Immer mehr Hochwasser und Hitze in Europa - was nun?
15. April 2025Kein anderer Kontinent erwärmt sich so schnell wie Europa. Das zeigt der heute veröffentlichte Bericht zum Zustand des Klimas in Europa "State of the European Climate 2024". Im vergangenen Jahr wurden demnach zahlreiche Temperatur-Grenzwerte überschritten und Negativ-Rekorde aufgestellt.
Verfasser sind rund 100 Wissenschaftler des Copernicus Climate Change Service der Europäischen Kommission und der Weltwetterorganisation. Die gesamte Erde hat sich im Durchschnitt seit der Industrialisierung um rund 1.3 Grad erwärmt. In Europa sind es 2.4 Grad. Bis auf Island, wo es kühler als sonst war, wurden vergangenes Jahr überall in Europa überdurchschnittlich hohe Temperaturen gemessen.
"Die Meerestemperaturen waren außergewöhnlich hoch, der Meeresspiegel stieg weiter an, die Eisschilde und Gletscher schmolzen weiter," erläutert Samantha Burgess, eine der Hauptautoren des Berichts. Auch weltweit war das vergangene Jahr das wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.
"Und das, während die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre weiter anstieg und 2024 erneut Rekordwerte erreichte. Seit den achtziger Jahren hat sich Europa doppelt so schnell erwärmt wie der globale Durchschnitt", so Burgess weiter.
Hochwasser und Hitze gefährden Menschen und Infrastruktur
Das hat weitreichende Folgen. Beim menschengemachte Klimawandel "geht es nicht nur um weltweite Durchschnittszahlen. Sie haben Folgen auf regionaler und lokaler Ebene", so Florence Rabier, Generalsekretärin des European Centre for Medium-Range Weather Forecasts, das mit Copernicus zusammenarbeitet.
Ob Überschwemmungen, Hitzetage, Stürme, oder Dürren: das Leben der rund 750 Millionen Menschen in Europa wird immer häufiger von extremem Wetter beeinflusst – befeuert durch den menschengemachten Klimawandel.
In Valencia starben bei den Überschwemmungen vergangenen Oktober und November mehr als 220 Menschen. Die Niederschlagsmengen brachen binnen weniger Stunden alle bisherigen Rekorde und zerstörten Autos, Häuser und Infrastruktur. Der Schaden beläuft sich auf megr als 16 Milliarden Euro.
Davor kam es durch Sturm Boris bereits in acht osteuropäischen Ländern zu Überschwemmungen entlang tausender Kilometer Flussläufe.
Von den Stürmen und Überschwemmungen waren in Europa vergangenes Jahr laut Schätzungen 413.000 Menschen betroffen, mindestens 335 Menschen verloren ihr Leben.
Die Anzahl der Tage mit extremer Hitzebelastung war 2024 die zweithöchste seit Beginn der Aufzeichnungen. Vor allem in Osteuropa war es extrem heiß und trocken. Der Süden erlebte einmal mehr schwere Dürren, sogar im Winter.
Im Westen Europas regnete es dagegen so viel wie in kaum einem Jahr seit 1950. Eine Kombination aus Dürre und Starkregen erhöht das Hochwasserrisiko enorm, da harter, ausgetrockneter Boden große Wassermassen in kurzer Zeit nicht aufnehmen kann. Dadurch entstehen schnell gefährliche Ströme.
Städte brauchen mehr Schutzmaßnahmen
"Jeder zusätzliche Bruchteil eines Grades Temperaturanstieg ist von Bedeutung, weil er die Risiken für unser Leben, unsere Wirtschaft und unseren Planeten vergrößert. Anpassung ist ein Muss", so WMO-Generalsekretärin Celeste Saulo bei der Vorstellung des Berichts.
Zwar nehmen weltweit die Emissionen, die den Klimawandel treiben, immer noch zu. Doch eine gute Nachricht: Europa produzierte 2024 Jahr so viel Energie aus Sonne, Wind und Biomasse wie noch nie. 45 Prozent des Stroms kam aus klimafreundlichen Erneuerbaren.
Doch besonders beim Hochwasserschutz und Hitzestress müssen die Länder schnellstmöglich Vorkehrungen und Anpassungsmaßnahmen zu treffen, warnen die Forscher eindringlich.
Laut Burgess könnte eine langfristige Erderwärmung über 1.5 Grad zu 30.000 zusätzlichen Todesfällen in Europa durch extreme Hitze führen.
Positiv heben die Forscher hervor, dass mehr als die Hälfte von Europas Städten inzwischen Pläne erarbeiten, um sich an extremes Wetter anzupassen und ihre Bürger besser zu schützen.
Paris, Mailand, die Niederlande und Glasgow gehen hier voran. Dort werden der Bau von Klimaschutzeinrichtungen, der Ausbau von Grünflächen zur Kühlung der Stadt, sowie Hochwasserschutzmaßnahmen deutlich vorangetrieben.
Redaktion: Tamsin Walker, Anke Rasper