch
Die Presse in Jugoslawien gibt auch die ersten Reaktionen auf der innenpolitischen Szene wieder. Alle Zeitungen veröffentlichen unter anderem die Meinung des Premiers Serbiens, Zoran Djindjic, der Gerichtsprozess gegen den jugoslawischen Präsidenten in Den Haag werde, so wörtlich, "ein Mammutprozess" sein, weil es im Rechtsverfahren sehr schwer ist, etwas Historisches zu erörtern. Das wird ein großes Problem für das Gericht sein, sagte Djindjic. Er erinnerte daran, die UN-Mitglieder seien verpflichtet, mit dem Gericht in Den Hag zusammenzuarbeiten, ohne das Recht einzuschätzen. ob die Anklagen berechtigt sind oder nicht.
Das Blatt "National" schreibt, der jugoslawische Minister für nationale und ethnische Gemeinschaften, Rasim Ljajic, habe gesagt, Milosevic werde in seiner Manier versuchen, den Prozess für die eigene politische Affirmation zu nutzen. "Meiner Meinung nach wird der Prozess zu Gunsten der internationalen Gemeinschaft enden, weil diese viel daran gesetzt hat und nicht erlauben wird, von Milosevic besiegt zu werden", erklärte Ljajic. Das Blatt schreibt, der Beginn des Prozesses gegen Milosevic hatte höhere Einschaltquoten, auch vor den spanischen Fernsehsoaps. Der einzige unter den serbischen Politikern, der die Fernsehübertagung aus Den Haag nicht verfolgen wollte, war der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Vuk Obradovic. "Ich will den Prozess gegen Milosevic nicht verfolgen, weil ich jeden Gedanken ablehne, dass dort auch gegen unser Volk prozessiert wird. Die Schuld für die eventuell verübten Verbrechen ist individuell und ich will glauben, dass der Prozess gegen diesen Mann, ungeachtet des Unglücks und der Tragödie, die wir während seiner Herrschaft erlebt haben, gerecht sein wird," betonte Obradovic gegenüber dem Blatt "National."
Wie groß das Interesse für das erwähnte Ereignis war, zeigt auch die Information, die von der heutigen Presse wiedergegeben wird. Demnach wurde gestern auf Forderung der Abgeordneten der Oppositionsparteien - der Sozialistischen Partei Serbiens, der Serbischen Radikalen Partei und der Jugoslawischen Vereinigten Linken -, die verlangt hatten, die Übertragung aus dem Gerichtssaal in Den Haag zu verfolgen, der Beginn der Sitzung des Rates der Bürger des Bundesparlaments aufgeschoben. (...) (fp)