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"In den Händen eines Präsidenten verwandeln sich 400 Dollar in Milliarden"

3. Juli 2003

– Gejdar Alijew der bestbezahlte Präsident der GUS

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Moskau, 3.7.2003, MOSKOWSKIJE NOWOSTI, russ., Irada Agajewa, aus Baku

Die Korrespondentin der Zeitung "Moskowskije nowosti" hat ein interessantes Detail aus den Dokumenten über die Einnahmen von Präsident Gejdar Alijew erfahren. Es stellte sich heraus, dass das Gehalt von Gejdar Alijew 6500 US-Dollar beträgt. Damit gehört er zu den bestbezahlten Präsidenten der ganzen GUS. Im Vergleich zu ihm ist der Präsident Russlands, Wladimir Putin, der seit Sommer letzten Jahres 2000 Dollar im Monat bekommt, eine Person mit mittlerem Einkommen. "Bescheiden" ist auch das Gehalt des Vorsitzenden der Russischen Aktiengesellschaft "EES Rossiji" Anatolij Tschubajs, der 3800 Dollar verdient. Das georgische Staatsoberhaupt Eduard Schewardnadse ist mit seinen 400 Dollar im Monat ein ganz armer Angestellter.

Ich hätte schon fast eine Träne über das schwere Schicksal von Tschubajs vergossen, aber eine kurze Meldung in der Zeitung "Iswestija" gab mir die Hoffnung zurück, dass auch auf seiner gut elektrifizierten Straße irgendwann ein Fest stattfinden wird. In der Meldung "Die Wache schläft" berichteten die "Iswestija"-Journalisten, dass das persönliche Auto von Tschubajs, ein BMW-745, geraubt wurde. Jeder Nachteil hat auch seinen Vorteil: wäre es nicht zu diesem dreisten Verbrechen gekommen, hätten wir nicht erfahren, dass das Auto des Chefs der am Rande des Abgrunds stehenden russischen Energetik 185 000 Dollar kostet. Und erneut bedauerte ich den Chef der Aktiengesellschaft "EES Rossiji": es stellt sich heraus, dass Tschubajs im Nu alle Früchte seiner vierjährigen Arbeit an der Spitze der "EES Rossiji" verloren hat. Später kam jedoch die Erleichterung: es stellte sich heraus, dass das Auto auf den Leiter des Sicherheitsdienstes von Tschubajs, Andrej Lipilin, registriert war. Dieser hat sich am meisten aufgeregt: nicht weil er 185 000 Dollar verloren hat, sondern weil er rausgeschmissen wird, weil Anatolij Borissowitsch (Tschubajs – MD) sich jetzt in ein unbekanntes Auto setzen muss. (Wahrscheinlich einen "Lada", was kann man denn von seinem Gehalt schon kaufen?).

Natürlich hätte diese ganze Geschichte in einem geistlosen und von moralischen Werten der ehemaligen UdSSR weit entfernten Land einen Aufruhr der Steuerzahler und der Konsumenten des immer teurer werdenden Stroms hervorgerufen. Aber in Russland und Aserbaidschan ist alles wie noch vor kurzem in Bagdad. Gelassen. Ruhig. Wir bewegen uns weiterhin Richtung Reformen, Demokratie, Integration in Europa mit dessen Rat, Parlament und Rechtsfeld. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass unser Feld größer als das europäische sein wird. Jegliche westliche Gesetze und Regeln ändert es zu seinen Gunsten. Autos werden auf die Leiter des Sicherheitsdienstes registriert, 400 Dollar verwandeln sich in den Händen eines Präsidenten in Milliarden und viele Jahre Wohlstand für den ganzen Clan. So wie ein sowjetischer Rubel in den Händen eines hohen Beamten irgendwann mehr wog als zehn Rubel in den Händen eines einfachen Arbeiters.

In Aserbaidschan beträgt das Existenzminimum einer nicht arbeitenden Person 70 Dollar, eines Arbeiters 82 Dollar. Das durchschnittliche Gehalt beläuft sich auf 73 Dollar, das Minimalgehalt auf 52 Dollar. 45 Prozent der Bevölkerung leben von einem Gehalt unter diesem Niveau. Aber silbergraue BMWs gibt es ebenfalls. Ich weiß jedoch nicht, auf wen sie registriert sind. (lr)