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In drei Etappen in die Krisenregionen

Bettina Marx18. Oktober 2001

Vorbericht zu den Reisen des Bundesaußenministers in den Mittleren Osten

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Es ist eine Reise in drei Etappen, die Bundesaußenminister Joschka Fischer am Donnerstag (18.10.) antritt. Sie führt ihn in dieser Woche nach Pakistan und Tadschikistan und in der nächsten Woche in den Nahen und Mittleren Osten. Gesprächsthema in allen Ländern, die Fischer besucht, ist die Lage in und um Afghanistan nach dem Beginn der Militärschläge, der Kampf gegen den internationalen Terrorismus und die Stabilität im Nahen Osten.

Zukunft Afghanistans

Pakistan ist die erste Station der Reise. In Islamabad will Fischer Staatschef General Pervez Musharraf treffen. Er hatte den von Pakistan bis dahin geförderten Taliban nach den Attentaten in den USA seine Unterstützung entzogen und sich der internationalen Allianz gegen den Terror angeschlossen. Bei seinen Gesprächen mit dem amerikanischen Außenminister Colin Powell am vergangenen Dienstag (16.10) hat er dies noch einmal bestätigt. In den Gesprächen Fischers in der pakistanischen Hauptstadt dürfte es auch um die Zukunft Afghanistans nach dem erwarteten Zusammenbruch des Taliban-Regimes in Kabul und um humanitäre Fragen gehen.

Von Islamabad aus wird Fischer am Freitag (19.10.) nach Duschanbe weiterfliegen, der Hauptstadt des an Afghanistan angrenzenden zentralasiatischen Staates Tadschikistan. Das Land unterstützt die Oppositionsgruppen, die im Norden Afghanistans gegen die Taliban kämpfen. Der ermordete Kommandeur der Nordallianz, Ahmed Schah Massud gehörte der tadschikischen Minderheit in Afghanistan an. In der vergangenen Woche hat Duschanbe seinen Luftraum und seine Flughäfen für die US-Luftwaffe geöffnet. Nach unbestätigten Meldungen soll die amerikanische Armee an der Grenze bereits ein Feldlazarett für die erwarteten Bodentruppen eingerichtet haben.
Am Samstagabend (20.10.) fliegt Fischer zurück nach Berlin, wo am Sonntag (21.10.) das Abgeordnetenhaus (= Landtag) gewählt wird.

Am Montag (22.10.), nach der Vorstandssitzung der Grünen Partei, geht es dann auf die zweite Station der Reise, nach Saudi-Arabien und in den Iran (23.10.). Auch dort steht die Lage in Afghanistan im Mittelpunkt der Unterredungen. Saudi-Arabien hat die Taliban bislang finanziell unterstützt. Sie stehen der in Saudi-Arabien vorherrschenden extrem konservativen wahabbitischen Tradition des Islam nahe, die in den Koranschulen Pakistans gelehrt wird. Auch der von den USA gesuchte Topterrorist Osama Bin Laden, der in Afghanistan Unterschlupf gefunden hat, stammt aus Saudi-Arabien. Dort wurde ihm allerdings im Jahr 1994 die Staatsbürgerschaft entzogen. Gleichwohl wurde Bin Laden lange Zeit von seiner Heimat aus finanziell unterstützt. Nach Einschätzung von Experten ist das eigentliche Ziel von Bin Ladens Terroraktivitäten der Sturz des saudischen Königshauses. Trotzdem gab es bis vor kurzem auch im saudischen Königshaus und im Geheimdienst Sympathien für Bin Laden und sein Netzwerk.

Der Iran zählt zu den erbittertsten Gegnern der Taliban und hat in der Vergangenheit mehrfach damit gedroht, eigenständig gegen das Regime im Nachbarland vorzugehen. Die Spannungen haben auch einen religiösen Aspekt, denn die Taliban haben die in Afghanistan traditionelle Toleranz gegenüber der schiitischen Minderheit im Land aufgekündigt und sogar versucht, sie auszurotten.

Deutsch-französischer Gipfel

Von Teheran aus fliegt Fischer am Mittwoch (24.10.) nach Paris, um am deutsch-französischen Gipfel teilzunehmen. Dort wird er sich auch mit seinem französischen Amtskollegen Hubert Védrine abstimmen für die letzte Etappe seiner Reise, die ihn am darauffolgenden Donnerstag (25.10.) nach Israel und in die Palästinensergebiete führen wird.

Wie schon bei seinen vorherigen Besuchen in Jersualem und Ramallah, zuletzt Ende August, wird sich Fischer auch diesmal wieder um eine Annäherung der beiden Seiten bemühen und versuchen, Fortschritte im festgefahrenen Friedensprozess zu erzielen. Nach dem Mord an Israels Tourismusminister Rehavám Ze´evi, vermutlich durch die radikale Volksfront zur Befreiung Palästinas, dürften die Aussichten auf eine baldige Verständigung jedoch wieder in weite Ferne gerückt sein.