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In Georgien lebende Aseris und Armenier befürchten Schließung ihrer Schulen

6. Juli 2004
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Baku, 26.4.2004, ECHO, russ.

Der Vorsitzende der Bewegung der in Georgien lebenden Aseris, Qeyrat, Alibaba Asgarow, hat in einem Gespräch mit unserer Zeitung erklärt, dass als Ergebnis der geplanten Reformen im Bildungssektor des Landes alle 168 aserisch-sprachigen Schulen in Georgien innerhalb der nächsten zwei oder drei Jahre geschlossen werden könnten. Nach seinen Worten hat Georgiens Bildungsminister [Kacha Lomaia] vor kurzem mitgeteilt, dass von 2006 an in allen Klassen der georgischen Schulen in der Staatssprache des Landes unterrichtet werden wird. Asgarow sagte, der Minister habe erklärt, dass sich diese Maßnahmen nicht gegen die Schulen der nationalen Minderheiten richteten und sie über die Geschichte und Geografie ihres historischen Mutterlandes und in ihrer Muttersprache lernen könnten. "Es muss aber darauf hingewiesen werden, dass die ethnischen Aseris in Georgien seit 1996 offiziell nicht mehr die Geschichte und Geografie Aserbaidschans lernen dürfen. Es bleibt nur die Muttersprache", so Asgarow. Im Gegensatz zum Bildungssystem in Aserbaidschan werden die Schulen in Georgien aus dem lokalen Haushalt finanziert, der hauptsächlich aus Bodensteuern kommt, sagte der Vorsitzende von Qeyrat. "Nach Ansicht der Machtorgane sollten die ethnischen Minderheiten, die daran interessiert sind, ihre Schulen zu bewahren darüber nachdenken, wie sie sich selbst finanzieren können. Die ethnischen Aseris haben aber keine Mittel für die Schulen. Die Reformen werden das Recht der ethnischen Aseris auf Bildung zunichte machen."

Sumrud Qurbanow, ehemaliges Mitglied des georgischen Parlaments, erklärte in einem Gespräch mit unserer Zeitung, er halte die Gerüchte, dass die Schulen der ethnischen Minderheiten bald geschlossen werden oder dass die ethnischen Minderheiten die Finanzlast selbst übernehmen müssen für nicht glaubwürdig. "In Georgien gibt es 170 aserische und etwa 200 armenische Schulen. Es ist offensichtlich, dass die ethnischen Minderheiten es sich nicht leisten können, diese Zahl an Bildungseinrichtungen zu finanzieren. Nach der georgischen Verfassung und nach internationalem Recht sollte der Staat weiterführende Schulen finanzieren", so das ehemalige Parlamentsmitglied.

Auch die ethnischen Armenier in Georgien sind mit den geplanten Bildungsreformen nicht zufrieden. Nach Meldungen der Nachrichtenagentur A-Info beispielsweise haben sich kulturelle Einrichtungen in den vorwiegend von Armeniern bewohnten Bezirken unzufrieden mit den geplanten Reformen gezeigt, denn wenn sie umgesetzt werden, werden die armenischen Schulen 99 Prozent ihrer Fachleute verlieren, auch wenn die Reformen stufenweise eingeführt werden. Um Fachleute zu finden, die Georgisch sprechen, sind beträchtliche Mittel erforderlich, der Staat verfügt darüber aber nicht.

Der Leiter des Pressedienstes des georgischen Bildungsministeriums Lewan Tacheladse sagte in einem Gespräch mit unserer Zeitung, die geplanten Reformen im georgischen Bildungssektor sähen die Schließung der Schulen der ethnischen Minderheiten nicht vor. Nach seinen Worten wird das Unterrichtssystem an den Schulen der ethnischen Minderheiten an die Standards der georgischen Schulen angepasst werden.

Der Leiter des Pressedienstes wies darauf hin, dass die Unterrichtsqualität in den Schulen der Minderheiten zu wünschen übrig lasse. "In aserischen Schulen lernt man aus Büchern, die aus Aserbaidschan kommen, in armenischen aus Büchern, die aus Armenien kommen und in russischen Schulen bekommen sie Bücher aus Russland. Natürlich freut das das Bildungsministerium nicht, denn diese Schulbücher sind für die Länder gedacht und nach den Standards der Länder geschrieben, in denen sie herausgegeben werden. Daher hat das georgische Bildungsministerium beschlossen, mit eigenen Mitteln die Bücher, die in georgischen Schulen benutzt werden, in die Sprache der ethnischen Minderheiten übersetzen zu lassen. Dadurch werden die ethnischen Minderheiten eine Bildung genießen, die den Standards des georgischen Bildungssystems entspricht", sagte Lewan Tacheladse. Die Gerüchte, dass für die Finanzierung der ethnischen Schulen die ethnischen Minderheiten zuständig sein werden entsprächen nicht der Wahrheit. Die Finanzierung der Schulen sei die Aufgabe der Regierung des Landes und die Regierung habe nicht vor, diese Aufgabe auf die ethnischen Minderheiten zu übertragen.

Das neu gewählte Mitglied des georgischen Parlaments Allahwerdi Humbatow bezeichnete in einem Gespräch mit unserer Zeitung die Gerüchte über die Schließung der aserischen Schulen als Gerüchte erfolgloser Politiker. Nach seinen Worten betreibt die derzeitige georgische Regierung keine antiaserische Politik. "Die ethnischen Aseris in Georgien leben zur Zeit besser als je jemals gelebt haben und in der Zukunft werden sie besser leben als jetzt." (TS)